Ein Mann in einer Polizeiuniform sitzt auf einem Sofa in einem Wohnzimmer.
Malick Bauer spielt in der Serie "Sam – ein Sachse" die Rolle von Samuel Meffire, der als erster Schwarzer Polizist Ostdeutschlands bekannt wurde. Bildrechte: picture alliance/dpa/Disney | Stephan Burchadt

Interview "Sam – ein Sachse": Neue Serie über den ersten Schwarzen Polizisten Ostdeutschlands

26. April 2023, 04:00 Uhr

"Sam – ein Sachse" ist die erste deutsche Eigenproduktion des Streaminganbieters Disney Plus und beruht auf der Lebensgeschichte von Samuel Meffire, dem ersten Schwarzen Polizisten Ostdeutschlands, der 1970 in Zwenkau bei Leipzig geboren wurde. Die Hauptrolle spielt Malick Bauer, der in Leipzig Schauspiel studiert hat und in Halle am Neuen Theater engagiert war. Im Interview hat er u.a. über die Dreharbeiten in Gera, Dresden und Magdeburg, eigene Erfahrungen mit Diskriminierung und die Zusammenarbeit mit Samuel Meffire gesprochen. Die Serie ist ab dem 26. April zu sehen.

MDR KULTUR: Was hat Samuel Meffires Lebensgeschichte mit Ihnen gemacht?

Malick Bauer: Ich bin Theaterschauspieler. Ich habe in Leipzig an der Hochschule für Musik und Theater studiert. Meine liebsten Stoffe waren schon immer die griechischen Stoffe und Shakespeare. Mord, Intrige, komplexe Menschen, nicht glatte Helden. Samuels Lebensgeschichte hat viel davon, kommt einer griechischen Tragödie sehr nahe. Seine Reise nach oben, der kometenhafte Aufstieg und dann sein Fall. Das ist Ikarus. Das hat mich sofort getriggert. Da habe ich mir als Theaterschauspieler sofort gewünscht, das machen zu dürfen, das erleben zu dürfen.

Statt historischer Stoffe jetzt eine Geschichte zu spielen, die auf einer wahren Begebenheit beruht, sich mit der "Vorlage" noch austauschen zu können, inwiefern hat das Druck auf Sie ausgeübt?

Ich hatte das Glück, dass Samuel sehr großzügig war. Er hat mir alles von sich zur Verfügung gestellt, unter anderem auch eine Rohfassung seines Buches. Wir haben eine Tour durch wichtige Stationen seines Lebens gemacht, er hat mir viel von sich gezeigt. Dementsprechend war das immer eine sehr besondere Begegnung. Er hat sich nie eingemischt oder sich aufgedrängt. Er hat viel von sich preisgegeben und gleichzeitig wenig erwartet. Ich spiele ja auch nicht Muhammad Ali, bei dem die Zuschauenden eine gewisse Erwartungshaltung haben. Dementsprechend hatte ich auch ein großes Maß an künstlerischer Freiheit und das war toll.

Wie haben Sie sich dann der Kunstfigur angenähert?

Ich habe versucht herauszuarbeiten, was ich interessant fand. Samuel ist für mich ein Mann, der einen großen Utopie-Gedanken zu Deutschland hat, der immer bereit gewesen ist, sich dafür einzusetzen und viel zu riskieren. Das macht er auch heute noch, auch nach der Haft, er setzt sich mit seinem Training für diverse Einrichtungen und Jugendhilfen ein. Das ist für mich der Kern der Figur. Jemand, der anders aussieht als der Normdeutsche, aber dieses Land genauso liebt und bereit ist, sich dafür einzusetzen.

Wie haben Sie die Dreharbeiten in Mitteldeutschland erlebt?

Wir haben in Gera, Dresden und Magdeburg gedreht, ich habe das sehr genossen. Vor allem den Kontakt zu den Menschen. Ich habe mich mit den Komparsen viel über ihre Wendeerfahrungen unterhalten. Man darf den Diskurs nicht scheuen. Das war schön. Ich habe auch sehr gerne im Osten studiert, arbeite ja noch immer im ehemaligen Ostteil Berlins. Ich bin Ost-Künstler, nur zufällig in Bremen geboren.

Sie und Samuel Meffire haben beide in Sachsen gelebt – wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten. Inwiefern ähneln sich ihre Erfahrungen?

Aus meiner Sicht als Schauspieler ist die Serie eine perfekte Story über unsere Ausklammerung des Schwarzseins in der Zugehörigkeit zu Deutschland. Wir verleugnen immer unsere Kolonialgeschichte in Deutschland. Ich habe schon so oft zu hören bekommen, dass wir noch nicht so weit sind, deutsche Schwarze Geschichten zu erzählen.

Auch diese Serie haben die Macher Tyron Rickets, Jörg Winger und Chris Silver schon mal versucht zu drehen – 2005. Aber alle Sender haben ihnen eine Abfuhr erteilt. Schwarzer Protagonist, da sind wir noch nicht. Dann Fast Forward ins Jahr 2019 – wichtig – noch vor Black Lives Matter wurde ich gecastet und man wollte das unbedingt machen. Dann kam Black Lives Matter und auch in Deutschland wurde endlich die Rassismus-Debatte losgetreten.

Und die Serie nahm an Fahrt auf?

Wir haben uns darüber unterhalten, wie Schwarze Menschen in diesem Land partizipieren können und dürfen. Und auf einmal gab es einen großen Umschwung in der Medienwelt. Die Lust auf diverse Geschichten war da. Mit Disney Plus haben wir einen Partner gefunden, der sich schnell verbunden gefühlt und uns sein Vertrauen geschenkt hat.

Wie sind Sie mit Diskriminierungserfahrungen in Ihrer Karriere umgegangen?

Ich will mich gar nicht beschweren, ich hatte immer große Förderinnen wie Claudia Bauer. Das Theater war mein Fluchtort. Ich glaube, dass ich zur richtigen Zeit geboren wurde. Die Generation vor mir durfte gar nicht mitmachen. Ich durfte gehemmt mitmachen, und ich werde dafür sorgen, dass die nächste Generation voll mitmachen kann. Das ist meine Aufgabe. Und gleichzeitig hat es natürlich immer wieder Frust gebracht. Aber Widerstände steigern ja auch die eigene Überzeugung.

Infos zur Serie "Sam – Ein Sachse"
ab 26. April 2023 auf Disney Plus
Regie: Soleen Yusef, Sarah Blaßkiewitz

Besetzung: Malick Bauer, Tyron Ricketts, Svenja Jung, Luise von Finckh, Carina Wiese, Paula Essam, Ivy Quainoo, Thorsten Merten, Martin Brambach, Nyamandi Adrian, Aristo Luis

Das Interview führte Filmkritikerin Anna Wollner für MDR KULTUR. / Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. April 2023 | 08:40 Uhr