Women in Jazz Halle: Diese fünf Frauen dürfen Sie beim Jazz-Festival nicht verpassen

"New Jazz Now" – das Motto verkündet nach Corona und dem Streamingfestival im letzten Jahr Aufbruchsstimmung in Halle. Immerhin wurden 2021 über 15.000 Zuschauer erreicht, eine unschlagbare Zahl für das Festival vor Ort. Aber Streaming ist eben nicht live! Und wie aktiv die weibliche Jazzszene inzwischen ist, soll dem Publikum wieder an den vertrauten Orten präsentiert werden. Mit viel Beifall, versteht sich, denn der ist rar geworden in den vergangenen zwei Jahren.

Drei Musikerinnen
Diese drei Frauen können Sie unter anderem entdecken: Sona Jobarteh, Johanna Summer und Melanie Charles. Bildrechte: African Guild, Gregor Hohenberg, Melanie Charles

Das Festival Women in Jazz bietet 2022 in Halle viele verschiedene Perspektiven auf den Jazz: mit Pop, Weltmusik und Chanson sowie kleinen Ausflügen in Klassik oder Neue Musik. 23 Veranstaltungen mit ca. 90 Künstlerinnen und Künstlern stehen auf dem Programm. Sie kommen aus den USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Island und Deutschland und werden in rund zwei Wochen in Halle und im umliegenden Saalekreis für Stimmung sorgen. Neben der Händelhalle, der Georgenkirche, der Pauluskirche, dem Goethe-Theater Bad Lauchstädt und dem Gesellschaftshaus Magdeburg kommen in diesem Jahr die Burg Giebichenstein, ein Jazz-Picknick im Schlossgarten Merseburg und der Marktplatz Halle als Veranstaltungsorte hinzu.

Fünf Frauen, die Sie nicht verpassen sollten

Barbara Dennerlein

Wer könnte sich dem hypnotischen Sound einer Hammond-B3 schon entziehen! Und wer die Blues-Klaviatur auf ihr so einfallsreich und leidenschaftlich bedienen kann wie die deutsche Jazz-Organistin Barbara Dennerlein, hat die Fans dieses Instruments auf seiner Seite. Mit ihrem Album "Take Off" (Verve/ Universal) schaffte es die sympathische Musikerin auf Platz 1 der Jazzcharts. Auch jenseits des Atlantiks ist Barbara Dennerlein ein gefeierter Star und zählt damit zu den wenigen Künstlerinnen mit internationalem Rang an der Orgel. Dass sie auch eine Kirchenorgel, wie die der Pauluskirche in Halle, swingen kann, wird sie am Sonntag, den 1. Mai ab 17 Uhr beweisen.

Die Organistin Barbara Dennerlein bei einem Orgelkonzert vom Jazzpoint Wangen in der St. Martinskirche
Die Organistin Barbara Dennerlein liebt die Blue Notes. Bildrechte: IMAGO / Kickner

Sona Jobarteh

Eigentlich wird die Kora, ein harfenartiges Instrument mit 21 Saiten, ausschließlich von den Männern der Griot-Familien in Gambia gespielt. Die Griots sind quasi die Singer Songwriter Westafrikas, nur eben mit einer 700-jährigen Tradition. Sona Jobarteh, die aus einer solchen Griot-Familie stammt, aber in London geboren ist, beherrscht es als erste Frau professionell. Das brachte ihr fast den Job als Botschafterin für dieses faszinierende Instrument ein, könnte sie nicht auch noch überzeugend mit ihrer Stimme umgehen und moderne mitreißende Songs schreiben. Sona Jobarteh tritt am 6. Mai, 19:30 Uhr im Goethe-Theater Bad Lauchstädt auf.

Sona Jobarteh auf der Bühne
Die Künstlerin Sona Jobarteh wurde in London geboren. Bildrechte: imago/CHROMORANGE

Caecilie Norby & Lars Danielsson

Man könnte sie als das Traumpaar des nordischen Jazz bezeichnen, denn ihre Musik spiegelt Harmonie, Schönheit und Ebenbürtigkeit. Die dänische Sängerin, die ihre ersten Erfahrungen mit Pop- und Rockmusik machte, sorgte mit "Caecilie Norby" 1995 für das erste Blue Note Album einer Dänin, das sie zu einer der populärsten Jazzsängerinnen in ihrer Heimat und darüber hinaus machte. Ihre Zusammenarbeit mit dem schwedischen Bassisten Lars Danielsson ist auf ihrem dritten Album "Queen of Bad Excuses" schon 1996 zu hören. Ihr gemeinsames Album "Just The Two of Us" von 2015" mit vielen Klassikern von Joni Mitchell bis Leonard Cohen zeigt nicht nur ihre gereifte Interaktion zu zweit, sondern auch die Vielseitigkeit jedes Einzelnen in seiner Rolle als Sängerin oder an den verschiedenen zum Einsatz kommenden Instrumenten.

Johanna Summer

Zugegeben, es gehört viel Mut dazu, sich den populären Katalog von Robert Schumann herzunehmen und zum Beispiel über den fröhlichen Landmann zu improvisieren. Dass man sich das Original von Schumann nicht zurückwünscht, wenn man Johanna Summer am Klavier gehört hat, liegt am großen Talent der Musikerin aus Plauen, Stimmung und Charakter der Stücke nicht nur zu erfassen, sondern in sich aufzunehmen und die Geschichte so weiterzuerzählen, wie Schumann es heute vielleicht tun würde, wer weiß. Mit ihrem Solo-Debüt "Schumann Kaleidoskop" erspielte sich Johanna Summer eine zukunftsweisende Position beim renommierten Label Act und vom Publikum des Wettbewerbs Next Generation Women in Jazz 2021 wurde sie auf Platz 2 gewählt. Johanna Summer spielt am 11. Mai, 19:30 Uhr in der Georgenkirche Halle.

Die Künstlerin Johanna Summer vor einem gelben Hintergrund
Johanna Summers Soloalbum "Schumann Kaleidoskop" erschien 2020. Bildrechte: Gregor Hohenberg

Camilla George

Jedes Festival hat seine "Rising Stars". Sie erscheinen plötzlich wie aus dem Nichts und finden sich dann bei den meisten Festivals als Geheimtipp wieder. Nur einige können eine kontinuierliche Karriere darauf aufbauen und müssen erst beweisen, dass sie keine Eintagsfliegen sind. Die in London lebende nigerianische Saxofonistin Camilla George hat schon einen längeren Weg hinter sich, seit sie 2009 in London Ronnie Scott's Jazzclub aufmischte. Sie erarbeitete sich ihre Performance bei den Tomorrows Warriors, einer Organisation, die sich für die Ausbildung und Förderung junger Talente aus afrikanischen Einwandererfamilien einsetzt und einen besonderen Focus auf die Unterstützung von Musikerinnen legt. 2012 legte sie ihren Master in Jazz am Trinity College of Music ab, und seither ist sie nicht mehr aufzuhalten. Camilla George präsentiert ihren Groove aus Afrofuturismus, HipHop und Jazz am 13. Mai, ab 19:30 Uhr in der G.-F.-Händel-Halle in Halle.

Bei Women in Jazz sind Männer willkommen

Als eins der ersten Festivals für Musikerinnen hatte sich das vor 17 Jahren in Halle an der Saale erfundene Women in Jazz aufgestellt. Zunächst lag es damit erst mal gar nicht so im Trend, denn die selbstbewussten Frauen sahen jede Form von Quotenregelung und Institutionalisierung eher skeptisch. Dass sich die Idee nun doch zunehmend verbreitet, ist der Tatsache geschuldet, dass das Musikbusiness zum Teil immer noch von Männern dominiert wird. Und doch war die Hallenser Version des Vorstoßes in ein besetztes Gebiet alles andere als eine feindliche Übernahme. Im Gegenteil. "Ein reines Frauenfestival war von Anfang an nicht im Sinne der Musikerinnen", resümiert der Veranstalter und Erfinder des Festivals Ulf Herden im Gespräch bei MDR KULTUR.

Alle Musikerinnen musizieren gemeinsam mit Männern, aber heute sind sie die Bandleaderinnen und geben als Professorinnen Unterricht und veranstalten Workshops für Nachwuchsmusikerinnen.

Ulf Herden, Veranstalter Women in Jazz

Von fünf auf 20 Prozent habe sich dieser Anteil seit dem Jahr 2000 gesteigert, gab Ulf Herden auf der Pressekonferenz zum Festival 2022 bekannt. So wird ein internationales Dozentinnen-Team aus renommierten Musikerinnen unter der Leitung der amerikanischen Jazzpianistin Monika Herzig aus den USA parallel zum Festivalfinale vom 12. bis 15. Mai zum zweiten Mal einen Workshop Next Generation Women in Jazz ausrichten für Teilnehmerinnen, die sich im Vorfeld dafür bewerben konnten. Für diejenigen, die erst mal Tuchfühlung mit dem Jazz aufnehmen wollen, gibt es den Jazz Girls Day am Sonntag, den 8. Mai.

Übersicht der Veranstaltungen

29. April: Junior Jazz Chor Freiburg im Merseburger Schlossgarten
30. April: SWH-Saale-Jazz an diversen Standorten in Halle
30. April: Workshop für Jazz- und Gospelchöre in der Pauluskirche in Halle
1. Mai: Jazzgottesdienst in der Pauluskirche in Halle
1. Mai: Jazzkonzert (Barbara Dennerlein) n der Pauluskirche in Halle
6. Mai: Eröffnungskonzert (Sona Jobarteh) im Goethetheater in Bad Lauchstädt
7. Mai: "two jazz duos in concert" im Goethetheater in Bad Lauchstädt
8. Mai: "Conversation" (FLOW VERTICAL feat. Jasna Jovicevic) im Magdeburger Gesellschaftshaus
9. Mai: "Conversation" (FLOW VERTICAL feat. Jasna Jovicevic) in der Georgenkirche in Halle
10. Mai: Preisträgerkonzert "Next Generation Virtuell 2021" in der Georgenkirche in Halle
11. Mai: "Next Generation in Concert" in der Georgenkirche in Halle
12. bis 15. Mai: "Next Generation Women in Jazz Workshop" in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle
12. Mai: "SHERoes" in der Georgenkirche in Halle
13. Mai: "Jazz for Kids" in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle
13. Mai: "in concert" (Bria Skonberg) in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle
14. Mai: Stadtführung "Halle – mal jazzig gesehen"
14. Mai: Jazzkonzert auf dem Europacarillon auf dem Marktplatz in Halle
14. Mai: Jazzpicknick im Merseburger Schlossgarten
14. Mai: "Women in Jazz Night" in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle
15. Mai: Konzert des "Next Generation Women in Jazz Workshop" in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle
15. Mai: Abschlusskonzert (Jasmin Tabatabai) in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 29. April 2022 | 08:40 Uhr

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