Literatur Matthias Jügler ist neuer Stadtschreiber von Halle: "Für mich ist das wirklich was Besonderes!"

Matthias Jügler ist der neue Stadtschreiber von Halle, der Stadt, in der er seine Kindheit und Jugend verbracht hat. Eigentlich hatte der Wahl-Leipziger sich vorgenommen, nie wieder in die Saalestadt zurück zu kommen – doch jetzt freut er sich riesig darauf. Was er in der Zeit des Stipendiums vor hat und warum er die Liebe zu seiner Heimatstadt neu entdeckt hat, hat er im Gespräch mit MDR KULTUR beschrieben.

Der Schriftsteller Matthias Jügler
Der 1984 in Halle geborene Schriftsteller Matthias Jügler beschäftigt sich intensiv mit der Zeit der DDR. Bildrechte: Franziska Hauser

Der Autor Matthias Jügler ist neuer Stadtschreiber seiner Heimatstadt Halle. Das hat die Stadtverwaltung am Donnerstag mitgeteilt. In ihrer Begründung hieß es, sie ehre mit der Ernennung einen Mann, der seiner Geburtsstadt durch sein Wirken schon jetzt ein literarisches Denkmal für die 80er-Jahre gesetzt habe. Jügler erhält das Stadtschreiber-Stipendium 2023 für die Dauer von sechs Monaten und folgt auf die Kanadierin Barbara Thériault.

Halle: Rückkehr des verlorenen Sohnes

Eigentlich habe er die Stadt vor ein paar Jahren verlassen, um nie mehr wieder zu kommen, erzählte Jügler im Gespräch mit MDR KULTUR. Doch jetzt freue er sich darauf. Die Zeit habe seine Sicht auf seine Geburtsstadt verändert. Der Autor verbrachte seine Kindheit im Plattenbaugebiet Halle-Silberhöhe. Nun werde er zwischen Leipzig und Halle pendeln, einen temporären Umzug nach Halle habe er derzeit nicht geplant.

Halle wird mein Tagesaufenthaltsort sein und dann gibt es Feierabend und dann fahre ich nach Hause, nach Leipzig.

Matthias Jügler

Für die Stadtschreiberzeit habe sich Jügler vorgenommen, eine kleine Lesetour in verschiedenen Stadtteilen von Halle zu machen und dabei aus seinem Roman "Die Verlassenen" vorzulesen, der ja in Halle spiele. Zudem will er sich journalistisch bzw. literarisch mit der Stadt auseinandersetzen.

Neuer Roman soll in Halle entstehen

Vor allem aber will Jügler in der Zeit an seinem aktuellen, mittlerweile dritten Roman arbeiten, der in etwa einem Jahr erscheinen soll und der auch in der DDR spielt. Es ist ein Thema, das ihn umtreibt: der Bruch '89/'90, die SED-Diktatur, das Hineinbegeben in die BRD. Was hat das mit den Menschen gemacht und wie geht es denen heute, fragt sich Jügler literarisch.

Die Handlung seines gerade im Entstehen begriffenen Werkes hat der Schriftsteller im Gespräch mit Thomas Bille von MDR KULTUR umrissen: Ein etwa 60-jähriger Mann sucht seinen Sohn, der in den 70er-Jahren verstorben sein soll. Oder etwa nicht?

Jüglers Stasi-Roman brachte Erfolg

Matthias Jügler: Die Verlassenen
Cover von Matthias Jüglers Roman "Die Verlassenen" Bildrechte: Penguin Verlag

Matthias Jügler wurde 1984 in Halle (Saale) geboren. Er studierte in Greifswald, Oslo und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sein Debütroman "Raubfischen" erschien 2015, sechs Jahre später folgte der zweite Roman "Die Verlassenen", der ein großer Erfolg wurde. Im vergangenen Jahr bekam Jügler den mit 12.000 Euro dotierten Klopstock-Preis für neue Literatur.

Stadtschreiber aus aller Welt in Halle

Vor einigen Jahren wurde das Stadtschreiber-Stipendium in Halle für den gesamten deutschen Sprachraum geöffnet und zog bereits Literaturschaffende aus aller Welt an. Mit Matthias Jügler ist erstmals seit 2015 wieder ein gebürtiger Hallenser in dieser Position. Wie zahlreiche Autorinnen und Autoren vor ihm, folgt er damit einer langen Tradition: Die Stadtschreiber sollen sich in das Leben der Stadt einmischen und Chronik führen. Im Gegenzug wird ihr künstlerisches Schaffen mit einer Förderung und einer Unterkunft unterstützt. 

Quelle: Gespräch mit Thomas Bille von MDR KULTUR, Eigenrecherche MDR KULTUR / Red. Bearbeitung: op

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 08. März 2023 | 16:10 Uhr

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