Musikgeschichte Kurt Weill: Erneuerer des Musiktheaters
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Kurt Weill gilt als einer der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Er prägte dessen Sound und schuf mit der "Dreigroschenoper" einen Welthit. Vor 120 Jahren in Dessau geboren, konnte Weill mit seiner Musik den Zeitgeist einfangen und gleichzeitig zeitlose Melodien komponieren. Filmemacherin Anna Schmidt hat zum 70. Todestag des Allround-Genies am 3. April ein Porträt gedreht und gibt Einblicke in Weills bewegtes Leben.

Die Moritat von Mackie Messer aus der "Dreigroschenoper" ist ein Ohrwurm. Wie kaum ein anderer Song beschwört er die Goldenen Zwanziger herauf, das vergnügungssüchtige Berlin aus der Zeit kurz vor dem großen Crash, der Zeit zwischen den Weltkriegen. Nie war Deutschland mit seiner Metropole Berlin aufregender als zu dieser Zeit. Mit der "Dreigroschenoper" gelang Kurt Weill, dem jüdischen Kantorensohn aus Dessau, ein ungeheurer Wurf.
Sein Werk ist zeitlos
Das sollte erst der Anfang sein. Mit seiner Musik fing Kurt Weill den Zeitgeist ein und schuf zugleich etwas Universelles, das die Zeit überdauert und heute noch berührt. Wieder in der Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, entstand die Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Für den Musikwissenschaftler und Weill-Biografen Jürgen Schebera ist es Weills Meisterwerk. Über die Oper mit ihrem apokalytischen Ende sagt er:
Das ist die Kampfansage gegen den ungezügelten Turbokapitalismus, den wir heute erleben.
Die Uraufführung der Oper 1930 in Leipzig löste einen der größten deutschen Theaterskandale aus. Schuld waren nicht ästhetische, sondern politische Gründe: Störtrupps rechtsnationaler Organisationen sorgten im Opernhaus für Tumult und Panik. Es erschienen Schmähartikel über die "undeutsche" Musik. Drei Bühnen traten daraufhin von ihren Aufführungsverträgen zurück. Als Jude, Avantgardist und Linksintellektueller wurde Kurt Weill für die Nazi-Propaganda die Symbolfigur des "jüdischen Kulturbolschewismus".
Erfolg jenseits des Atlantik
Fünf Jahre später floh Weill aus Deutschland nach Paris und fand schließlich in Amerika seine neue Heimat. Es gelang ihm, wie kaum einem anderen Emigranten, beruflich sofort wieder Fuß zu fassen. Der Broadway wurde seine Bühne. Weill, der mit seiner Frau Lotte Lenya gemeinsam die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, komponierte mit großem Erfolg amerikanische Musicals und Opern, schrieb Filmmusik für Hollywood.
Kurt Weill starb als erfolgreicher Broadway-Komponist am 3. April 1950, also vor 70 Jahren, in New York. Bis heute sind seine Stücke Dauerbrenner auf den Bühnen weltweit. Viele seiner Songs wurden zu Jazzstandards, schafften es in das Great American Songbook und wurden von Popgrößen wie Sting, den Doors, David Bowie, Frank Sinatra, Marianne Faithful, Tom Waits, Louis Armstrong, Milva, den Toten Hosen oder Udo Lindenberg gecovert.
Neue Doku über Kurt Weill
Unter dem Titel "Kurt Weill – Von Dessau an den Broadway" entstand eine neue Dokumentation der Filmemacherin Anna Schmidt in der MDR KULTUR-Reihe "Lebensläufe". Sie erzählt die Lebensgeschichte des Komponisten anlässlich seines 70. Todestages. Dabei gelang es Schmidt, zwei Interviewpartner zu gewinnen, die Weills Frau Lotte Lenya persönlich kannten: HK Gruber, Gewandhauskomponist in Leipzig sowie den Musikwissenschaftler Jürgen Schebera:
Die beiden erzählen wirklich sehr lebendig und lassen so die Welt auferstehen von Kurt Weill, was ihn wirklich sehr greifbar macht.
Im Film erinnert sich zudem Musicalstar Ute Lemper an ihre erste Begegnung mit Weills Musik und erklärt, warum die Amerikaner Weill so lieben. Zudem erzählt der englische Weill-Forscher Stephen Hinton über den Menschen und Musiker Weill.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Lebensläufe | 02. April 2020 | 23:10 Uhr