Filmstill "Brother"
Mit dem Verlust seines Bruders beschäftigt sich Marcus Grysczok in seinem Kurzfilm "Brother", der in Weimar bei den Thüringer Poetryfilmtage 2023 zu sehen sein wird. Bildrechte: Marcus Grysczok

Internationale Thüringer Poetryfilmtage Festival in Weimar verbindet Film und Poesie

18. Mai 2023, 10:47 Uhr

Film trifft Gedicht: In Weimar starten am Freitag die Internationalen Thüringer Poetryfilmtage. Ob Realfilm oder Animation, die Formen der Kurzfilme beim Festival sind so vielfältig wie die meist sehr persönlichen Themen. 14 internationale Werke konkurrieren bis Samstag um den 8. Weimarer Poetryfilmpreis. Unter dem Motto "Poetry is dance" wird 2023 die Verbindung von Poesie und Tanz im Film ausgelotet, zum Auftakt auch auf der Bühne mit einer Performance der niederländischen Stepptänzerin Doortje Peters und der Leipziger Lyrikerin Ulrike Almut Sandig.

Der Kurzfilm hat es schwer in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft, und der Poetryfilm nimmt auch innerhalb dieser Szene noch einmal eine Sonderrolle ein. Laut Guido Naschert von der Literarischen Gesellschaft Thüringen, der das Festival mit organisiert, besteht aber dennoch weltweit eine lebendige Szene: "Festivals wie die Internationalen Thüringer Poetryfilmtage sind deswegen enorm wichtig für die Sichtbarkeit des Genres", betont er.

Festival in Weimar zeigt poetische Kurzfilme aus aller Welt

So wird es auch in diesem Jahr wieder einen Internationalen Wettbewerb geben, für den insgesamt 578 Filme aus 60 Ländern eingereicht wurden. Hier gibt es Werke unter anderem aus Frankreich, Bulgarien, Südafrika oder den USA zu sehen. Und auch im Sonderprogramm "Weltspiegel der Poesie" geht es auf eine filmische Reise um die Erde. "Es ist wirklich beeindruckend, wie leistungsstark dieses Videoformat gerade in Ländern ist, in denen die Poeten nicht so viel Geld haben, um Bücher zu produzieren. Mit den Poetryfilmen vertreiben sie ihre Gedichte weltweit", so Naschert.

Eine Frau mit einem Mikro steht neben einem Mann auf einer Bühne der Poetryfilmtage Thüringen.
Ana María Vallejo von der Bauhaus-Universität Weimar organisiert das Festival gemeinsam mit Guido Naschert von der Literarischen Gesellschaft Thüringen. Bildrechte: Maik Schuck

Filme von Studierenden der Bauhaus-Uni

Aber auch heimische Filmkost läuft bei den Poetryfilmtagen, etwa in der Reihe "Bauhaus Shorts", bei der Studierende der Bauhaus-Universität ihre Projekte präsentieren. Poetryfilme seien ideal, um kreativ zu werden, betont Ana María Vallejo, Uni-Dozentin und Mitorganisatorin des Festivals: "Man hat eine Vorlage, eine Textquelle als Inspiration. Und muss daraus ein neues Werk schaffen, das ist oft sehr inspirierend."

Persönliche Filme über Tod und Sinnsuche

Marcus Grysczok gehört zu den Studierenden, die ihre Filme bei den Poetryfilmtagen präsentieren. Er hat den Anderthalbminüter "Brother" geschaffen, in dem er sich lyrisch und filmisch mit dem Tod seines Bruders auseinandersetzt: Ein kleiner, aus Papier ausgeschnittener Hund rennt darin durch eine Küche, ein schemenhafter Mensch folgt ihm. "Mit dem Film habe ich es geschafft, einen langen Weg des Abschiednehmens in eine Form zu packen", erzählt Grysczok. Das Werk sei als Stop-Motion-Animation während der Covid-Pandemie in der eigenen Wohnung entstanden.

Thüringer Festival verbindet Lyrik mit Video und Animation

Insgesamt gibt es beim Festival eine große Spannbreite an künstlerischen Herangehensweisen zu entdecken. Realfilme sind genau so dabei wie Animationen. In manchen Filmen spielt der zugrunde liegende lyrische Text eine wichtige Rolle, in anderen kommt er gar nicht vor.

Thüringer Poetryfilmtage
Die Poetryfilmtage in Weimar sind immer auch eine gute Gelegenheit für Filmschaffende, miteinander ins Gespräch zu kommen. Bildrechte: Maik Schuck

Wichtig sei bei einem guten Poetryfilm vor allem, dass er einen Text nicht nur bebildere, sondern eine völlig neue künstlerische Ebene schaffe, findet Guide Naschert: "Es muss eine besondere Spannung aus der Text-Bild-Beziehung entstehen. Ich teste das auch für mich immer wieder: Wenn ich merke, der Film hält meine Aufmerksamkeit nicht, dann schließe ich die Augen und überlege – fehlt mir jetzt irgendetwas? Und im schlimmsten Falle fehlt mir nichts. Die Kunst besteht schon darin, im Bewegtbild so zu faszinieren, dass man es auch sehen, und nicht nur den Text hören will."

"Poetry is dance": Auftakt mit Tanz und Ulrike Almut Sandig

Zum Auftakt kommt dann noch eine Sinnesebene hinzu: Da das Festival in diesem Jahr unter dem Motto "Poetry is dance" steht, wird die niederländische Stepptänzerin Doortje Peters die Verbindungen zwischen Tanz, Poesie und Film ausloten. Begleitet wird sie dabei von der Leipziger Lyrikerin Ulrike Almut Sandig.

Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt

Informationen zum Festival Internationale Thüringer Poetryfilmtage 2023 in Weimar

Freitag, 19. Mai
18 Uhr: "Poesie ist Tanz" mit Film, Stepptanz & Lyrik (Mon Ami)

Samstag, 20. Mai
12-17 Uhr: Sonderprogramme (Mon Ami Kino)

12 Uhr: Coffee with the Film Makers. Q & A, Get-together

14 Uhr: Bauhaus Poetry Shorts

15 Uhr: Deutschsprachiges Programm

16 Uhr: Weltspiegel der Poesie

18 Uhr: Verleihung des 8. Weimarer Poetryfilm-Preises (Kino Lichthaus)

22 Uhr: Festivalparty (Kasseturm)

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. Mai 2023 | 08:40 Uhr