SchulKinoWochenStatt Netflix: Wie Kinos in Thüringen junge Menschen zurückgewinnen wollen
Kinos kämpfen seit der Corona-Pandemie mit Publikumsschwund. Vor allem Kinder und Jugendliche bevorzugen Streamingdienste wie Netflix und Co. Die Schulkinowochen Thüringen, die bis zum 25. November stattfinden, wollen das jüngere Publikum zurückgewinnen – mit ausgewählten Filmen und einem gemeinschaftlichen Kulturerlebnis im Kinosaal. Auch ein Programmkino in Weimar macht mit.
Zu einer ungewöhnlich frühen Zeit öffnen sich an diesem eisigen Morgen die Türen des Lichthaus-Kinos in Weimar. Um kurz nach Acht strömen die Schülerinnen und Schüler einer fünften Klasse herein, kaufen zum Frühstück noch die ein oder andere Tüte Chips am Tresen und lassen sich dann in die gemütlichen Kinosessel sinken. Aufgeregte Vorfreude macht sich breit. "Die Filme, die neu sind, kommen nur hier. Das ist viel cooler. Hier hat man einen viel größeren Bildschirm", erklärt eine Schülerin.
Kinos nach der Corona-Krise stärken
Die Kinder besuchen ein Gymnasium im Weimarer Umland. Sie alle waren zuvor schon mal im Kino – was in diesen Zeiten überhaupt nicht mehr selbstverständlich ist. Das ist auf jeden Fall die Beobachtung von Peter Schütz, dem Leiter der Schulkinowoche in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Das Hauptziel des Projekts ist für ihn deswegen, Kinder ganz grundsätzlich an diesen Ort heranzuführen.
Wir haben sehr viele Kinder, die zum ersten Mal in ihrem Leben einen Kinosaal betreten. Das ist nicht mehr so ein Ort, wo man als Jugendlicher zuerst hingeht.
Peter Schütz, Leiter der SchulKinoWochen
"Wir haben sehr viele Kinder, die zum ersten Mal in ihrem Leben einen Kinosaal betreten. Nicht nur kleine Kinder, auch mittelalte Kinder. Das ist nicht mehr so ein Ort, wo man als Jugendlicher zuerst hingeht oder als Kind", so Peter Schütz. Kino als ein gemeinschaftliches Erlebnis kennenzulernen, sei für ihn die Basis.
Filme streamen und Social Media beliebter als Kino
Das Kino als Ort, an dem man sich am Wochenende trifft, an dem man gewesen sein muss, um mitreden zu können – diese Rolle habe das Kino schon länger bei der jungen Generation verloren, sagt Schütz. Einerseits sei der Kinobesuch für Familien sehr teuer geworden.
Andererseits habe Social Media eine größe Bedeutung gewonnen. Die Aufmerksamkeitsspannen seien kürzer. Auch Bequemlichkeit und die technische Ausstattung zuhause nennt Schütz als mögliche Gründe für den Kinorückgang beim jüngeren Publikum.
Aktuelles aus der Filmwelt
Den Kinosaal zum Klassenzimmer verwandeln
Durch die Corona-Pandemie habe eine zusätzliche Entwöhnung stattgefunden, so Schütz. Für ihn ist klar: Viele Kinos müssen sich deutlich mehr ins Zeug legen, um Kinder und Jugendliche wieder in die Säle zu bekommen. Viele hätten es sich da in den letzten Jahren zu einfach gemacht.
Hier sei langer Atem gefragt, Grundlagenarbeit, die sich nicht unbedingt sofort rechne. Auch außerhalb der Schulkinowoche. Zum Beispiel, in dem Kino den Kontakt zu Lehrerinnen und Lehrern suchen. "Kinos, die diese Kontakte haben und das regelmäßig machen, bei denen läuft ein Schulprogramm recht gut. Da kommen dann Jugendliche vielleicht auch privat wieder."
Lichthaus-Kino Weimar setzt auf hochwertiges Programm
Das Lichthaus-Kino veranstaltet regulär kein extra Schulprogramm, einfach weil dieses Angebot in Weimar durch ein anderes Haus abgedeckt wird. Betreiber Dirk Heinje ist es dennoch wichtig, bei den Schulkinowochen dabei zu sein. Er macht bei diesen Veranstaltungen zwar nicht viel Gewinn, seit die Energiekosten so in die Höhe geschnellt sind. Für ihn sei da aber der Bildungsauftrag wichtig.
Bei den Schulkinowochen werde frühzeitig Medienbildung praktiziert. Es werde darauf geschaut, dass Filme eine gewisse Relevanz und Qualität hätten. "Dass man Kindern nicht nur - jetzt übertreibe ich - den letzten Schrott vorsetzt", so Kinobetreiber Heinje.
Thüringer Kinos kämpfen sich durch die Energiekrise
So zieht sich der Programmkinobetreiber sein künftiges Publikum heran. Wobei er in der Kulturstadt Weimar gar nicht groß meckern kann – die Kinderfilme würden immer gut besucht, sagt Heinje. Auch im Erwachsenenprogramm kehre langsam wieder Normalität ein. Insgesamt ist er gar nicht allzu schlechter Dinge, denn auch mit den gestiegenen Heizkosten kann er gerade noch so leben.
"Wir haben jetzt einmal unsere Preise um 50 Cent angehoben, was wahrscheinlich nicht mal der Inflation entspricht. Aber wir haben auch gesagt, wir können das jetzt nicht ins Unermessliche steigern, weil wir müssen auch gucken, dass Leute kommen", so Heinje. Wenn es zu teuer sei, könne man sich das auch nicht mehr leisten.
Rund zweieinhalb Mal mehr muss Heinje für Strom und Gas derzeit zahlen. Das ist schwierig, aber es geht irgendwie. Er hofft, dass die Preise nicht noch mehr ansteigen: Er will das Lichthaus unbedingt offen halten in diesem Winter – für Jung und Alt.
Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic
Kino für Kinder und Jugendliche in Thüringen und Sachsen-Anhalt
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 21. November 2022 | 08:10 Uhr