Szene aus der Doku "Bye Bye Kummer"
Kummer spielte sein Abschiedskonzert zwei Mal in der ausverkauften Berliner Wuhlheide Bildrechte: rbb/Philipp Gladsome

Interview Felix Kummer: "Ich vermisse Kummer überhaupt nicht"

05. Mai 2023, 10:32 Uhr

Felix Kummer kennt man vor allem als Sänger der Chemnitzer Band Kraftklub. 2019 startete er sein Soloprojekt, das er schlicht "Kummer" nannte und das viel erfolgreicher wurde, als er selbst erwartet hatte. Doch nach drei Jahren erklärte er das Projekt wieder für beendet. Der krönende Abschluss waren zwei Abschiedskonzerte in der Berliner Wuhlheide vor insgesamt 34.000 Menschen unter dem Motto "Bye Bye Kummer". An diesen beiden letzten Tagen hat ihn ein ARD-Team begleitet, die dreiteilige Doku ist nun in der ARD-Mediathek zu sehen. Im Interview spricht Felix Kummer über all das und erklärt, warum seine Schwestern von Blond jetzt weitermachen können mit Kummer.

MDR KULTUR: Felix Kummer, Ihr letztes Solo-Konzert ist nun über ein halbes Jahr her. Sie sind inzwischen wieder mit Ihrer Band Kraftklub unterwegs, mit der Sie auch ein neues Album veröffentlicht haben. Wie sehr vermissen Sie Kummer?

Felix Kummer: Ja, gute Frage. Tatsächlich kam das schon mal vor. So sehr ich mir auch gewünscht hatte, dass endlich mal wieder was los ist im Backstage nach dieser ganzen Zeit als Solo-Artist und während Corona. Jetzt ist es mir das teilweise fast schon ein bisschen zu viel und ich denke: Das war ziemlich entspannt bei Kummer. Da bin ich ja teilweise ganz alleine getourt und einfach mit dem Zug in die nächste Stadt gefahren. Aber im Großen und Ganzen vermisse ich es natürlich überhaupt nicht. Ich bin sehr froh, dass ich wieder mit der Band zusammen bin!

Hat sich die Gruppendynamik in der Band verändert, als Sie nach so großen Solo-Erfolgen wieder zurückgekehrt sind?

Naja, ich war ja vorher bei Kraftklub auch nicht der Typ im Hintergrund. Ich habe bei Kraftklub quasi ähnliche Funktionen wie solo: Ich bin der Typ, der mit den Leuten redet, der die Kommunikation mit dem Publikum übernimmt. Es ist also nicht so, dass die anderen mich jetzt erst ernst nehmen. Ich kann immer noch kein Instrument spielen. Ich bin immer noch der unmusikalischste in der Gruppe.

Aber sind die Hebel länger geworden? Sie könnten ja der Band auch gezeigt haben: Ich kann ohne euch – aber wie ist es umgekehrt?

Den Hebel habe ich ja direkt abgeschlagen, indem ich gesagt habe: Das ist das letzte Mal jetzt. Sonst hätte ich immer sagen könnten: Leute, wenn wir den Track nicht genauso machen wie ich will, dann mach ich ein Soloalbum draus (lacht). Aber dafür habe ich mit zu großer Geste Tschüss gesagt.

Als wir das letzte Mal gesprochen haben, 2019, ging es mit Kummer gerade los. Da hatten Sie dieses starke Album, aber es war noch nicht klar, was daraus werden würde. Wie sehr hat es Sie überrascht, was dann passiert ist?

Sehr – auf so vielen Ebenen. Da ist noch so viel passiert. Also nicht nur, dass dieses Album schon so ein großer Erfolg wurde ... Danach kam Corona und dann noch mal ein Song von mir, womit ich plötzlich einen Hit-Hit hatte. Der "Alles wird gut"-Song trägt glaube ich auch zu einem großen Teil die Verantwortung dafür, dass das letzte Konzert dann eben nicht in der Max-Schmeling-Halle, sondern in der Wuhlheide stattfand. Und diese absurden Dimension waren natürlich null abzusehen. Also ja, es war alles sehr überraschend, aber irgendwie auch eine abgefahrene Erfahrung.

Bei Ihnen könnte man den Eindruck gewinnen: Er kann machen, was er will, es wird am Ende was – in der Regel was Großes. Haben Sie ein Gegenbeispiel? Abgesehen davon, dass Sie nicht auch noch Basketball-Star geworden sind ...

Ja, ja, genau, ein Kreuzbandriss hat meine große Karriere verhindert (lacht).

Aber gibt es etwas, das Sie so richtig gegen den Baum gesetzt haben?

Im Privaten gibt es leider schon das ein oder andere. Auch beruflich fallen mir Sachen ein, die nicht toll waren. Aber – das wird auch in der Doku kurz angesprochen – von hinten raus erzählt klingt natürlich alles immer so, als war total klar, dass das voll erfolgreich wird. Aber so etwas im Vorhinein zu sehen, geht glaube ich nicht. Und auch wenn das jetzt ein bisschen nach Koketterie klingt, sah ich damals nicht vor meinem inneren Auge, dass ich zweimal in der Wuhlheide spiele. Ich hab gedacht, ich mache dieses Album und eine schöne kleine Tour – und dann ist es auch in Ordnung, dann mache ich wieder mit der Band Musik. Damit war ich auch down. Ich musste das jetzt nicht in so einer Riesendimension denken. Das wäre okay gewesen für mich.

Sie haben das Soloprojekt auch gestartet, um persönlichere Texte zu schreiben, die Sie Ihrer Band nicht zumuten wollten. In der Doku sieht man, wie Fans zu Ihren Liedern weinen. Sie erzählen, dass Sie das vorher so noch nicht erlebt haben. Haben Sie davon eigentlich was mitgenommen – zurück in die Band?

Ja, ich glaube schon. Davon bleibt viel übrig.

Was denn?

Dass ich dieses Komplexhafte abgelegt habe. Als einziger Texter in einer Band von fünf Leuten, die dann alle hinter den Texten stehen müssen – das ist schon eine ziemlich wackelige Situation. Da ist man unsicher bei jedem neuen Text und fragt: Was sagt ihr dazu?

Und das ist jetzt ein bisschen entspannter?

Also zumindest entspannt in der Hinsicht, dass ich jetzt nicht nur Songs anbringe, wo ich schon ahne, dass die anderen darüber schmunzeln können oder sie ein bisschen cool finden, sondern auch Songs, wo ich sage: Ich habe hier über mich einen Text geschrieben, ich würde den euch trotzdem mal zeigen. Und das sage ich auch in der Dokumentation, das habe ich mich eben vorher nicht getraut.

Wie groß ist die Chance, das Kummer doch noch irgendwann solo zurückkommt?

Nicht groß. Obwohl die Leute immer wissen wollen, ob das Comeback direkt schon in der Mache ist.

Vielleicht haben Sie ja auch ein Angebot von Blond, also von Ihren Schwestern. Oder Ihr Vater überlegt sich, AG Geige umzubenennen und dann kommen alle Kinder zusammen …

Ja, genau! Ich bin einfach der falsche, dem die Frage gestellt wird, ob es jetzt ein neues Kummer-Album gibt. Es gibt ja meinen Bruder oder meine Schwestern noch, die könnten ja auch ein Kummer-Album machen. Sie wären dazu absolut berechtigt.

Das Interview führte Carsten Tesch für MDR KULTUR. Redaktion: Juliane Streich

Szene aus der Doku "Bye Bye Kummer"
Mit seinem Solo-Projekt Kummer ist der Kraftklub-Sänger oft ganz allein getourt Bildrechte: rbb/Philipp Gladsome

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. Mai 2023 | 10:15 Uhr