#FreiräumeSchaffen Kongress in Leipzig: Wie Corona Bibliotheken verändert hat

Beim Bibliothekskongress in Leipzig, der vom 31. Mai bis 2. Juni unter dem Motto #FreiräumeSchaffen stattfindet, wird über die digitale Zukunft von Bibliotheken diskutiert. Die Nachfrage nach E-Books und Online-Veranstaltungen in Bibliotheken wächst, aber auch der Wunsch nach Begegnung und Austausch ist seit der Corona-Pandemie größer denn je. Wie geht die Branche mit dieser Spannung um? Das verrät Susanne Metz, Leiterin der Städtischen Bibliotheken Leipzig, im Gespräch bei MDR KULTUR.

MDR KULTUR: Beim Bibliothekskongress wird Corona wieder eine Rolle spielen. Denn in den zwei Pandemiejahren ist hinsichtlich der Digitalisierung manches schneller vorangegangen, als man gedacht hat – wie steht es bei den Bibliotheken?

Susanne Metz: Genau dieser Frage werden wir auf dem Kongress nachgehen, der heißt "Freiräume schaffen". Diese Freiräume beziehen sich sowohl nach innen in die Bibliotheken rein – haben wir Freiräume für unsere Kolleginnen und Kollegen schaffen können? Andere Arbeitsmethoden, anders zu arbeiten? Zum Beispiel das berühmte Homeoffice.

Auf der anderen Seite: Welche Angebote haben wir in den letzten zwei Jahren verstärkt aufgebaut, vielleicht auch neu aufgebaut? Die Freiräume auch für unsere Benutzerinnen und Benutzer neu ausgelotet?

Können Sie Beispiele nennen?

Susanne Metz: Wir haben natürlich, wie viele Kultureinrichtungen, sehr viele Veranstaltungen online angeboten, gestreamt. Aber es geht eben auch um eine starke Digitalisierung oder vermehrt auch digitale Bibliotheksangebote – von den E-Books angefangen bei den wissenschaftlichen Bibliotheken, natürlich auch der Ausbau von Datenbanken, aber auch der Austausch miteinander.

Wie können Benutzerinnen, Benutzer Kontakt mit ihren Bibliotheken aufnehmen? Zum Teil wurde aber auch das kontaktlose Miteinander ausgebaut, gerade die öffentlichen Bibliotheken, die Hol- und Bringservices eingerichtet haben. Auch das ist die Frage, ob man das nicht weiter betreibt, gar nicht mehr wegen der Pandemie, sondern weil es beim Publikum gut angekommen ist.

Eine Bibliothekarin reicht einem jungen Mädchen zwei Bücher durch ein Fenster.
Viele Stadtbibliotheken wie in Rochlitz haben während der Pandemie einen Bring- und Abholservices eingerichtet. Bildrechte: MDR/Michael Langner

Eine Frage, die sich auch Theater beispielsweise sehr gerne stellen: Sind wir ein Ort der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung? Sind wir jetzt nur eine Bibliothek oder sind wir ein Treffpunkt für Menschen? Was wollen denn Bibliotheken sein?

Susanne Metz: Auf jeden Fall auch Treffpunkt. Aber das waren sie auch schon vor der Pandemie. Das Thema, das gerne mit der Überschrift "dritter Ort" – als ein Ort, der weder das Zuhause noch die Arbeitstelle darstellt, wo ich ungezwungen mit anderen aufeinandertreffen kann – genannt wird, hat gerade die kommunalen Bibliotheken, egal welcher Größenordnung, auch schon vor der Pandemie stark umgetrieben.

Da merken wir, wie überall im Kulturbereich, sind wir hier und da noch zögerlich. Man schaut, dass der Abstand vielleicht noch gewahrt werden kann. Aber die Nachfrage nach dem Zusammenlernen, wenn man die wissenschaftlichen Bibliotheken anschaut, die leeren Räume vor Ort werden wieder stark genutzt. Genauso wie der Besuch von Veranstaltungen in kommunalen Bibliotheken.

Ukrainische Bibliothekarinnen und Bibliothekare sind bei diesem Bibliothekskongress mit von der Partie. Wird es thematisiert werden können, wie man ukrainische Bibliotheken unterstützen kann? Gibt es schon konkretere Pläne?

Susanne Metz: Die Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine haben eine eigene kleine Session und werden uns auch darüber informieren, wo sie konkrete Möglichkeiten der Unterstützung sehen. Da kann ich noch gar nicht vorausschauen.

Ich kann aus der Leipziger Perspektive sagen, Kiew ist Partnerstadt von Leipzig, und wir haben mit den Kolleginnen und Kollegen von der Kiewer Kinderbibliothek seit einigen Wochen intensiven Kontakt, die sich Gedanken darum machen, wie können wir Ukrainerinnen und Ukrainer, aber vor allem auch Kinder in Deutschland mit ukrainischen Büchern erreichen?

Wir haben zum Beispiel eine Kooperation aufgebaut, in der wir über die Kollegen in Kiew Kontakt mit ukrainischen Verlagen haben und kaufen diese Bücher an. Das hilft den Verlagen. Aber es hilft eben auch den Kolleginnen und Kollegen vor Ort, den eben daran gelegen ist, dass die Kinder weiterhin den Kontakt zur Bibliothek halten – und natürlich mit der Zuversicht verbunden, dass sie irgendwann auch wieder in Kiew die Kinderbibliothek aufsuchen.

Das Interview für MDR KULTUR führte Moderator Thomas Bille.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 31. Mai 2022 | 07:10 Uhr

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