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Blick über das Gelände des Festivals SonneMondSterne im August 2022 an der Bleilochtalsperre in Saalburg. 2023 wird 25. Jubiläum gefeiert. Bildrechte: MDR/Björn Walther

"In der Mitte der Gesellschaft angekommen"SonneMondSterne: Wie ein Festival den Techno nach Thüringen brachte

11. August 2023, 00:01 Uhr

Mit dem SonneMondSterne-Festival kam der Techno in den 90er-Jahren nach Thüringen. Inzwischen gehört das SMS an der Bleilochtalsperre bei Saalburg zu den größten Techno-Festivals in Deutschland und erwartet zum 25. Jubiläum vom 11. bis 13. August 2023 absolute Weltstars. Headliner sind Macklemore, Paul Kalkbrenner oder K.I.Z. Der Festivalmacher Philipp Helmers verrät im Interview mehr über die wilden Anfänge und den Elektro-Osten. Wie aus der Subkultur eine Bewegung wurde, zeigt außerdem die Doku-Serie "Techno House Deutschland" in der ARD-Mediathek.

MDR KULTUR: Wenn man sich die Festival-Szene hierzulande anschaut, gibt es schon seit vielen Jahren große Festivals, bei denen es vor allem elektronisch zugeht. Eines der ganz großen ist das SonneMondSterne (SMS), das Philipp Helmers mitorganisiert. Herr Helmers, in der ARD-Mediathek gibt es die Doku "Techno House Deutschland", die diesen ganzen Festivals ein filmisches Denkmal setzt. Haben Sie da schon reingucken können?

Philipp Helmers: Selbstverständlich. Die habe ich mir gleich, als sie herauskam, angeschaut. Und es war wirklich total schön, die ganzen Macher aus den letzten 30 Jahren zu sehen. Die konnten alle genau das Richtige dazu erzählen – zum Beispiel, dass Techno damals einfach ein Lebensgefühl und unter welchen Umständen wir das auf die Beine gestellt haben, ganz am Anfang, als die Subkultur damals entstanden ist.

Welche Umstände waren das?

Wir haben gemerkt, dass Techno genau unsere Musikrichtung, genau unser Lebensgefühl ist. Das wollten wir unbedingt selber unter die Leute bringen. Wir haben die Bilder von der Loveparade gesehen damals, das wollten wir auch bei uns haben in Thüringen. Wir haben uns dann ein schönes Fleckchen Erde gesucht in Thüringen, Saalburg. Und dann ging es los.

Das klingt leicht und selbstverständlich, wenn Sie das so erzählen. War es wirklich so einfach?

Nein, überhaupt nicht. Wichtig war, dass die Überzeugung da war. Wir wollten das unbedingt machen und haben ganz viel Lehrgeld bezahlt am Anfang. Wir sind durch die Gegend gelaufen, haben Flyer verteilt und so klassisch auf der Straße Werbung gemacht. Und waren aber trotzdem davon überwältigt, dass so viele Leute kamen. Es waren vielleicht 2.000 Personen, aber ungefähr die doppelte Zahl ist einfach so über die Zäune gesprungen und hat mitgefeiert. Das würde man heute auch unter Sicherheitsaspekten nicht nochmal so machen. Aber trotzdem war es super.

An dem Festival "SonneMondSterne" kann man gut erkennen, wie aus dieser Bewegung, dieser Begeisterung in den Neunzigern eine Massenkultur geworden ist. Heutzutage kommen 40.000 Leute. Wie haben Sie diese Entwicklung wahrgenommen?

Ich habe das stets positiv wahrgenommen. Klar, wir sind kein Technoclub, der wöchentlich für eine Handvoll Menschen oder vielleicht 500 Leute was liefert, sondern wir machen einmal im Jahr was ganz Großes. Das hat sich über die letzten 25 Jahre so entwickelt. Und wir sind natürlich froh darüber, weil wir gemerkt haben, dass Techno oder elektronische Musik einfach richtig in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Das hat uns total gefreut. Und wir freuen uns auch darüber, dass alle drei, vier, fünf Jahre sich die Genres irgendwie ändern. Da ist ganz viel Bewegung drin in der Musik. Das haben wir immer sehr wohlwollend wahrgenommen und dann auch berücksichtigt bei unserem Programm.

Die Mainstage beim SonneMondSterne-Festival in Thüringen, 2023 wird das 25. Jubiläum gefeiert. Bildrechte: MDR Philip Krahnert

"Techno ist heute selbstverständlich. Techno ist Popkultur und nicht mehr die Raving Society der Neunziger" – das hat Ihr Kollege Thomas Sperling vom Club Kassablanca in Jena gesagt, der auch beim SMS involviert ist. Wenn Sie das so hören, ist das mit keinerlei Schmerz verbunden?

Wir müssen schon ein bisschen unterscheiden: Es gibt die Kultur vielleicht nicht mehr ganz so, wie sie damals entstanden ist. Aber im Club-Bereich gibt es das schon noch. Das sehe ich total gerne und gehe da gerne noch hin. Wir alle tun das. Aber wir akzeptieren einfach, dass Techno oder elektronische Musik sehr in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Das gefällt uns auf jeden Fall, deswegen können wir das akzeptieren.

Inzwischen sprießen andere Festivals wie Pilze aus dem Boden. Da gibt es das "Parookaville", "Nature One", "Tomorrowland" und viele mehr. Was machen Sie, um unter all diesen Festivals besonders zu bleiben?

Wir bleiben so, wie wir sind. Mit der großartigen Crew, die wir haben, mit dem großartigen Umfeld, das man auch in der Doku kennengelernt hat. Das ist die Basis weiterhin. Wir werden nicht die Augen verschließen vor weiteren Trends. Aber wir werden unsere Marke, unser Festival so weiterleben. Damit sind wir bisher auch sehr gut gefahren. Wir sind nach wie vor – was reinen Techno angeht – noch ganz weit vorn in Deutschland.

(Das Interview führte Moderatorin Ellen Schweda am 2. August 2022 für MDR KULTUR / Redaktionelle Bearbeitung: Juliane Streich, ks)

SonneMondSterne SMS.XXV I 11.-13.08.2023SonneMondSterne
Wetteraweg 2
07929 Saalburg-Ebersdorf

Im Line-up für 2023 stehen Macklemore, Major Lazer, Armin van Buuren, Alle Farben, K.I.Z., Paul Kalkbrenner u.a.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 02. August 2022 | 18:05 Uhr