Traditionsfest Warum das Dresdner Elbhangfest 2023 auszufallen droht
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Das Dresdner Elbhangfest, das 1991 als Bürgerfest entstanden ist, steht vor einer großen Schicksalsentscheidung: Der Verein muss das geplante große Programm in diesem Jahr vom Kartenvorverkauf abhängig machen. 12.000 Tickets müssen vorab verkauft sein, damit Ende Juni drei Tage lang entlang der Elbe bis Pillnitz gefeiert werden kann. Doch der Vorverkauf für das Elbhangfest läuft schleppend – bedeutet das das Aus für 2023?

Es wäre ein deprimierendes Signal für das Erbe der aus dem Aufbruchsgeist der Jahre 1989/90 entstandenen Dresdner Bürgerfeste, müsste auch das Elbhangfest aufgeben. So erging es bereits der einst legendären "Bunten Republik Neustadt" und ihrem "HechtFest"-Ableger im gleichen Stadtteil.
Auf Plakaten und im Internet bittet nun der Elbhangfest e.V. die Dresdner, mit dem Erwerb von Tickets im Vorverkauf das Überleben des Festes zu sichern. Bis zum 15. April sollen 12.000 Karten zum ermäßigten Preis von 18 Euro verkauft sein, gültig für drei Kulturtage entlang der Elbe zwischen dem Loschwitzer "Blauen Wunder" und Schloss Pillnitz. Wetterrisiken und gestiegene Kosten könnten so abgefedert werden. Am Dienstag, dem 18. April, entscheidet dann die Mitgliederversammlung des Vereins, ob das Elbhangfest 2023 im geplanten Umfang stattfinden kann.
Dresdner Elbhangfest ringt ums Überleben
Nach der Corona-Zwangspause gelang im Vorjahr am letzten Juni-Wochenende ein verheißungsvoller Wiederbeginn. Bei idealem Wetter kamen 27.000 Besucher. Corona-Gelder aus dem Bundesprogramm "Neustart Kultur" stützten die Finanzierung. "Das hat Lust und Laune gemacht und uns bestärkt, weiterzumachen mit dem bisherigen Konzept eines großen Festes", blickt Vereinsgeschäftsführer Jörg Ullrich zurück.
Das "Große Fest" meint nicht nur den traditionellen Festumzug auf der sieben Kilometer langen Strecke, die natürlich auch gesichert werden muss. Dort warten zahlreiche kleine und größere Bühnen auf Besucher, zwei Weindörfer, aber auch Händler und fliegende Anbieter von Speisen und Getränken. Im umfangreichen und anspruchsvollen Programm dominiert Musik aller Genres. Hinzu kommen Tanz und Artistik, Lesungen oder Kinderprogramme.
Wachsender Kostendruck und spontanere Veranstaltungsbesuche
Doch der Optimismus musste inzwischen mehrere Dämpfer verkraften. Mit der Corona-Kulturförderung des Bundes ist nicht mehr zu rechnen. Sponsoren und Förderer zögern wegen der angespannten Wirtschaftslage. Die Stadt Dresden schmückt sich zwar gern mit dem Bürgerfest, steuert aber lediglich 8.000 Euro für den Umzug bei. "Das ist nur ein Prozent der Gesamtkosten", rechnet Geschäftsführer Ullrich vor. Das Ortsamt Loschwitz lobt er aber für seine etwa 16.000 Euro teure Abschlussreinigung.
Das Sicherheitskonzept und seine Umsetzung kosten mehrere zehntausend Euro. Dabei werden die bürokratischen Hürden immer höher. Ullrich musste sich schulen lassen, um künftig am frühen Morgen persönlich die korrekte Aufstellung aller Schilder und Absperrungen nach DIN-Norm zu kontrollieren.
Etwa 100.000 Euro müssen für Künstlerhonorare eingeplant werden. Der Elbhangfestverein muss alle Aufwendungen zu zwei Dritteln aus Karteneinnahmen selbst bestreiten. Nach Corona und wegen des allgemeinen Krisenbewusstseins aber besuchen Bürger Veranstaltungen immer spontaner. "Diese kurzfristige Entscheidung steht unserem Wunsch nach langfristiger Risikoabsicherung entgegen", bedauert Geschäftsführer Ullrich.
Spontanes Nachbarschaftsfest im Juni als Alternative
Unabhängig von der Entscheidung über die große Form wird es im Juni aber ein Elbhangfest geben, sind viele Anwohner entlang der rechtselbischen Pillnitzer Landstraße überzeugt. Und sei es in der persönlich-nachbarschaftlichen Ursprungsvariante der ersten Jahre nach 1991 mit geöffneten Häusern und Gärten und kulturellen Spontandarbietungen.
Cellistin Katrin Meingast beispielsweise betreibt in Wachwitz eine kleine Kulturscheune und schwärmt vom Streichquartett im Garten, während in der Küche für unbekannte Gäste gekocht wurde. Wie erstaunlich viele Einwohner auch könnte sie die kommerziellen Volksfest-Attribute entbehren.
Beides bestand die 30 Festivaljahrgänge nebeneinander, und das Vereinsbüro lobt dieses nachbarschaftliche Engagement ausdrücklich. Jörg Ullrich weiß von 40 bis 50 Orten, die spontan einladen wollen. Nach der akut anstehenden Entscheidung werde der Verein ohnehin einen Klärungsprozess über den künftigen Charakter und den Aufwand des Elbhangfestes einleiten und dazu auch die Bürger befragen.
(Redaktionelle Umsetzung: Valentina Prljic)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 14. April 2023 | 07:40 Uhr