Frauentag am 8. März Zum Frauentag: 11 herausragende Romane, Biografien und Bücher von Autorinnen

Romane über Feminismus, Biografien über das Leben von Christa Wolf oder Literatur in der Tradition von Annie Ernaux – zum Frauentag am 8. März empfehlen wir Bücher von Autorinnen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie erzählen von starken Frauenfiguren wie Bachs Tochter Dorothea, von von gesellschaftlichen Tabus wie Alkoholsucht und vom Leben als Frau in der DDR. Diese elf spannenden Bücher von Schriftstellerinnen wie Bettina Wilpert und Heike Geißler sollte man unbedingt gelesen haben.

Zu sehen sind acht Buchcover
Wir empfehlen zum Frauentag elf Bücher von Autorinnen – voller Leben, Feminismus und Weiblichkeit. Bildrechte: Hanser Literaturverlage, Suhrkamp Verlag, Insel Verlag, Verbrecher Verlag, Voland&Quist Verlag, Residenz Verlag, Frankfurter Verlagsanstalt , Trottoir Noir

Warum "Superbusen" von Paula Irmschler kein Frauenroman ist

Ein Frauenroman mit dem Titel "Superbusen" lässt auf anatomische Probleme oder gesellschaftliche Kritik schließen. Doch es handelt sich schlicht um den Namen der Band von Protagonistin Gisela. Diese ist Fan von Popsängerin Britney Spears und hat "Superbusen" zusammen mit ihren Freundinnen gegründet, weil sie meinen, dass es das beste 80er-Jahre-Wort überhaupt sei. Und dann entdeckt Gisela auch noch die Liebe – nicht zu einem Menschen, sondern zur Stadt Chemnitz, ihrer neuen Lebensheimat. Denn das ist Paula Irmschlers Debütroman auch, eine Liebeserklärung an die vorurteilsbehaftete sächsische Metropole mit dem Nischel.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Bettina Baltschev

Tagebuch einer Künstlerin, Ehefrau und Mutter: "Any Day Now"

Die Leipziger Illustratorin Franziska Junge berichtet nicht von anderen Frauen, sondern skizziert in ihrem Tagebuch "Any Day Now" ihr eigenes Leben. Jeden Abend zeichnet sie ein Bild von dem, was ihr vom Tag im Gedächtnis hängengeblieben war. Neun Jahre, von 2003 bis 2012, hat sie dieses Experiment betrieben, etwa 2.000 Filzstift-Zeichnungen in schwarz-weiß sind dabei herausgekommen. Und so können wir Junge in ihrem Werdegang begleiten, von der Studentin bis zur angehenden Künstlerin, Ehefrau und Mutter.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Eva Gaeding

Familiengeschichte von Tina Pruschmann: "Bittere Wasser"

Mehr als 100 Jahre Geschichte beleuchtet der Roman "Bittere Wasser" der Leipziger Autorin Tina Pruschmann, beginnend mit den beiden Weltkriegen, über die DDR und die Wiedervereinigung bis zur Gegenwart. Im Mittelpunkt steht Ida, deren Eltern in der DDR bekannte Artisten waren, weswegen sie bei ihrer Großmutter aufwächst. Sie erfährt in ihrem Umfeld von der Vergangenheit, so vom Bürgermeister, der im KZ umkommt, weil er schwul war oder von Menschen, die aus Ostpreußen stammen und nach der Vertreibung in der kleinen Stadt gelandet sind. Der Roman spielt im Erzgebirge, aber auch in Kiew und Tschernobyl und ist eine seltene Mischung aus Melancholie, Poesie und schlagfertigem Humor. Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Matthias Schmidt

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Matthias Schmidt

Bettina Wilpert über drei weibliche Schicksale: "Herumtreiberinnen"

Was wäre, wenn Orte ihre Geschichte erzählen könnten? Die Schriftstellerin Bettina Wilpert hat sich eine Leipziger Straße genommen und deren Geschichte aus der Perspektive dreier Frauen verschiedener Generationen erzählt. Zum Beispiel Lilo, die in den 40er-Jahren in der Lerchenstraße festgehalten wird, weil sie mit ihrem Vater für den kommunistischen Widerstand gearbeitet hat. Oder die 17-jährige Manja, die in der DDR in eine sogenannte "Tripperburg" eingewiesen wird. Die Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein – und dennoch eint sie die weibliche Sicht der "Herumtreiberinnen". So hat Wilpert ihr Buch auch genannt.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Frauke Siebels

Angaben zum Buch

Bettina Wilpert: "Herumtreiberinnen"
Verbrecher Verlag, 2022
266 Seiten
ISBN: 978-3-95732-513-6
25 Euro

Historischer Roman über eine ukrainische Frau: "Die rote Herzogin"

Von altem Glanz träumt "Die rote Herzogin" in Svetlana Lavochkinas Roman. Die adlige Heldin wirkt mit an einem Prestigeprojekt Stalins, dem Bau des Dnjepr-Staudamms. Als Frau des Bauleiters und Propagandachefin hofft sie, den drohenden Säuberungen zu entgehen. Doch dann beginnt sie eine Affäre mit dem amerikanischen Architekten, der das kolossale Projekt betreut. Wie sie strauchelt, das erzählt Lavochkina in einem tragikomischen Roman voll groteskem Sprachwitz und beängstigend aktuell.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Ulf Heise

Angaben zum Buch

Svetlana Lavochkina: "Die rote Herzogin"
Übersetzt aus dem Englischen von Diana Feuerbach
Verlag Voland & Quist, 2022
128 Seiten
ISBN: 978-3-8639-1323-6
20 Euro

Buch über Frauen im Schatten berühmter Männer: "Aufklärung"

Jetzt packt Johann Sebastian Bachs Tochter Dorothea aus: In ihrem Roman "Aufklärung" widmet sich Angela Steidele der Buch-, Musik- und Messestadt im Zeitalter der Vernunft aus weiblicher Perspektive. Dorothea Bach, die 1708 geborene, älteste Tochter des Thomaskantors und Komponisten, zieht mit ihrem Vater und der jungen Stiefmutter 1723 nach Leipzig. Sie erzählt von ihrer Zeit: vom Familienleben im Hause Bach, von Begegnungen mit Goethe, Klopstock und Kleist – vor allem aber von der Freundschaft zu Luise Gottsched, die als Frau des Sprach- und Theaterpapstes wie andere Frauen der Zeit im Schatten blieb.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Maja Franke

Angaben zum Buch

Angela Steidele: "Aufklärung"
Insel Verlag Roman, 2022
603 Seiten
ISBN: 978-3-458-64340-1
25 Euro

Heike Geißler über die Suche nach dem richtigen Protest: "Die Woche"

Dass Montage keine guten Tage sind, wusste schon der Cartoon-Kater "Garfield". Im Roman "Die Woche" der Leipziger Autorin Heike Geißler kämpft eine Frau und selbsternannte "proletarische Prinzessin" gegen eine Woche voller Montage. Die Welt gerät aus den Fugen: Ihr droht die Entmietung, Riesen sind ins Haus gegenüber eingezogen und haben ein laut plärrendes Karussell aufgestellt. Noch dazu hat sich der Tod bei ihr eingenistet und hängt schlaff auf der Couch rum ... Der Roman besteht aus unterschiedlichen Textsorten und war 2022 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Kais Harrabi

Angaben zum Buch

Heike Geißler: "Die Woche"
Suhrkamp Verlag, 2022
316 Seiten
ISBN: 978-3-518-43053-8
24 Euro

Feminismus und DDR: "Drei Frauen träumten vom Sozialismus"

In ihrem Sachbuch "Drei Frauen träumten vom Sozialismus" verflechtet Carolin Würfel die Biografien von Maxie Wander, Brigitte Reimann und Christa Wolf. Auf den ersten Blick könnten sie unterschiedlicher nicht sein: die junge Frau aus Wien, die ernsthafte Dame aus Landsberg an der Warthe und die Lady aus Burg, die allen Männern den Kopf verdreht. Trotzdem weisen die Biografien der drei Schriftstellerinnen durchaus Parallelen und Schnittmengen auf. Das "Frausein im Sozialismus" ist für Carolin Würfel von besonderem Interesse, sie sucht nach feministischen Spuren nicht nur im Werk, sondern auch im Leben ihrer Protagonistinnen.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Bettina Baltschev

Angaben zum Buch

Carolin Würfel: "Drei Frauen träumten vom Sozialismus. Maxie Wander, Brigitte Reimann, Christa Wolf"
Verlag Hanser Berlin, 2022
272 Seiten
ISBN: 978-3-446-27384-9
23 Euro

Feministischer Coming-of-Age-Roman: "Die Eistaucher"

Das Erleben von Ungerechtigkeit setzt Kaśka Bryla als ein zentrales Thema in ihrem Coming-of-Age-Roman "Die Eistaucher". Drei Jugendliche finden sich zu Beginn des Schuljahres in derselben Klasse eines katholischen Privatgymnasiums wieder. Ob im Elternhaus, in der Schule oder in Beziehungen – weder die Haupt- noch die Nebenfiguren kommen in dieser Geschichte umhin, sich mit Grundsatzfragen von Ethik und Moral auseinanderzusetzen. Das Buch ist formal auffällig: Die Lesenden betrachten die Geschehnisse – kapitelweise abwechselnd – aus zwei unterschiedlichen Erzählperspektiven.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritikerin Frauke Siebels

Angaben zum Buch

Kaśka Bryla: "Die Eistaucher"
Residenz Verlag, 2022
320 Seiten
ISBN: 978-3-7017-1751-4
24 Euro

Tochter, Mutter, Oma blicken auf das Leben: "Alte Mädchen"

"Alte Mädchen" von Julia Wolf ist Zeitgeschichte aus weiblicher Perspektive. Drei Generationen von Frauen – Oma, Tochter, Enkelin – berichten aus ihrem Leben und zeigen, wie unterschiedlich wir auf die eigene Geschichte blicken. Da schauen drei alte Damen "Germany’s Next Topmodel" im Altersheim und erinnern sich an die Flucht im Krieg und ihre traumatisierten Männer. Eine Tante bombardiert ihre Nichte mit Sprachnachrichten aus Kambodscha, und die Enkelin will zum Ende ihrer Schwangerschaft die Freundinnen aus Kindheitstagen noch einmal sehen. Julia Wolf ist an keiner Stelle belehrend, sondern klug, einfühlsam und mit bestechendem Witz.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Tino Dallmann.

Angaben zum Buch

Julia Wolf: "Alte Mädchen"
Frankfurter Verlagsanstalt, 2022
282 Seiten
ISBN: 978-3-62700-298-5
24 Euro

Literatur in der Tradition von Annie Ernaux: "Abraum, schilfern"

Linn Penelope Micklitz wuchs im Thüringer Wald auf, auch davon schreibt sie in ihrem Debüt "Abraum, schilfern". Sie erkundet die Natur und entdeckt sie als durch und durch vom Menschen geformt – sei es durch den Bergbau oder durch den Klimawandel. Die Bergbaulandschaft wird zum Ausgangspunkt fürs Imaginieren. Das schmale Buch wirkt mit seinen kurzen Texten und Schwarz-Weiß-Fotos wie ein Skizzenbuch. Micklitz verbindet darin moderne Erzählformen wie Nature Writing und biografisches Schreiben in der Tradition von Annie Ernaux.

Eine Empfehlung von MDR KULTUR-Literaturkritiker Tino Dallmann

Angaben zum Buch

Linn Penelope Micklitz: "Abraum, schilfern"
Trottoir Noir, 2022
152 Seiten, Broschur
ISBN: 978-3-945849-24-8
12 Euro

Redaktionelle Bearbeitung: Judith Burger

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Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. Dezember 2022 | 18:05 Uhr

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