ARD-Mediathektipps Doku "Eternal You"
Die Doku "Eternal You" in der ARD Mediathek handelt von lebensechten Avataren, durch die Trauernde mit Toten in Verbindung bleiben können. Bildrechte: WDR/Gareth Moon/beetz brothers film production

ARD Mediathek Die fünf besten Dokus im Mai

30. April 2025, 04:00 Uhr

Im Mai 2025 bietet die ARD Mediathek wieder eine große Auswahl an spannenden Dokumentationen. Damit Sie den Überblick behalten, stellen wir Ihnen jeden Monat ausgewählte Highlights zum Streamen vor. Dieses Mal stehen fünf Filme im Fokus, die sich mit menschlichen Abgründen und Sehnsüchten beschäftigen: KI, die beim Trauern hilft, völkische Übernahmefantasien, lebensbedrohliche Drohnen, Klassismus in Deutschland – und ein Comeback im Leichenwagen. Diese fünf Dokus sollte man gesehen haben!

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"Eternal You: Vom Ende der Endlichkeit" – die Kapitalisierung der Trauer

Gibt es ein digitales Leben nach dem Tod? Du lässt im Sterben dein Bewusstsein hochladen und erstehst im Metaversum als Avatar wieder auf? Was in der Serie "Upload" noch Satire ist, nimmt bereits reale Formen an. Zumindest für die Zurückgebliebenen lässt sich via KI die Illusion erzeugen, dass sie am Computer, zu nächtlicher Stunde, wirklich mit ihren toten Liebsten chatten. Nicht ein ewiges Ich also, sondern ein ewiges Du – "Eternal You".

Klingt gruselig? Ist es auch. Und doch sind die Geschichten, die der Dokumentarfilm erzählt, auch bewegend, weil die Sehnsüchte der Menschen so groß sind, dass sie sich auf neue Technologien einlassen, die ein Experte ein "Experiment am offenen Herzen" nennt. Zu den textbasierten Chats kommen dann auch wirklich Avatare hinzu. Und in Korea wird das Wiedersehen einer Mutter mit ihrem toten Kind sogar live im Fernsehen übertragen. Ist das eine neue Art der Trauerarbeit oder die kapitalistische Ausbeutung von Gefühlen? Der Film tendiert zu zweitem.

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"Eternal You: Vom Ende der Endlichkeit"
arte, 2024
Länge: 83 Minuten
Regie: Moritz Rieseweck, Georg Tschutschenhaler
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 28.04.2026

"Masterplan – Das Potsdamer Treffen" – Netzwerk des völkischen Denkens

Es bleibt gruselig. Der düstere Schauplatz ist diesmal eine Villa am See: das Landhaus Adlon in Potsdam. Journalisten des Medienhauses Correctiv sind als Beobachter dabei, als sich hier im November 2023 Vordenker der neuen Rechten treffen, um einen umfassenden Plan zur "Remigration" von Menschen mit Migrationshintergrund zu fassen. Die Enthüllung des Geheimtreffens rüttelte für einen Moment die Republik auf und führte zu Massendemonstrationen in vielen Städten.

Die Doku "Masterplan" rekonstruiert en détail die investigative Recherche, von den ersten Hinweisen bis zum Erscheinen des Artikels. Das ist spannend wie ein Thriller, zumal ein Rechercheur sich unter falschem Namen – und mit falscher Brille – unter die Gäste mischt. Aber auch die politische Dimension des Falls wird spürbar. Vor allem der Schulterschluss der AfD mit der extremen und gewaltbereiten Rechten, der von Aussteigern der Szene reflektiert wird. Und am Ende, scheint es, geht die AfD gestärkt aus dem Skandal hervor. Entwarnung? Von wegen.

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"Masterplan – Das Potsdamer Treffen"
ARD, 2025
Länge: 89 Minuten
Regie: Volker Heise
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 24.03.2026

"Sabotage: Deutschland in Putins Visier" – Paketbomben, Drohnen, Dumping-Agenten

Um geheime Pläne geht es auch in dieser Enthüllungs-Reportage, die eine neue Stufe des russischen Krieges sichtbar macht. Nicht des Krieges mit Raketen und Geschützen gegen die Ukraine. Sondern des hybriden Krieges gegen Europa. Den Anfang machen die Brandanschläge mit Paketbomben auf dem Leipziger Flughafen 2024. In einem technischen Experiment werden die Sprengsätze nachgebaut und der genaue Ablauf rekonstruiert.

Die neue Strategie: Es wird nicht mehr mit Profis, sondern sozusagen mit Wegwerf-Agenten gearbeitet, die nur Teilbefehle erhalten und selbst nichts wissen. Menschen, die schon vor Ort sind und sich radikalisieren lassen oder Geld brauchen. Absolut dystopisch wird es beim Thema Drohnen, die nicht nur spionieren, sondern auch Mordanschläge verüben können. Der Inhalt ist brisant. Dafür nimmt man auch die etwas reißerische Hülle in Kauf. Grenzwertig wird es für mich bei den "mittels KI nachgestellten" Action-Szenen. Muss das sein? Doch das ist ein Thema für sich.

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"Sabotage: Deutschland in Putins Visier"
WDR, 2025
Länge: 44 Minuten
Von: Diana Löbl, Peter Onneken, Manuel Bewarder, Florian Flade, Sebastian Pittelkow
Zu sehen in der ARD Mediathek: ohne Frist

"Das falsche Versprechen vom Aufstieg" – die Last der sozialen Herkunft

"Jede Legehenne hat mehr Lobby in Deutschland als ein Schüler", meint Stephanie zu Guttenberg. Als geborene Gräfin musste sie sich selbst zwar keine Gedanken darüber machen, wie sie den sozialen Aufstieg schaffen könnte. Illusionen über die Durchlässigkeit der deutschen Gesellschaft macht sie sich aber ebenso wenig wie die aus Bautzen stammende Autorin Marlen Hobrack, die als Jugendliche miterlebte, wie zu Hause wegen der Schulden ihrer Mutter der Strom abgestellt wurde.

Es geht um soziale Scham, das Gefühl von Wertlosigkeit und die tausend Hürden, die Menschen in den Weg gelegt werden, wenn sie aus den falschen Verhältnissen stammen – oder gar einen Migrationshintergrund haben. Die individuellen Geschichten sind berührend und zum Verzweifeln. Der Film selbst kommt in einem relativ braven dokumentarischen Korsett daher, verfestigt sich aber zum dringenden Plädoyer, das ungerechte Modell der sogenannten Leistungsgesellschaft zu beenden.

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"Das falsche Versprechen vom Aufstieg"
MDR, 2025
Länge: 89 Minuten
Regie: Dirk Schneider, Ariane Rieker
Zu sehen in der ARD Mediathek: 26.12.2026

"Fynn Kliemann – ich hoffe, ihr vermisst mich" – das Internet als Echo-Kammer

Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, wer Fynn Kliemann ist – und vor allem, wie berühmt er ist. Umso mehr hat mich seine widersprüchliche Geschichte gepackt. Ein Youtuber, der bei sich auf dem Land an Songs tüftelt und seltsame Erfindungen in Marke Eigenbau realisiert, dabei immer viel Spaß hat und alle einlädt, mitzumachen. Sein großes Versprechen: Teilhabe, soziale Verantwortung und vor allem Authentizität. Doch dann wird er von Jan Böhmermann als Betrüger entlarvt – unter anderem wegen eines unethischen Maskendeals zur Coronazeit.

Der Film begleitet den tief gefallenen Influencer, der mal ein "Guter" war, bei seinem Versuch, ein Comeback zu starten. Aber ist er wirklich durch die Krise geläutert, wie er sich selbst einredet? Mit der Veröffentlichung seines Albums "TOD" und einer dazu gehörenden Leichenwagen-Tour knüpft er auf den ersten Blick da an, wo er aufgehört hat. Und auf den zweiten? Der Film will den Zwiespalt nicht auflösen, sondern arbeitet am Beispiel von Kliemann die Fallstricke der Aufmerksamkeitsökonomie heraus.

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"Fynn Kliemann – ich hoffe, ihr vermisst mich"
HR, 2025
Länge: 60 Minuten
Regie: Mariska Lief
Zu sehen in der ARD Mediathek: 21.04.2027

Über mich Ich bin Lars Meyer und seit vielen Jahren für MDR KULTUR als Filmkritiker unterwegs, immer auf der Suche nach Filmkunst, die mich berührt, anregt und überrascht.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Das falsche Versprechen vom Aufstieg | 22. Januar 2025 | 20:15 Uhr

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