"2033 – Das Erschwachen der Macht"Warum der Leipziger Musiker Lot ein politisches Videospiel entwickelt hat
Der Leipziger Songwriter Lot ist für seine eingängige Pop-Musik bekannt. Inzwischen hat der Musiker sein erstes Videospiel veröffentlicht: Bei "2033 – Das Erschwachen der Macht" handelt es sich um ein Escape-Room voller Verschwörungsideologien, populistischer Propaganda und Esoterik. Einen Weg raus aus der überspitzten Dystopie bietet dabei vor allem ein Mittel: Satire. Nach seinem letztem Album "Nasenbluten" zeigt Lot auch mit diesem Adventure-Game die politische Dimension seiner Kunst.
Fürs Programmieren habe sich der Leipziger Musiker Lot schon immer interessiert, erzählt er. Die nötigen Kenntnisse habe er sich über Jahre hinweg mit Online-Kursen selbst beigebracht: "Ich hatte keine Ahnung, wie man programmiert, ich hatte keine Ahnung von Game-Design. Ich hatte nur die Vorerfahrungen als Spieler." Sein erstes Videospiel "2033 – Das Erschwachen der Macht" spielt in einer dystopischen Zukunft, in der eine rechte Partei namens VfD die Herrschaft in Deutschland übernommen hat.
Adventure-Game nimmt populistische Parteien aufs Korn
Der Anführer der VfD, ein gewisser Landolf Ladig, reklamiert für sich, Deutschland zu alter Größe zurückgeführt zu haben. Den Anstoß, sich mit Rechtspopulismus und Verschwörungstheorien auseinanderzusetzen, habe Lot eine Äußerung von Ex-AfD-Chefin Frauke Petry gegeben. Petry hatte 2016 gefordert, notfalls an der Grenze auf Geflüchtete zu schießen. "Da kam mir das erste Mal die Idee, diese Äußerungen erlebbar zu machen."
In einem ersten Entwurf sollte der Spieler tatsächlich an der Grenze stehen und schießen. Die Idee wurde aber schnell wieder verworfen: "Wir haben schnell gemerkt, dass das weder ironisch noch sarkastisch ist und auch nicht so rüberkommt." Nach viel Ausprobieren kam Lot auf die Idee, das Ganze als Adventure-Game zu erzählen.
In dystopische Zukunft des Jahres 2033 eintauchen
Der Spieler steuert nun also durch einen unterirdischen Gefängniskomplex der VfD, in dem merkwürdige Dinge vor sich gehen. Die Wachen sind alle tot, der Führer Landolf Ladig scheint verschwunden und der völkische Supercomputer E.V.A., der die Anlage überwacht, hat offenbar ein Eigenleben entwickelt. In der Ego-Perspektive muss der Spieler sich von Raum zu Raum bewegen, Rätsel lösen, herausfinden, was passiert ist und natürlich aus dieser Anlage entkommen. "Es geht vor allen Dingen darum, diese Welt zu entdecken und auch damit umzugehen."
Zu entdecken gibt es in "2033 – Das Erschwachen der Macht" einiges. Überall liegen Zettelchen mit kruden Denkschriften herum, in denen der Sprech und das Gedankengut von AfD, Ken Jebsen oder Attila Hildmann aufs Korn genommen werden. Liebevoll gestaltete Plakate und Propagandafilme führen in das Gedankengut dieser VfD ein, das aus so ziemlich jedem rechten Thema und jeder Verschwörungstheorie der letzten Jahre besteht.
Escape-Room voller Verschwörungsideologien und Esoterik
Anfangs geht es vor allem gegen Zuwanderung, aber je weiter man im Spiel kommt, desto irrer werden die Theorien, bis hin zu heilenden Quarzsteinen und Echsenmenschen, die man doch bitte melden soll, wenn man sie sieht. Nichts davon hat sich Lot ausgedacht – zu jeder Theorie gibt es Menschen, die an sie glauben.
Damit diese Welt lebendig wirkt, hat sich Lot über Jahre mit Verschwörungstheorien und rechter Propaganda auseinandergesetzt. "Da gibt es diese Erzählung, dass die Nazis nach Ende des zweiten Weltkriegs sich UFOs gebaut hätten und damit in die Antarktis oder zum Mond geflogen wären", erzählt er und seufzt.
Neben politischer Dimension wird auch Spaß geboten
Neben der politischen Dimension macht das Spiel aber auch einfach Spaß. Die Rätsel sind knifflig, aber nicht zu schwer und versierte Zocker können deutlich die Anleihen bei solchen Reihen wie "Portal" oder "The Stanley Parable" erkennen – beides Spieleklassiker, die gezeigt haben, was für raffinierte Möglichkeiten zum Storytelling Computerspiele eigentlich bieten.
Lot nutzt für sein Ein-Mann-Projekt diese Möglichkeiten geschickt aus, um vor allem eine Frage aufzuwerfen: Wie begegnet man diesem Irrsinn? Seine Persönliche Einschätzung steht fest: "Wir dürfen die nicht ernst nehmen. Wir dürfen die aber auch nicht unterschätzen." Sein Computerspiel lädt ein, sich selbst Gedanken über diese Frage zu machen.
Angaben zum Videospiel"2033 – Das Erschwachen der Macht"
Erhältlich für Windows auf der Spielplattform Steam.
Eine Version für MacOS ist in Arbeit.
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 09. November 2021 | 16:40 Uhr