Webserie Freude oder Zweifel: Serie "2 Minuten" thematisiert Schwangerschaft junger Frauen
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Zwei Minuten dauert es, bis ein Schwangerschaftstest das Ergebnis anzeigt, das ersehnte oder das befürchtete. Und es ist ein Ergebnis, das das Leben vieler Frauen verändern kann. Diese Prämisse hat die Autorin und Regisseurin Lisa Miller zum Setting ihrer Webserie "2 Minuten - der Test" gemacht, die in Leipzig spielt und sechs Geschichten um diesen entscheidenden Moment erzählt. Mit dabei ist unter anderem Corinna Harfouch als schlagfertige Gynäkologin.
Zwei blaue Striche oder einer. Für die Autorin Lisa Miller war das Spannungsfeld klar. Diese zwei Minuten sind sehr privat, haben aber eine große gesellschaftliche Dimension. Da das Thema mehr sei als Emotion und Lebensentscheidungen, habe Lisa Miller es in einem konkreten politischen Kontext setzen wollen. Sie wollte mit der Emotionalität des Moments spielen, aber auf keinen Fall Richtung Herzkino gehen.
In erster Linie war es für mich klar, eine feministische Herangehensweise, weil es ein zutiefst feministisches Thema ist, weil es in erster Linie Frauen betrifft.
Diskutiert wird in allen Lebenssituationen
Und diese Botschaft setzt sie direkt und unverblümt um, da wird nicht lange um den heißen Brei geredet, in welcher Situation auch immer: in einer Leipziger Straße, einem Café, einer Frauenarztpraxis oder eben vor einer Apotheke. Die jungen Mädchen und Frauen und ihre persönliche Situationen stehen für die verschiedenen Perspektiven auf das Thema. Verbindend ist immer die Frage: Schwanger oder nicht?
Viele Geschichten – eine Frage
Neele ist schwanger und will sofort alles richtig machen, keinen Kaffee trinken, keinen Rohmilchkäse essen. Eine Katastrophe ist die Schwangerschaft für die Jurastudentin Samira, sie sieht sich schon abgehängt in einer Sozialwohnung ohne Job und will eine Abtreibung. Ein Influencerpärchen postet die Urinprobe im Becher und nimmt die Fangemeinde per Instastory mit in die Praxis, um die frohe Botschaft "Wir sind schwanger" mitzuteilen. Ein polyamouröses WG-Arrangement, dessen Leichtigkeit durch eine mögliche Schwangerschaft plötzlich auf dem Spiel steht. Und auch die Frage, welche Reaktionen Tina - eine junge Frau mit Downsyndrom - erfährt, wenn sie erzählt, dass sie die Pille absetzt. Wer soll sich reproduzieren in unserer Gesellschaft? Diese Frage will Regisseurin Lisa Miller thematisieren.
Im Falle von Schwangerschaft bei Menschen mit Behinderung oder aber auch wenn es um künstliche Befruchtung geht, was ja schon für heterosexuelle Paare eine ziemliche Odyssee darstellen kann, ist es für homosexuelle Paare, in diesem Fall für lesbische Paare noch viel diskriminierender.
Die zwei Seiten einer Schwangerschaft
Vielleicht stößt der Drang nach Gleichberechtigung gerade in diesen zwei Minuten auch an seine Grenzen. Frauen können Kinder bekommen, Männer nicht. Und je nachdem, wie man auf das Thema schaut, ist diese biologische Bestimmung Wunder oder Last. Glück oder Katastrophe. Aber natürlich gibt es gesellschaftliche Bedingungen, die es leichter oder schwerer für Frauen machen. Sobald die Periode einsetzt, sei man als Frau damit konfrontiert, theoretisch ein Kind bekommen zu können, erklärt Miller. Das bringe Frauen natürlich auch in Situationen, in denen sie eventuell nicht sein möchten und die sie alleine mit sich selber ausmachen müssen, weil die Unterstützung und das Verantwortungsbewusstsein von der anderen Seite fehlt und das Thema stigmatisiert werde, so die Autorin.
Für Lisa Miller ist der Körper der Frau noch immer ein Machtinstrument, aktuelle Entwicklungen in Polen, aber auch die Debatte um den Paragraphen 219a in Deutschland zeigen, dass Frauen am Ball bleiben müssen in einer Zeit, in der es zunehmend antifeministische Einstellungen gibt. Die Möglichkeit, abzutreiben, bestehe zwar, aber man müsse immer wieder dafür kämpfen, so Miller.
Im konservativen Politikspektrum gibt es ganz viele Menschen, Philipp Amthor zum Beispiel ist Lebensschützer, wo man sich immer wieder positionieren muss, dass das das Grundding ist, um Gleichberechtigung einer Gesellschaft zu schaffen.
"2 Minuten" ist eine Serie für junges Publikum. Kurz, direkt und knackig, aber deswegen nicht leicht verdaulich. Es bleiben Fragen für später. Das durchweg sympathische Ensemble überzeugt mit natürlich gespielter Amateurhaftigkeit. Da sticht der Auftritt von Corinna Harfouch als robuste Frauenärztin Vogel mit sächsischem Kolorit heraus und passt doch auch wieder wunderbar in diese kurzweilige Webserie.
Informationen zur Serie
Die Webserie "2 Minuten" ist ab dem 27.11.2020 in der ARD Mediathek einzeln und als Episodenfilm abrufbar.
Produktion: MDR, 2020
Drehbuch und Regie: Lisa Miller
Besetzung:
Marie Nasemann (Neele)
Luisa Wöllisch (Tina)
Banafshe Hourmazdi (Samira)
Corinna Harfouch (Dr. Vogel)
Sophie Pfennigstorf (Sandra)
Shenia Pitschmann (Mia)
Kathi Wolf (Clara)
Rupert Markthaler (Simon)
Taneshia Abt (Paula)
Johanna Franke (Kim)
Kevin Silvergieter (Jan)
Omar El-Saeidi (Jerome)
Madieu Ulbrich (Tom)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. November 2020 | 14:45 Uhr