ClubszeneDJ-Kollektiv "Women of Techno" will mehr Gleichberechtigung in Clubs
Die "Women Of Techno" sind ein reines Frauenkollektiv aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, das sich dafür einsetzt, female DJs in der Clubszene sichtbarer zu machen und das sich gegenseitig bei Partys und Bookings unterstützt. Denn Gleichberechtigung ist auf den Line Ups der Clubs nicht selbstverständlich.
Die Techno-Szene hat sich im letzten Jahrzehnt von einer hedonistisch geprägten Feiergemeinde zu einer politisch aktiven Subkultur entwickelt. Ob Clubsterben, Sperrstunde, Gendergerechtigkeit oder Rassismus – gesellschaftlich relevante Themen werden von den Akteurinnen und Akteuren diskutiert. Vielerorts versuchen Clubbetreibende auch, gegen strukturellen Sexismus oder Rassismus vorzugehen.
Der Blick in die ländlichen Regionen zeigt aber, dass hier die Line Ups der Partys nach wie vor von weißen, männlichen Personen dominiert werden. Ein Kollektiv aus Frauen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen will daran etwas ändern: Hinter "Women of Techno" stecken Fuxia, TØSCH☰, Cath Boo, Sinah, Jelena, Petti Jefferson und Indiana Jane.
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Gegründet nach einem Auftritt in Zwickau
Ihr Kollektiv ist aus einer sprichwörtlichen Bierdeckel-Idee entstanden: Zunächst hatte die DJ Fuxia in der "Battlezone" in Zwickau eine Veranstaltung mit weiblichen Acts organisiert. Dort lernten sich die jungen Frauen kennen, wie Cath Boo, die außerdem eine Booking-Agentur für weibliche Kunstschaffende betreibt, erzählt:
"Bei uns in der Region gibt es verhältnismäßig viele weibliche DJs. Das ist vielleicht in anderen Ecken Deutschlands nicht so der Fall. Und weil die erste Veranstaltung nur mit Frauen so gut lief, haben wir eine zweite gemacht. Dann hat zwischen uns die Chemie so gut gestimmt, dass wir mehr daraus machen wollten."
Neben den Freundschaften, die sich zwischen den Frauen entwickelt hat, haben sie sich auch zusammengeschlossen, um als female DJs sichtbarer zu werden. Kollektivmitglied Sinah unterstützt zudem den DJ-Nachwuchs. Sie gibt im "Kassablanca" in Jena ehrenamtlich DJ Workshops nur für Frauen. Alle zwei Wochen können sich dort Interessentinnen von Sinah das Plattenauflegen zeigen lassen.
Sichere Orte für weibliche DJs schaffen
Sie selbst hatte diese Möglichkeit nicht, als sie vor sechs Jahren anfing. "Zu einem DJ-Workshop habe ich mich tatsächlich erst getraut, nachdem ich schon ein wenig auflegen konnte", erinnert sie sich:
"Vorher habe ich allein jeden Tag zuhause mindestens eine Stunde geübt, hab alle Funktionen am Mischpult ausprobiert und bin auch gescheitert, bis es irgendwann einigermaßen klappte. Ich merke das auch bei meinen Mädels, sie sind einfach ein bisschen schüchterner und fühlen sich in dem Frauen-DJ-Workshop wohler, als unter Männern."
Obwohl Sinah mittlerweile Resident-DJ im "Westhafen" in Leipzig ist und auf viele weitere Auftritte in den nationalen Clubs stolz sein kann, musste auch sie einstecken. Vor allem im Internet werden weibliche DJs immer wieder angefeindet: "Als ich mal ein Interview gegeben habe, kamen danach bei Facebook direkt diskriminierende Kommentare", berichtet die Künstlerin. Gleichzeitig stellt sie klar:
Als Antwort meldeten sich auch sehr viele Jungs, die sich sofort auf meine Seite gestellt haben und darunter gepostet haben. Daran sieht man, dass wir eine tolle Community sind!
DJ Sinah
Clubs werden immer gerechter
Spannend ist, wie Subkultur versucht, zumindest im Kleinen gesellschaftliche Ungerechtigkeiten anzugehen. "Women of Techno"-Mitglied Petti Jefferson kennt Frauenfeindlichkeit daher leider vor allem aus ihrem Arbeitsalltag: "Ich arbeite in einem Baumarkt, und da habe ich leider eher Probleme, ernstgenommen zu werden. Natürlich kenne ich mich in meiner Abteilung gut aus, trotzdem kommt mal einer und verlangt einen männlichen Kollegen. Als female DJ ist mir das noch nicht passiert."
Das weibliche DJs auch im ländlichen Raum sichtbarer werden, ist Frauen wie den "Women of Techno" zu verdanken. Dennoch zählt für sie vor allem eins: Sie wollen Tracks auflegen und mit Techno und House die Menschen verzaubern, auch wenn das ein gewisses feministisches Engagement von ihnen verlangt.
Über die Autorin Katharina Groll
Katharina Groll ist Musikjournalistin und Liebhaberin elektronischer Musik. In dieser Kulturszene ist sie auf- und mitgewachsen. Sie liebt die Musik, kennt die Künstlerinnen und Künstler und engagiert sich leidenschaftlich für die Szene. Im neuen Podcast "Raveland" von MDR SPUTNIK stellt Groll die regionale Technoszene und ihre Macherinnen und Macher vor. Bei MDR SPUTNIK betreut sie seit fünf Jahren die Sendung "Clubperlen".
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 10. September 2021 | 15:45 Uhr