Musik, Kunst und DiskursLeipziger Festival erforscht Potenziale und Utopien in der Clubkultur
Seit fünf Jahren führt das interdisziplinäre Balance-Festival in Leipzig internationale und nationale Künstler*innen wie Shygirl, Juliana Huxtable, Lotic, Odete, Sexes oder Sarah Farina mit einem begeisterten Publikum zusammen. Gemeinsam loten sie die Potenziale von Clubmusik und -kultur aus. Das Motto des Balance-Festivals 2022, das vom 30. September bis zum 3. Oktober stattfindet, lautet "In:Visibilities". Die Macher*innen widmen sich damit den Krisen unserer Zeit, (un)sichtbaren Wunden – und Emotionen.
- Das Leipziger "Balance Club / Culture" Musik- und Kulturfestival setzt seit fünf Jahren auf Interdisziplinarität.
- Das diesjährige Motto "In:Visibilities" soll Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit in Krisenzeiten in der Clubkultur verhandeln.
- Wenn Clubs ein Entfaltungsort für queere, feministische, dekoloniale Utopien sein sollen, müssten sie sich stark verändern, sagt Ulla Heinrich vom Balance-Festival. Hierfür müsse man Clubräume kritisch betrachten.
Das Balance Club / Culture Festival ist in der sächsischen Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken. An unterschiedlichen Orten in Leipzig, zum Beispiel im UT Connewitz, im Mjut-Club und der Garage Ost findet das Festival mit Konzerten, Vorträgen und Installationen auch in diesem Jahr wieder statt.
Natürlich dürfen bei einem Musikfestival auch Clubnächte nicht fehlen, die im Keller unter dem Kohlrabizirkus, im Institut fuer Zukunft, stattfinden. Aber das Festival besteht nicht "nur" aus Musik und Feiern. Beim Balance-Festival geht es um Diskurs und Kunst, um Tanz, um soziale Räume und Gegenkultur.
Interdisziplinär, verwoben und kollektiv
"Und genau das macht das Projekt aus", sagt Ulla Heinrich vom Balance-Festival: "Wir schauen uns Clubkultur von verschiedenen Seiten an und verbinden die Inhalte auf der Tanzfläche, in unseren Workshops, in unserem Diskurs- und Kunstprogramm und deklinieren das Thema, das wir uns jedes Jahr geben, durch alle Bereiche durch."
Sichtbare und unsichtbare Wunden
Das diesjährige Festivalmotto "In:Visibilities" widmet sich Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit in der Clubkultur, die es im Kontext gesellschaftlicher Krisen zu verhandeln gilt:
Krisen, Krieg, Diskriminierung, Hierarchien, Ausbeutung – wie strukturieren diese Verhältnisse unseren Alltag? Wie können wir Räume schaffen, um zusammen heilen zu können?
Ulla Heinrich, Balance Club / Culture Festival
Diese Fragen stellt sich Ulla Heinrich. Das "Wie" ist hier entscheidend. Denn wenn Clubs ein Entfaltungsort für queere, feministische, dekoloniale Utopien sein sollen, dann müssten sie sich stark verändern.
Hierfür müsse man Clubräume aber erst einmal kritisch betrachten: "Wir wollen klarmachen, dass in Clubräumen manche betroffener sind als andere, manche gehört werden und manche nicht." An dieser Stelle habe sich nicht viel geändert, trotz des feministischen Inputs in der Clubkultur in den vergangenen Jahren.
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Radikale Potenziale von Clubkultur
Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und andere "Ismen", die unseren Alltag bestimmen, überfordern uns als Gesellschaft andauernd. Genauso verhält es sich mit aktuellen Krisen, der Pandemie und ihren Nachwirkungen.
Während des Festivals sollen Momente entstehen, in denen diese Überforderung aufgebrochen werden kann. Und zwar durch Tanzen und Kunsterleben, Hören, Sprechen, Verhandeln, gemeinsam mit über 50 Musikerinnen und Musikern, Aktivistinnen und Aktivisten – bei Panels, in ausgelassenen Clubnächten oder bei Begegnungen und Gesprächen mit dem Publikum im diesjährigen Festivalzentrum, dem "Wohnzimmer", in der Garage-Ost.
Wir wollen einen Raum des Fühlens und Mitfühlens schaffen.
Ulla Heinrich, Balance Club / Culture Festival
Deshalb sei man dieses Jahr beim Balance-Festival weniger theoretisch, dafür aber emotionaler an die Gestaltung herangegangen. Ulla Heinrich erklärt: "Wir wollen einen Raum des Fühlens und Mitfühlens schaffen. Denn wir glauben fest daran, dass wir miteinander ins Gespräch kommen müssen, wenn wir diese erstrebenswerten Utopien umsetzen wollen."
Angaben zum FestivalDas Festival findet vom 30. September bis zum 3. Oktober 2022 in Leipzig statt.
Garage Ost/Festivalcenter
Hermann-Liebmann-Straße 65-67
04315 Leipzig
Zu weiteren Veranstaltungsorten gehören das Institut für Zukunft, Mjut, UT Connewitz u.a.
Acts: Bini Adamczak, Loraine James, Namasenda, Juba, Cobrah, Zain Salam Assaad The Darvish, Sithara Weeratunga, Klara Lopéz, Initiave Awareness u.a.
Veranstaltungen im Festivalcenter sind kostenlos. Tickets für Partys können online erworben werden.
Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Techno House Deutschland | 29. Juli 2022 | 20:00 Uhr