Filmgeschichte Welche Rolle spielen DEFA-Filme noch in unseren Kinos?
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Die DEFA hat ein Filmerbe von mehreren tausend Produktionen hinterlassen. Es ist ein Nachlass, der in der mitteldeutschen Kinolandschaft weiterhin seinen Platz behaupten kann. MDR Kultur hat mit drei Akteuren der Kino- und Filmbranche über den Stellenwert der Produktionen gesprochen.

Die Liste der DEFA-Produktionen ist lang: 700 Spielfilme, 950 Animationsfilme, 2.500 Periodika und 6.700 deutschsprachige Synchronisationen ausländischer Filme. Sie haben Generationen geprägt, für andere fehlt hingegen der Bezug. Trotzdem oder gerade deshalb halten viele Akteure der Kino- und Filmbranche an den Produktionen fest.
Fester Programmplatz in halleschem Programmkino
Im Puschkino in Halle etwa sind die DEFA-Produktionen ein fester Bestandteil. Das Kino hat deshalb in diesem Jahr auch den Programmpreis der DEFA-Stiftung erhalten. In der Reihe "Filmmontag" werden sie unter der Leitung des Berliner Kulturhistorikers Paul Werner Wagner regelmäßig gezeigt und in anschließenden Filmgesprächen eingeordnet und diskutiert.
So sollen die DEFA-Produktionen auch einem jüngeren Publikum schmackhaft gemacht werden. Kinoinhaber Torsten Raab muss allerdings zugeben, dass immer noch ein älteres Publikum zu den Vorführungen kommt. Bei den Jüngeren baue sich das aber langsam auf.
Das ist nichts, was irgendwie nur der Vergangenheit angehört, sondern da sind schon universelle Geschichten dabei, bei denen es sich lohnt sie wieder hervorzuholen.
Zu besonderen Anlässen in Leipzig
Dass vor allem ältere Gäste in die DEFA-Filmvorführungen kommen, spürt auch Miriam Pfeiffer von der Kinobar "Prager Frühling" in Leipzig. Das kinoaffine Publikum aus der DDR-Zeit bleibe erhalten, viele kämen, um in Erinnerungen zu schwelgen. Allerdings gäbe es auch immer wieder überraschend viele junge Besucher, zuletzt bei einer Veranstaltung zum Film "Sterne", der sich mit der Verantwortlichkeit der Deutschen im Holocaust auseinandersetzt.
Im Prager Frühling gibt es die DEFA-Produktionen anlassbezogen, etwa zu Gedenk- und Jahrestagen. Für Inhaberin Miriam Pfeifer sind die DDR-Filme einzigartig in ihren thematischen Auseinandersetzungen, weil sie oft aus der Not heraus entstanden seien. Die Filmlandschaft heute sei für sie dagegen vergleichsweise trist.
Wir sind so satt und glücklich in diesem Land oder können glücklich sein. Und ich glaube persönlich auch, dass wir natürlich viele Auseinandersetzungen hätten oder haben könnten. Aber ich habe jetzt nicht das Gefühl, dass der deutsche Film irgendwie was erzählt, was uns unter den Nägeln brennt.
Tradition bei der DOK Leipzig
Pfeifers Sicht teilt teilweise auch Christoph Terhechte, der Festivalleiter von DOK Leipzig. Für den Kinodokumentarfilm sieht er das aber anders, heute wie damals könne der Dokumentarfilm Identität knüpfen, Lücken füllen und Welten verbinden. Auch deshalb sind die DEFA-Produktionen bei der DOK Leipzig eine feste Institution und von jung und alt genutzt.
Es gehe um den geschichtlichen Wert, aber nicht darum, alles zu zeigen, was es gibt. "Damit können sich Historiker beschäftigen", sagt Terhechte. Vielmehr will er auch auf künstlerische Verdienste der DEFA-Filme hinweisen.
Formen der Darstellung, die der DEFA-Zeit entsprungen sind, würden heute teilweise wieder aufgenommen, verfolgt und verändert – vor allem von Filmschaffenden, die selbst aus Ostdeutschland stammen oder sich dafür interessieren. Allerdings plädiert Terhechte dafür, die deutsche Filmgeschichte immer auch gesamtdeutsch zu betrachten. Bisher setzten sich West und Ost vor allem mit ihrer eigenen Geschichte auseinander.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. November 2020 | 18:05 Uhr