Kunst "Das Erotik Magazin" – Feministische Kunst aus Leipzig
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Zehn Junge Leipzigerinnen möchten mit einem neuen Magazin Erotik neu denken. Ihr Weg ist dabei die Kunst. Mit Malereien, Texten und Fotografien zeigen sie, wie Erotik abseits von Werbung und Playboy aussehen kann – und erobern sich so den Begriff zurück.

Wer definiert eigentlich, was erotisch ist? Werbeprofis, Playboy-Redakteure oder Porno-Produzenten? Ein Kollektiv aus zehn jungen Frauen in Leipzig will die starre Definition aufbrechen. In ihren Magazinen loten sie in Malereien, Fotografien und Texten die Zwischentöne von Erotik aus.
Der weibliche Blick
Die Künstlerin Jeanne Schmidt ist eine von ihnen. Mit dem Handy vermisst sie sich selbst, kartographiert ihren Körper. Nackt, unperfekt, intim – und zeichnet ihn so, wie sie sich sieht. Dem konventionellen, männlichen Blick auf Erotik setzt sie so eine eigene weibliche Interpretation entgegen. Im Perspektivwechsel will Jeanne den fremdbestimmten Blick auf ihren Körper abschütteln.
Beim Zeichnen ist man gar nicht mehr so darauf konzentriert, was schön oder hässlich ist an meinem Körper. Falten, Speck und Rundungen sind eigentlich interessant.
Auch mit 27 Jahren versuche sie immer noch, Teile ihres Körpers zu verstecken, erzählt die Künstlerin. Beim Zeichnen verschwinde der Fokus auf schön oder hässlich, Falten, Speck und Rundungen würden interessant. Mit ihrem schonungslosen Blick auf sich selbst erobert Jeanne sich den Raum wieder zurück. Den Raum, der besetzt war durch perfekte Bilder aus Dessous-Werbung oder Hollywoodfilmen. Ein Moment des Innehaltens braucht es, bis man den Körper in ihren Werken erkennt. Ihre Kunst ist ehrlich, explizit und dadurch nicht pornografisch.
Von abstrakt bis explizit
Die zehn Frauen, die hinter dem Magazin stehen, waren genervt, dass sie sich nirgends mit ihrer Erotik auseinandersetzen konnten. Den Raum dafür schufen sie sich selbst, malten, zeichneten, fotografierten und diskutierten darüber. 2018 entstand ein erstes Magazin mit ihren Arbeiten, dass sie schlicht "Das Erotik-Magazin" nannten. Mittlerweile kuratieren sie die weiteren Ausgaben. Es sind Sammlungen, die gedruckt schon fast anachronistisch wirken.
Eine Künstlerin, die ihre Fotografien dem Magazin zuliefert, ist Anne-Kathrin Schleif, Studentin der Medienkunst an der Bauhaus Uni. In ihrer Fotografie spielt sie mit nackter Haut, ihren Formen und Formbarkeit, mit verschachtelten Körpern und schafft so Gegenbilder zur Hochglanzpornografie. Sie fotografiert Freunde und Bekannte. Die Fotos, die daraus entstehen, sind anonym, aber durch die extreme Nähe wieder intim.
Ich kann auch auf der Blumenwiese stehen und Erotik empfinden. Das ist viel spannender als diese platte Erotik, die mir ins Gesicht schreit.
Nackte Hintern und Brüste werden durch Nahaufnahmen zu eigenen abstrakten Kunstwerken. Die aufwühlen, irritieren und verwirren. Anstatt mit platten Posen, wie in billigen Erotikmagazinen, arbeitet Anne-Kathrin mit einer sinnlichen, pointierten und feinsinnigen Ästhetik. Erotik, das ist für sie das zwischen zwei Personen. Und auch auf einer Blumenwiese könne man Erotik empfinden. Das sei viel spannender, als platte Erotik, die ins Gesicht schreit.
Es ist eine sehr breite Auffassung von Erotik. Teils abstrakt, teils explizit. Aber nicht nur weiblich. Zwar kuratieren zehn Frauen das Magazin. Aber auch männliche Künstler veröffentlichen darin – und sind ausdrücklich erwünscht.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | artour | 13. Februar 2020 | 22:05 Uhr