Dokumentarfilmfestival "Corona Creative" #8 Künstler-Kollektiv unternimmt "13 Versuche, die Luft anzuhalten"
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"Tief einatmen, Luft anhalten!" Wer das zehn Sekunden aushalte, sei gesund. So lautet eine der Fake News in Corona-Zeiten. 13 Künstlerinnen und Künstler nehmen sie zum Anlass für eine etwas andere Atempause. Aus der Verwirrung schaffen sie einen Raum für Reflexion. "13 Versuche, die Luft anzuhalten" heißt der experimentelle Kurzfilm des Kollektivs der Filmischen Initiative Leipzig FILZ, der jetzt Premiere feiert bei "Corona Creative", dem digitalen Filmfestival von MDR KULTUR.
Auf einem Smartphone-Display erscheint eine Kettenbrief-Nachricht, die sich parallel zu SARS-CoV-2 per WhatsApp viral verbreitet: "Atmen Sie tief ein und halten Sie die Luft für mehr als zehn Sekunden an. Wenn Sie dies ohne Husten erfolgreich durchführen können, beweist dies, dass keine Infektion vorliegt." Mit diesem absurden Moment beginnt der Kollektiv-Kurzfilm von 13 Mitgliedern des Kollektivs der Filmischen Initiative Leipzig FILZ, in 13 Kapiteln an 13 aufeinanderfolgenden Tagen.
Und plötzlich Raum für Reflexion
Aus der Überforderung erwächst der Impuls, Dinge zu benennen und Fragen zu stellen. Was passiert um uns herum, mit und in uns, in dieser Zeit, in der die Menge tagesaktueller News die Nachrichten vom Vortag überschreibt und das öffentliche Leben in großen Teilen zum Stillstand gekommen ist? Wir stoßen auf Meldungen, wie Obdachlose kontaktlos über einen "Gabenzaun" notversorgt werden; wie die Grenzschließungen immer mehr Geflüchtete einer humanitären Katastrophe aussetzen, welche sich durch SARS-CoV-2 jederzeit zuspitzen kann; wie Amazon ohne Atempause innerhalb von zehn Tagen um etwa 100 Milliarden Euro an Marktwert zulegt; wie die grüne Energiewende aus wirtschaftlichen Gründen aufgeschoben zu werden droht ...
All das verschlägt einem den Atem. Inzwischen halten wir fast schon instinktiv die Luft an, wenn uns im Supermarkt jemand entgegenkommt. Atempause. Was passiert mit uns, wenn das Atmen nicht mehr funktioniert, genauso wie das Leben um uns herum? Es kann zurr Hyperventilation kommen. Ausgelöst durch starke Affekte wie Angst und Panik, aber auch Schmerzen oder Depressionen. Wir hauchen das Fenster an, um den Atem sehen zu können; die Angst, sichtbar zu machen.
Filmische Initiative FILZ – Vernetzt und kollektiv
Das Konzept zu "13 Versuche, die Luft anzuhalten" entstand in Telefon- und Videokonferenzen und auf Basis von gemeinsamen Online-Dokumenten. Diese vernetzte Arbeitsweise wird auch auf den Produktionsprozess übertragen – in engem Austausch, doch ohne physischen Kontakt. Die besondere Herausforderung liegt in der Struktur des Films – jeder reagiert tagesaktuell und spontan auf die vorherige Videobotschaft. Eine experimentelle Arbeitsweise, die im Dokumentarfilm ungewöhnlich ist. Ein durchgehender Newsticker begleitet die 13 einminütigen Kapitel in Form einer Bauchbinde. Die Welt der Kurznachrichten steht der Welt der individuellen, nach innen gerichteten Gedanken gegenüber.
Die Filmische Initiative Leipzig FILZ e.V. ist ein Zusammenschluss von Autorinnen und Autoren, Filmschaffenden, Künstlerinnen und Künstlern. FILZ sind: Emerson Culurgioni, Florian Fischer, Anna Friedrich, Juliane Jaschnow, Jana Keuchel, Kathrin Lemcke, Jonas Matauschek, Andrea Rüthel, Stefanie Schroeder, Ginan Seidl, Nick Teplov, Clara Wieck und Katharina Wittmann. Nach eigener Aussage verbindet sie "ein starkes Interesse an künstlerischem, dokumentarischem Arbeiten mit einem Schwerpunkt auf dem bewegten Bild". Die FILZ-Mitglieder arbeiten immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen an künstlerischen Formaten, "in denen Inhalt und Form zusammengedacht werden". Darüber hinaus sind sie im Bereich der Filmbildung und der Vermittlung von künstlerischem Dokumentarfilm und Medienkunst tätig.
Credits & Lebensläufe:
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 24. April 2020 | 23:50 Uhr