
Opern-Uraufführung Warum "The Circle" am DNT Weimar ein Publikumsmagnet werden könnte
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Die Oper "The Circle" hat Ludger Vollmer als Kompositionsauftrag für das Deutsche Nationaltheater geschaffen. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Dave Eggers, der darin die Machenschaften eines Internetkonzerns, dessen Datenhunger und die Auswirkungen dessen auf das Leben der Menschen betrachtet. Unser Kritiker Uwe Friedrich hat die Uraufführung besucht, die seiner Meinung nach an der geschwätzigen Roman-Vorlage krankt.

Der Komponist Ludger Vollmer hat zweifellos ein Gespür für Themen. Aus den Filmen "Gegen die Wand" und "Lola rennt" hat er bereits erfolgreiche Opern gemacht. Am Samstag wurde Vollmers Oper "The Circle" nach dem Roman von Dave Eggers am Deutschen Nationaltheater Weimar (DNT Weimar) uraufgeführt. Auch diese Oper wird wahrscheinlich ein Erfolg, denn mit dem Datenhunger der großen Digitalkonzerne, den sozialen Netzwerken und ihrem Transparenzversprechen werden wichtige Themen angesprochen.
Orientiert an Filmvorlage
Aus dem 500-Seiten-Roman von Dave Eggers machen Komponist Ludger Vollmer und seine Librettistin Tina Hartmann unter Mithilfe der Regisseurin Andrea Moses und des Weimarer Operndirektors Hans-Georg Wegner eine Dreistundenoper, die sich in der Szenenabfolge weitgehend an der Verfilmung aus dem Jahr 2017 orientiert. Die junge, extrem naive Mae macht schnell Karriere im Internetkonzern "Circle" und opfert für die Karriere bedenkenlos ihr Privatleben, ihr gutes Verhältnis zu den Eltern und treibt schließlich ihren Ex-Freund in den Tod.
Musical-Referenzen
Für seine Vertonung wählt Ludger Vollmer bewährte musikalische Mittel, lässt seine Protagonistin in allenfalls leicht angerauter Tonalität von der Karriere singen, während das Orchester mit vorwärtstreibenden Rhythmen den Sektencharakter des Konzerns darstellt. Die bewusst musicalnahe Tonsprache nutzt sich allerdings schnell ab, zumal Vollmer keine Musik für die wenigen kontemplativen Momente findet und zentrale Stellen der Handlung als Schauspiel mit gesprochenen Dialogen vortragen lässt.
Teamarbeit
Generalmusikdirektor Kirill Karabits und die Staatskapelle werfen sich allerdings schwungvoll auf die Partitur, das Ensemble gibt den Figuren so viel Leben wie möglich, aber emotionale Anknüpfungspunkte für das Publikum können sie dennoch nicht liefern. Regisseurin Andrea Moses erzählt die Geschichte stringent auf der von Raimund Bauer angenehm sparsam möblierte Bühne, auf die René Liebert in Videos Chatverläufe und Informationen über die gerade singenden Personen projiziert. Svenja Gassen hat Maes Arbeitskollegen in pastellfarbige Gruppenkostüme gesteckt, die den Sektencharakter der totalitären Indoktrination betonen.
Der Bariton Oleksandr Pushniak gibt dem bulligen Ex-Freund Mercer noch am meisten Sympathiepunkte, während Sayaka Shigeshima das nervtötende Potential der daueroptimistischen Mae in hohen Koloraturen deutlich macht. Heike Porstein hat es als Annie schon schwerer, der Countertenor Ray Chenez bringt als Kalden eine aparte Klangfarbe ein. Dennoch reicht die Oper nicht über den geschwätzigen Roman von Dave Eggers hinaus und wiederholt bloß, was wir ohnehin schon über die problematischen Entwicklungen in den digitalen Netzwerken wissen.
"The Circle" am DNT Weimar
Oper von Ludger Vollmer
Nach der gleichnamigen Romanvorlage von Dave Eggers
ab 16 Jahren
Musikalische Leitung: Kirill Karabits
Regie: Andrea Moses
Aufführungen am DNT Weimar:
10.05.2019 | 19.30 Uhr
24.05.2019 | 19.30 Uhr
09.06.2019 | 18.00 Uhr
20.06.2019 | 19.30 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 05. Mai 2019 | 13:15 Uhr