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Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel lässt im Herzoglichen Museum Gotha Ausstellungs-Objekte durch ihre Texte sprechen. Bildrechte: Lisa Wudy, MDR

Installation "Sprechende Objekte"Miku Sophie Kühmel lässt in Gotha Ausstellungsstücke sprechen

von Lisa Wudy, MDR

Stand: 12. Oktober 2022, 18:53 Uhr

Ein besonderer Museumsbesuch: Im Herzoglichen Museum Gotha nähert sich die Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel den Ausstellungsobjekten auf ungewöhnliche Art und Weise. Mit der Text-Installation "Sprechende Objekte" lässt die Autorin die Ausstellungsstücke selbst zu Wort kommen. Das ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern einen neuen Zugang.

Seit Dienstag wurde das Herzogliche Museum in Gotha mit neuen Installationen ausgestattet. Mit einem literarischen Experiment will die Stiftung Schloss Friedenstein einige ihrer Ausstellungsobjekte selbst sprechen lassen. In Zusammenarbeit mit der Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel startete die Stiftung ein museales Experiment. Mit literarischen Objekttexten sollen die Besucherinnen und Besucher in einfacher, aber poetischer Sprache eine neue Perspektive auf die Museumswelt und ihre Gegenstände bekommen.

Die in Gotha geborene Schriftstellerin Miku Sophie Kühmel hat für insgesamt acht Museumsobjekte Kurztexte verfasst. Damit hat sie versucht, die Ausstellungsstücke des Museums selbst sprechen zu lassen. Die Texte sind nun in mehreren Installationen im ganzen Museum verteilt zu lesen.

Ausstellung zugänglicher machen

Im Herzoglichen Museum Gotha werden europäische und außereuropäische Kunstobjekte gezeigt, die aus der Antike bis zur Neuzeit stammen. Eine Fülle von kunst- und kulturhistorischen Informationen. Nicht selten bekommen die Museumsbesucherinnen und -besucher nur über die darunter stehenden kleinen Schilder Informationen über die Ausstellungsobjekte.

Die Beschilderungen geben Auskunft über die Künstlerin oder den Künstler, den Titel und die Entstehungszeit, vielleicht gibt es noch einen kleinen Text über die Geschichte des Ausstellungsstückes. Oftmals sind die Informationen auch noch im Fachjargon formuliert. Mit den Mitteln der Literatur versucht Kühmel das aufzubrechen, und somit die Sammlung für die Besucherinnen und Besucher zugänglicher zu machen.

Kühmel will mit ihren Bildern Dialoge anregen

Die von Kühmel verfassten Kurztexte sind aus der Perspektive der Ausstellungsobjekte geschrieben. So kommt beispielsweise eine japanische Schreibschatulle, ein Katzensarg aus dem alten Ägypten oder eine Ranke auf einem alten Altarbild zu Wort. Kühmel wollte diese Objekte unbedingt selbst sprechen lassen, erzählt sie, ohne dass es kitschig, esoterisch oder irgendwie seltsam daherkäme.

"Die Objekte sprechen zu lassen war für mich eine Herausforderung, wo ich gleich wusste, ich würde das gerne ausprobieren", so Kühmel. Inspiriert wurde sie unter anderem durch die Autorin Sharon Dodua Otoo. Ihre Erzähltechnik ermögliche eine neue Perspektive auf die Museumsobjekte. Diese würde gleichzeitig auch eine Möglichkeit bieten, das eurozentrischen Kulturgedächtnis aufzubrechen und einen Dialog anzuregen.

Neue Perspektiven auf Altes schaffen

Es ist ein Versuch, in einen sehr sachlichen Raum einzugreifen, beschreibt die 30-jährige Autorin weiter. Dadurch will sie eine neue Perspektive auf etwas Altbekanntes schaffen. Die Texte sollen in den Besucherinnen und Besucher auch eigene Assoziationen wecken und dazu inspirieren, sich einen eigenen Zugang zum Museum und zur Ausstellung zu schaffen. Sie sollen dazu anregen, dass sich die Besucherinnen und Besucher mit den Objekten beschäftigen, welche auf den verschiedensten Wegen in die Sammlung gelangt sind, so Kühmel.

Sprechende Objekte: Das Ausstellungsstück „Astrolabium mit Planisphäre“ erklärt sich selbst in einem Text von Miku Sophie Kühmel. Bildrechte: Lisa Wudy, MDR

„Ich bin die Orientierung im Unsichtbaren. Kann euch verraten, wo ihr seid, wie weit ihr euch dreht. Und manchen, wenigen, sage ich voraus, wie weit es gehen könnte, denn ich bin selbst ein Stern. Und Himmelsrichtungen sind meine Sprache.“

Der Textausschnitt ist vor dem Ausstellungsstück mit dem Titel "Astrolabium mit Planisphäre" zu lesen. Der Informationstext gibt zwar an, dass das Astrolabium ein wissenschaftliches Instrument aus dem 16. Jahrhundert ist, nicht aber, wozu es den Menschen früher gedient hat. Der Text von Kühmel schafft es, das auf eine sehr poetische und phantasievolle Art und Weise zu beschreiben.

Zugang zur Kunst- und Kulturgeschichte

Das museale wie literarische Projekt soll möglichst viele Menschen erreichen, sagt Christoph Mauny, der Projektleiter und Referent für Vermittlung der Stiftung Schloss Friedenstein. Die von Kühmel verfassten Kurztexte sollen keinesfalls die Objekttexte ersetzen, sondern vielmehr ergänzen, so Mauny weiter. Gleichzeitig sei es auch ein Anliegen gewesen, die bisherigen Ausdrucksmittel in Museen zu hinterfragen. Denn im Vergleich zu den wissenschaftlich formulierten Informationstexten in Museen würden künstlerische Texte etwas in den Besucherinnen und Besuchern auslösen. Etwas, was nachdenklich macht und nicht gleich vergessen wird.

Die literarischen Objekttexte sind eine Möglichkeit, die Barriere der Verständlichkeit zu senken. Die Fülle an kultur- und kunsthistorischen Informationen den Menschen zugänglicher zu machen. Vor allem für ein jüngeres Publikum. Das hat Kühmel mit ihren insgesamt acht Kurztexten geschafft.

Die Installation "Sprechende Objekte" von Miku Sophie Kühmel bildet den Auftakt zu der Reihe "Beredsamkeit der Dinge", die anlässlich des Thüringer Themenjahres "Welt übersetzen. Sprache lesen, hören, sehen in Thüringen" entstanden ist. Die Texte können noch bis zum 15. Januar 2023 im Herzoglichen Museum gelesen werden. Zudem ist es auch möglich, sie online nachzuhören.

Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

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Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | 09. Oktober 2022 | 15:45 Uhr