Wiedervereinigung Warum die Ostdeutschen heute immer noch unterrepräsentiert sind
Hauptinhalt
Markus Meckel findet, es gebe es keine gemeinsame Erzählung über den Prozess der Vereinigung Deutschlands. Nach 30 Jahren hat einer der letzten Außenminister der DDR ein Buch mit seinen Erinnerungen vorgelegt. "Zu wandeln die Zeiten" erschien in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig.

Markus Meckel, Außenminister der DDR bis zum Bruch der Großen Koalition und Mitglied des Bundestages von 1990 bis 2009 sieht bis heute viele Fehler im Prozess der Vereinigung Deutschlands. Er sagte MDR KULTUR, bis heute gebe es keine gemeinsame Erzählung über den Prozess der Vereinigung: "In der Öffentlichkeit hieß es lange, und so heißt es auch heute noch, Helmut Kohl hat nach dem 9. November die Deutsche Einheit gemacht. Ich sage, sie ist das Ergebnis von Verhandlungen zweier demokratisch gewählter Regierungen in Ost und West." Er kritisiert, dass der DDR-Regierung nach dem Mauerfall bis heute nicht wirklich ein Platz im Rechtssystem gegeben werde.
Vernachlässigte Strukturpolitik
Meckel ist froh und dankbar darüber, wie sich Ostdeutschland entwickelt hat: "Die Städte sind aufgebaut, die Kultur ist lebendig." Aber er sagt auch, Strukturpolitik sei lange Zeit vernachlässigt worden.
Die allermeisten neu gegründeten Institute der letzten 30 Jahre sind im Westen gelandet und das ist ein großer Vorwurf!
Professoren aus dem Westen
Wenn er auf die Zeit nach dem Mauerfall blickt, dann sieht er manches, das seiner Ansicht nach nicht optimal gelaufen ist, zum Beispiel an den Universitäten des Landes: "Da kamen die Professoren aus dem Westen und brachten natürlich ihre Assistenten mit. Die besetzten die Stellen, sodass wir bis heute, glaube ich, nur eine Hochschule haben, wo es eine ostdeutsche Rektorin gibt."
Evangelische Kirche im Osten
Ähnlich sei das in den Ministerien: "Aber sogar da, wo die Ostdeutschen selber entscheiden, etwa bei Bischofswahlen, habe ich es dann doch mit manchem Befremden gesehen, dass die Ostdeutschen einen Bischof aus dem Westen gesucht haben.“ Ein bestimmtes Erfahrungswissen sei dann oft nicht da. Auch im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei keiner mehr, der noch wisse, wie Kirche in der DDR lief: "Bei vielen Fragestellungen ist das aber doch auch wichtig."
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. September 2020 | 11:00 Uhr