Auszeichnung"Die Schönsten Bücher aus aller Welt": Leipziger Verlag Spector Books zwei Mal ausgezeichnet
In Leipzig haben Jurorinnen und Juroren aus fünf Ländern am Donnerstag die "Schönsten Bücher aus aller Welt" gekürt. Im Wettbewerb 2023 standen fast 600 internationale Titel. Eine der beiden Silbermedaillen bleibt in der Stadt – ausgezeichnet wird "Chez Schnabel", ein Ausstellungskatalog der Leipziger Comic-Künstlerin Anna Haifisch. Die Preisverleihung findet im April auf der Leipziger Buchmesse statt, dort werden alle ausgezeichneten Bücher auch zu sehen sein.
Im Sitzungssaal der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig herrscht konzentrierte Arbeitsatmosphäre: Auf den zu langen Reihen aneinandergestellten Holztischen türmen sich Bücherstapel, jedes Gebirgsmassiv zeigt die preisgekrönte Produktion einer Nation. Mit spitzen Fingern betasten Jurorinnen und Juroren aus fünf Ländern Leinenrücken, mustern Satzspiegel, machen sich Notizen. Für Aslak Gurholt (Norwegen), Billy Kiosoglou (Großbritannien/Griechenland), Siri Lee Lindskrog (Dänemark), Maša Poljanec (Kroatien) und Coline Sunier (Frankreich) ist es die erste Gelegenheit seit langem, physisch aufeinanderzutreffen.
Leipziger Jury trifft sich nach Corona erstmals wieder live
"Es ist wie Weihnachten!", freut sich Gurholt über die endlich wiedergekehrte Normalität: "Als ich zum ersten Mal eingeladen wurde, konnte ich wegen der Corona-Beschränkungen nicht kommen. Beim zweiten Anlauf war ich selbst an COVID erkrankt. Ich habe auf das hier fast drei Jahre warten müssen." Noch 2021 konnte die finale Jury-Diskussion nur online erfolgen. Für Gurholt, der in Oslo sein Designstudio "Yokoland" betreibt und selbst schon bei den "Schönsten" ausgezeichnet wurde, eigentlich ein Unding:
Bücher sind etwas, das du spüren musst: Du musst dich mit der Herstellung befassen, du musst ein Verständnis für Format und Papier entwickeln. Immer geht es um das Buch als Objekt!
Aslak Gurholt, Jury-Mitglied
Fast 600 Bücher im Rennen um den Schönheitstitel
Preisgekrönte Bücher aus 30 Ländern, von Österreich bis Venezuela, werden in einem zweitägigen Auswahlverfahren auf Herz und Nieren geprüft. Gesucht: die Schönsten der Schönen. Für Billy Kiosoglou, der seine Ende der Nullerjahre mit Freunden in London gegründete Design-Agentur nach einem Pavement-Song "Brighten the Corners" nannte, ist der Jury-Marathon Last und Lust in einem: "Wir haben uns durch fast 600 Bücher gearbeitet ... Das ist ziemlich anstrengend! Aber es ist auch eine irre Erfahrung, in diesem Kontext Entscheidungen zu treffen. Es verändert auch die Art und Weise, wie du an deine eigene Arbeit herangehst."
Ausgezeichnete Bücher und Autor*innen
Die Juroren haben dabei einen Spagat zu bewältigen: Trotz kulturbedingter Unterschiede in der Buchproduktion wird der Versuch unternommen, das technische und ästhetische Niveau jenseits nationaler Grenzen zu vergleichen. Spürt man angesichts der Größe der Aufgabe so etwas wie Lampenfieber? Siri Lee Lindskrog, deren in Kopenhagen gegründetes Studio "Formal Settings" inzwischen einen Berliner Ableger hat, ist das nicht fremd: "Ich denke, es gibt dieses Gefühl", gesteht sie. "Aber stärker und für mich wichtiger ist doch der Eindruck, dass ich hier einiges bewirken kann."
Schönstes Buch der Welt kommt 2023 aus der Schweiz
Die aktuelle Auswahl der Jury jedenfalls hat es in sich: Im Fall der höchsten Auszeichnung, der Goldenen Letter, die in diesem Jahr an eine Werkschau des Schweizer Künstlerpaars Susi und Ueli Berger ging (Kunst am Bau und im öffentlichen Raum 1968 – 2008, Scheidegger und Spieß), funktioniert Buchgestaltung als perfekte Einladung. Das umfangreiche Œuvre der Bergers, das über Jahrzehnte das Bild des öffentlichen Raums der Schweiz prägte, wird in einer Farbstimmung präsentiert, die den Betrachter in den Bann zieht und zum Teil dieser Welt macht – ganz ohne typografischen Schnickschnack.
Leipziger Verlag Spector Books zwei Mal ausgezeichnet
Eine der beiden Silbermedaillen bleibt in Leipzig: Ausgezeichnet wird "Chez Schnabel", ein von Anja Kaiser gestalteter Ausstellungskatalog der Comic-Künstlerin Anna Haifisch, der anlässlich der Verleihung des LVZ-Kunstpreises bei Spector Books erschien. Ein Band wie ein Statement, ein seltener Glücksfall, bei dem sich Designerin und Illustratoren keine Limits gesetzt haben. Unter den 14 mit Edelmetall und "Lobenden Anerkennungen" prämierten Titeln finden sich auch Bücher aus Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Finnland.
"Die Schönsten Bücher aus aller Welt" 2023
Goldene Letter: Schweiz
Susi + Ueli Berger. Kunst am Bau und im öffentlichen Raum 1968-2008 (Scheidegger + Spiess)
Goldmedaille: Österreich
Caroline Heider, Ruth Horak u. a.: Fotografie als Motiv (Mark Pezinger Books)
Silbermedaille: Deutschland
Anna Haifisch: Chez Schnabel (Spector Books)
Silbermedaille: Schweiz
Aleix Plademunt: Matter (Spector Books)
Schönsten Bücher der Welt seit 1963 in Leipzig gekürt
Seit 1963 ist Leipzig Schauplatz des weltweit einzigartigen Gestaltungswettbewerbs. Seit 1991 wird er von der Stiftung Buchkunst ausgerichtet. Ein Schatzhaus an Erfahrungen, das auch heutige Top-Gestalterinnen wie Lindskrog beeindruckt:
Was diesen Wettbewerb interessant macht, ist zuallererst die Geschichte, die sich in ihm nachvollziehen lässt. Das erlaubt uns zurückzuverfolgen, was sich über die Jahrzehnte verändert hat, was die Trends in bestimmten Regionen zu bestimmten Zeiten waren.
Siri Lee Lindskrog, Jury-Mitglied
Einmal mehr erweist sich der Wettbewerb "Schönste Bücher aus aller Welt" als ein von Respekt getragener Dialog der Weltkulturen, der bereichert und inspiriert – erst recht, wenn mitten in Europa ein Krieg tobt. Denn auch die Ukraine hat Bücher nach Leipzig eingereicht. Berührend zu sehen, dass Menschen, trotz all der Schrecken des Krieges, darauf beharren, Bücher zu machen und auszuzeichnen.
Weitere Informationen
Zur Leipziger Buchmesse (27.–30. April 2023) sind alle ausgezeichneten Bücher am Stand der Stiftung Buchkunst zu sehen (Halle 2, Stand G 600/F 601).
Die Preisverleihung findet auf der Buchmesse am 28. April um 16 Uhr inmitten der schönsten Bücher statt.
(Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic, Mandy Schalast-Peitz)
Mehr Buchtipps und Empfehlungen
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 30. März 2023 | 12:10 Uhr