InitiativeWie der Verein "Löbau lebt" Kultur und Leben in die Provinz bringt
Abwanderung, Überalterung und fehlende Perspektiven – davon sind hierzulande viele Städte und Gemeinden im ländlichen Raum seit der Wiedervereinigung geprägt. Auch Löbau in Sachsen. Doch den Kopf in den Sand stecken gilt hier nicht – zumindest nicht für einige engagierte Frauen und Männer, die seit einigen Jahren mit ihrem Verein "Löbau lebt" für mehr Leben in ihrer Stadt sorgen.
Die noch junge Geschichte von "Löbau lebt" beginnt 2016 mit einer Ausstellung zur Historie des alten Gewandhauses in eben demselben. Sechs junge Männer, alle Ende 20, Anfang 30, hatten sich damals zusammengetan, um die unansehnliche Ruine im Stadtzentrum – zumindest kurzzeitig – aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Bei den Löbauern kam das gut an, rund 800 Besucherinnen und Besucher strömten in das 1825 erbaute Gebäude und ließen die glorreichen Jahre des Hauses, das Theater, Kino und während der DDR-Zeit Verwaltungssitz der HO (staatliches DDR-Einzelhandelsunternehmen "Handelsorganisation") war, noch einmal Revue passieren.
In Löbau fehlen: Kneipen, Kino, Theater
Dabei beließen es die Initiatoren jedoch nicht, sondern befragten die Löbauer gleichzeitig, was ihnen in ihrer Stadt fehle. Kneipen, Kino, Theater – die Antworten überraschten kaum in einer Region, die seit der politischen Wende von Abwanderung, Überalterung und fehlenden Perspektiven geprägt ist.
Genau an diesem Punkt setzte der Verein "Löbau lebt" an. Anfangs noch ohne festen Anlaufpunkt, später in einem kleinen umgebauten Kiosk in der Innenstadt, begannen die jungen Männer und mittlerweile auch Frauen der Initiative, die Wünsche der Löbauer, die sich mit ihren eigenen deckten, in die Tat umzusetzen. Sie veranstalteten Straßenfeste, kleine Konzerte, Kinovorstellungen und Workshops, fanden Partner in anderen Löbauer Vereinen, aber auch im Neiße Filmfestival und dem Fabmobil (eine fahrende Kunst- und Digitalwerkstatt für den ländlichen Raum) und machten sich so einen Namen in der Stadt.
Vielfältige Angebote: 3D-Druck, Konzerte, Integrationstreff
Seit 2019 hat "Löbau lebt" sein Domizil im Zentrum der Stadt, in der Bahnhofstraße 26, der "Kultur.Werkstatt B26". Damit etablierte der Verein ein soziokulturelles Zentrum, das unterschiedlichste Zielgruppen unter einem Dach vereint.
So gibt es im Erdgeschoss den Maker-Space "Geistesblitz", wo Jugendliche eigenständig mit digitalen Technologien, wie 3D-Druck, Laserschneiden und virtueller Realität experimentieren. Auch andere Initiativen haben im B26 eine Heimat gefunden, wie etwa ein Integrationstreff oder eine engagierte Frauengruppe. Sie nutzen vor allem das obere Stockwerk der Kulturwerkstatt, eine Art Lounge mit antiquiertem Mobiliar, in dem der Verein "Löbau lebt" selbst regelmäßig Kino und Konzerte veranstaltet. Nach wie vor geschieht alles ehrenamtlich.
Neuer Schwerpunkt: Demokratieförderung
Da sich die Mitstreiterinnen und Mitstreiter von "Löbau lebt" als Vermittler verstehen in einer Region, in der die AfD als stärkste Kraft aus der letzten Bundestagswahl hervorgegangen ist und sich die gesellschaftlichen wie politischen Gräben zwischen den Menschen zunehmend vertiefen, stellt sich der Verein künftig neuen Aufgaben. So ist er seit kurzem Träger einer Beratungsstelle für "Partnerschaften für Demokratie" und unterstützt Vereine und Institutionen im Landkreis Görlitz dabei, Projekte gegen Ausgrenzung, für mehr Miteinander umzusetzen.
Außerdem gehört "Löbau lebt" zu den vom sächsischen Justizministerium geförderten "Orten der Demokratie". In seinen Projekten wird sich der Verein hierbei in den nächsten Jahren speziell auf Bildungsangebote für junge Frauen und Mädchen und zu ihrer Rolle in der Gesellschaft konzentrieren sowie einen Schwerpunkt auf das Thema LGBTQ+ legen.
Kultur in Ostsachsen entdecken: Görlitz, Bautzen, Zittau
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 05. November 2021 | 17:10 Uhr