Dokumentarfilmfestival "Corona Creative" #15 Wenn das Altenheim wegen Corona abgeriegelt ist: "Die Isolation der Oma Lilo"
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Das Coronavirus bedroht besonders alte Menschen, Pflegeheime werden regelrecht abgeriegelt. Die Filmemacher Patrick Richter und Christoph Eder beenden "Die Isolation der Oma Lilo". Sie starten eine dokumentarische Kontaktaufnahme – aus der gebotenen Distanz. Wie meistern Seniorinnen und Senioren, aber auch das Pflegepersonal den Alltag in Corona-Zeiten, wie erleben sie die neue Einsamkeit?
Die 91-jährige Oma Lilo hat den Zweiten Weltkrieg überlebt, die Wende gemeistert. Nun kommt ein unsichtbares Virus und will ihr den Garaus machen. Seit ihr Mann gestorben ist, wohnt sie in einem Altersheim am Rande Erfurts. Besucht werden darf sie nicht mehr. Auch nicht von ihrem Enkel Patrick, einem der beiden Filmemacher.
Kein "Sturm der Liebe", kein Bingo mehr
"Vor Corona" hat Oma Lilo zusammen mit Patrick oft gemeinsam "Sturm der Liebe" geschaut, trank dabei veredelten Spitzenkaffee und aß dazu den Kuchen vom Bäckerwagen. Gern traf sie sich zu den Essenszeiten mit den Hausbewohnern zum Bingo-Spielen. Aber nun darf niemand mehr hinein ins Altenheim und keiner der Seniorinnen und Senioren mehr raus. Als ein älterer Herr heimlich eine Geburtstagsfeier besucht, wird er komplett in Quarantäne gesperrt.
Dabei macht Einsamkeit krank. Und so beginnt der Enkel Gespräche am Telefon, am Fenster, am Zaun im Park. Dankbar, einmalig offen und herzlich nimmt nicht nur Oma Lilo die filmische Kontaktaufnahme mit Mindestabstand an. Wie sie fühlen sich viele Ältere abgeschoben, weggesperrt, alleingelassen. Trotz der Umstände gelingt ein humorvolles, behutsam-leichtes Porträt von Oma Lilo, von Mitbewohnern und den guten Feen im Pflegeheim, die die Last und Einsamkeit lindern. Erzählt wird der Film aus der Ich-Perspektive des Enkels.
Aus persönlicher Sorge
Die persönliche Sorge um die 91-jährige Oma und die anderen Seniorinnen und Senioren im Altersheim bringt die Filmemacher auf die Idee zu diesen Kurzfilm. Die Interviews entstehen in Distanz, aufbauend auf dem vertrauten Umgang miteinander "vor Corona". Die Bilderwelt wird um die Außenwelt des Altersheims herum entwickelt. Unterstützt wird das Film-Team durch das Pflegepersonal, das kleine Handyvideos dreht in Bereichen, zu denen das Filmteam keinen Zugang hat.
Patrick Richter (Jahrgang 1985) arbeitet seit 2005 als Filmemacher mit Basis in Erfurt in den Bereichen Montage, Kamera und Regie. Er hegt eine Liebe zu Geschichten, die im Alltäglichen verborgen liegen und den Zustand unserer Gesellschaft spiegeln. Seine Filme gewannen zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Festivals. Er arbeitete außerdem als Kameramann unter anderem mit Rosa von Praunheim ("Männerfreundschaften", 2018) und Daniela König ("Waterproof", 2019) zusammen. Im Jahr 2013 gründete er seine Produktionsfirma Mauerfuchs Film.
Christoph Eder (Jahrgang 1987) ist freischaffender Regisseur und Autor aus Weimar. Neben seiner Arbeit an Dokumentarfilmen ist er bei Online- und Musikvideo-Produktionen tätig. Unter anderem führte er für das mit dem Grimme Preis 2019 ausgezeichnete Online-Format "Bohemian Browser Ballett" (ARD/ZDF) Regie. Seine Kurzfilme liefen auf nationalen und internationalen Festivals und wurden mehrfach ausgezeichnet.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 24. April 2020 | 23:50 Uhr