50. Todestag Wie Brigitte Reimanns Geburtsort Burg mit dem Erbe der DDR-Schriftstellerin umgeht
Hauptinhalt
Die Schriftstellerin Brigitte Reimann wurde 1933 in Burg bei Magdeburg geboren. In diesem Jahr hätte sie ihren 90. Geburtstag feiern können, doch die Autorin von "Franziska Linkerhand" wurde nur 39 Jahre alt, am 20. Februar jährt sich ihr 50. Todestag. In Ihrer Geburtsstadt Burg wird zwar ein Brigitte-Reimann-Jahr gefeiert – doch kommt die Initiative dazu von vielen Ehrenamtlichen und nicht von der Stadt selbst. Sie organisieren Ausstellungen, Vorträge und auch eine Stadtführung. MDR KULTUR hat mit den Aktiven über ihre Begeisterung und die Probleme gesprochen.

Udo Vogt führt seine Gäste zur Birgitte-Reimann-Stadtführung entlang der noch relativ neuen Brigitte-Reimann-Promenande in Burg. 2018 hatte er als Vorsitzender des Fördervereins Landesgartenschau mit für die Errichtung gesorgt. Schließlich sei sie die berühmteste Tochter der Stadt.
Die schwierige Erinnerung
Doch das wollte lange Jahre niemand so richtig wissen, erinnert sich Dorothea Iser: "Das spielte keine Rolle zur Wendezeit. Nein, da war es fast ganz weg. Und auch im Stadtrat waren so viele, die gegen Reimann waren, die moralisierten und sie als kommunistisch abgestempelt haben."
Iser ist selbst Schriftstellerin. Fasziniert von der Euphorie und gleichzeitigen Verzweiflung, die sich in Reimanns Schaffensprozess spiegle, engagiert sie sich schon sehr lange für eine angemessene Erinnerungskultur. Hatte diese in der breiten Öffentlichkeit schon vor 20 Jahren mit der Herausgabe der Tagebücher von Brigitte Reimann begonnen, gelang das in Burg erstmals 2013, erzählt Stefanie Göthe-Obieglo, die ehemalige Leiterin der Stadtbibliothek.
Damals hätten sich unter anderem das Kino, das Kabarett und der Pelikan e.V. zusammengeschlossen, um ein Brigitte-Reimann-Jahr durchzuführen. Vor allem Iser habe dabei eine wichtige Rolle gespielt – weil sie die wichtigen Fördermittel besorgt hätte. "Denn ohne Moos nix los!" erklärt Göthe-Obieglo. Und so konnte beispielsweise auch Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden, so hingen Banner mit Reimann-Zitaten über der Straße.
Urne von Reimann nach Burg geholt
Der kulturvolle Elan konnte zwar nicht die ganze Zeit gehalten werden, so Stadtführer Vogt, aber die Veränderung sei auch in der Stadt spürbar geworden. Inzwischen gäbe es eine Frauenortstafel mit biografischem Hintergrund, am Wohnhaus sei eine Gedenktafel und man habe sogar die Urne von Reimann nach Burg geholt.
Sie hatte eine unwahrscheinliche Ausstrahlung auf alle Leute gehabt – nicht bloß auf die Männer.
Nicht zu übersehen ist zudem ein riesiges Graffiti-Gemälde an einer Häuserwand, genau an der Stelle, wo einst das Geburtshaus von Brigitte Reimann stand. Die Schriftstellerin selbst hat die Stadt auch literarisch verweigt, ihre Erzählung "Die Geschwister" ist in Burg angesiedelt.
Autorenkreis mit Buch zu Brigitte Reimann
Die über 70-jährige Iser leitet seit Jahrzehnten den Burger Autorenkreis. "Wir pflegen natürlich das Erbe von Reimann, indem wir ähnlich arbeiten. Wir setzen uns mit Texten auseinander, was sie erlebt hat, bei Otto Bernhard Wendler in den Kreisen, das setzen wir fort." beschreibt sie die Aktivitäten des Vereins.
Und so werde auch ein Reimann-Buch "Gespräche mit der Reimann" verwirklicht. Darin fänden sich auch frische, lockere Texte einer erst 17-jährigen Autorin, die "an irgendwelchen Ecken in Burg steht und mit der Reimann quatscht, die da plötzlich auftaucht im Kopf" , sagt Iser. Solche Sachen fände sie sehr wichtig.
Zusammenarbeit mit Neubrandenburg und Hoyerswerda
Um das alles, mehr oder weniger, ehrenamtlich zu bewerkstelligen, haben die Burger Kulturenthusiasten auf die Kooperation der beiden weiteren Reimann-Orte Neubrandenburg und Hoyerswerda gesetzt. So wurde mit der Reimann-Gesellschaft eine gemeinsame Postkarte herausgebracht, zudem für Burg eine lesenswerte Broschüre mit Fotos, Stadtplan und Jahresprogramm geschaffen. Ein feiner Einblick in das Leben und Werk einer eigensinnigen, faszinierenden und streitbaren Schriftstellerin Brigitte Reimann.
Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. Februar 2023 | 08:10 Uhr