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Das Phoenix Theater-Festival in Erfurt bietet mehr als Schauspiel. Bildrechte: Anna Spindelndreier

Bis 25. Juni 2023Von Plattenbau bis Schauspielhaus: Phoenix Theater Festival bespielt ganz Erfurt

08. Juni 2023, 10:18 Uhr

In Erfurt startet am Donnerstag, 8. Juni 2023, das Phoenix Theater Festival. Bis zum 25. Juni bringt es an den kommenden drei Wochenenden Schauspiel, Filme, Workshops, Panels und Performances an mehrere Orte in der Stadt, darunter auch das Plattenbaugebiet im Erfurter Norden oder der Markt in Melchendorf. Zu Gast sind Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland. Daneben gibt es Gesprächsrunden, zum Beispiel mit Transformationsforscherin Maja Göpel und Bundesfamilienministerin Lisa Paus.

von Antje Kirsten, MDR KULTUR

Phoenix heißt das Theaterfestival, das am Donnerstag in Erfurt beginnt und diesmal gleich drei Wochenenden im Juni bespielt. Wie Phönix aus der Asche – so sagt man ja, wenn Totgeglaubtes aufersteht. Das Festival bringt seit drei Jahren das Schauspiel zurück nach Erfurt, auch an den Ort, wo vor 20 Jahren das Schauspiel abgewickelt wurde: ins alte Schauspielhaus, das heutige KulturQuartier.

Der Phoenix gilt als Wundervogel. Die Mythologie erzählt, er würde 540 Jahre leben. Für Tely Büchner, die sich seit Jahren im Vorstand des KulturQuartiers für diesen wiederauferstehenden Kulturort engagiert, ist das Festival ein Glücksfall: "Es bringt das Schauspiel an den Ort zurück, an dem es einmal ein Zuhause hatte. In der Zeit der Pandemie sind wir auf die Organisatoren des Festivals gestoßen, und es hat sich daraus gleich eine sehr leidenschaftliche Zusammenarbeit ergeben."

Erfurter Phoenix Theater Festival bespielt sogar einen Plattenbau

In diesem Sommer breitet Phoenix seine Schwingen aus und fliegt, sagt Mitgründer Jakob Arnold, auch in die Plattenbaugebiete in den Erfurter Norden und Südosten: "Das Festival verbindet sich damit eng mit der Stadt. Im aktuellen Theater-Transformationsprozess geht es immer wieder darum, aus den Pforten des Theaters herauszugehen. Das ist auch in Erfurt ein großes Thema. Die Kunstform Schauspiel ist dafür perfekt geeignet."

Das "Rumpel Pumpel Theater" baut u.a. im Erfurter Ortsteil Melchendorf seine mobile Bühne auf. Bildrechte: Johannes Lange/Phoenix

So rollt am Krämerbrückenwochenende, 16. bis 18. Juni, das "Rumpel Pumpel" Theater aus Bochum an. Während in den Erfurter Altstadtgassen der Bär beim Krämerbrückenfest tobt, zieht die mobile Rumpel-Pumpel-Bühne in die Neubaugebiete. Am 16. Juni hebt sich der Vorhang um 18 Uhr auf dem Platz der Völkerfreundschaft und damit gibt es Theater im Plattenbaugebiet Rieth.

Im Erfurter Norden leben rund 25.000 Menschen. "Rumpel Pumpel"-Schauspieler und Phoenix-Pressesprecher Johannes Lange: "Wir sagen, seht her, nehmt Euch eine Stunde Zeit, hier findet jetzt Theater statt. Du musst nicht zu uns kommen, wir kommen zu Euch. Wir haben Räder". Am 17. Juni rollt die mobile Bühne zum Markt in den Erfurter Ortsteil Melchendorf. 16:30 Uhr beginnt das Spiel. "Pünktlich, wenn die Leute ihren letzten Einkauf vorm Wochenende machen", bringt es Lange auf den Punkt.

Walking Act in Erfurts jüdische Vergangenheit

Am dritten und letzten Festivalwochenende, 23. bis 25. Juni, fokussiert sich Phoenix auf das jüdische Leben und Erbe mit einem Walking Act – einem Stadtrundgang mit Performance. Die Zuschauer und Zuschauerinnen werden an zentrale Orte des jüdischen Lebens und der jüdischen Geschichte geführt. Es wird Stationen geben, an denen unter anderem Lesungen oder kleine musikalische Acts stattfinden.

"Es laufen keine Leute im Kostüm herum und tun so, als wären sie Leute aus dem 16. Jahrhundert", beschreibt es Johannes Lange. Das seien Programmpunkte, die auch für Touristen gedacht seien. War das Festival zu Beginn eher eines der jungen Perspektiven, was laut Organisatoren aber nicht ganz aufging, sei es heute für alle da. "Wir wollen so viele Leute wie möglich für unser Programm gewinnen."

Theaterfestival ist wertvoll für die Stadt

Erfurt hat seit 20 Jahren als einzige Landeshauptstadt keine Schauspielsparte am Theater. 2003 fiel im Schauspielhaus der letzte Vorhang. Das neobarocke Haus war dem Verfall preisgegeben, bis es die KulturGenossenschaft aus dem Dornröschenschlaf erweckte. Sie sammelte eine Million Euro Startkapital über Genossenschaftsanteile und saniert gerade das Haus. Ende nächsten Jahres soll es als KulturQuartier eingeweiht werden.

Mit dem Theaterfestival kehrt schon jetzt die darstellende Kunst nach Erfurt zurück, was Kulturdirektor Christian Horn als großes Plus für die Stadt ansieht: "Ein Neuzugang, mit tollen Künstlern, die mitunter überregional und international bekannter sind als in Erfurt selbst. Das Festival bringt viele Gäste in die Stadt und macht sichtbar, was wir in der Stadt haben. Und mit seinen starken Partnern wie Festivalfriends gibt es ein starkes Netzwerk. All das ist wertvoll für Erfurt." Festivalfriends ist ein Festival-Verbund der Freien Darstellenden Künste in Deutschland.

Panel zu Klima mit Maja Göpel und Lisa Paus

Phoenix ist mehr als nur ein Festival mit Film und Schauspiel. Es versteht sich als Podium für alle, die Theater lieben, die es machen, die es fördern, die politisch den Rahmen stecken oder es links liegen lassen. In diesem Sommer gibt es noch mehr Gesprächsformate, Workshops und Runde Tische als in den beiden Vorjahren. Laut Phoenix-Mitgründerin Anica Happich soll das Festival möglichst viele Akteure ins Gespräch miteinander bringen.

Und so startet Phoenix am 8. Juni um 19:45 Uhr mit einer Paneldiskussion zur Förderpolitik der darstellenden Kunst in Thüringen. Am Tag darauf, dem 9. Juni, macht um 19 Uhr die Roadshow "Wir können auch anders" Station in Erfurt. Am Tisch sitzen werden auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Transformationsforscherin Maja Göpel.

Die Transformationswissenschaftlerin Maja Göpel wird beim Phoenix Theater Festival an einem Panel teilnehmen. Bildrechte: Anja Weber

Laut den Organisatoren geht es dabei zwar um Klimafragen, aber vor allem auch darum, zu zeigen, dass es bereits viele Initiativen gibt, die eine Menge bewegen und sich für eine nachhaltige Wende engagieren. "Der Journalismus rückt leider oft nur die negativen Beispiele in den Vordergrund, weil die sich besser verkaufen", meint Johannes Lange. Die Roadshow wird von einem Markt der Möglichkeiten (17 Uhr) umrahmt. Am KulturQuartier werden Künstler, Initiativen und Kulturinteressierte zeigen, was es regional bereits alles gibt.

Und so ist das Festival eines für eine Sparte, die in Erfurt in diesem Monat wieder einmal wie Phoenix aus der Asche steigt.

Informationen zum Festival

Phoenix Theater Festival
08. bis 10. Juni | 16. bis 17. Juni | 23. bis 25. Juni 2023
Vorstellungen, Performances und andere Veranstaltungen an verschiedenen Orten in Erfurt

Redaktionelle Bearbeitung: Hendrik Kirchhof

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 08. Juni 2023 | 06:10 Uhr