Protokoll einer Krankheit Corona überleben: Warum Fotograf Matthias Creutziger seine Geschichte erzählt
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Für den Dresdner Fotokünstler Matthias Creutziger bedeutete das Jahr 2020 einen tiefen Einschnitt. Über Wochen lag er mit einer schweren Covid-19-Erkrankung im Koma. Als er aus der Reha zurückkam, irritierte ihn, mit welcher Vehemenz sich Corona-Leugner auf den Straßen Gehör verschafften. Grund genug für ihn, seine ganz persönliche Geschichte in einem MDR KULTUR-Feature zu erzählen.
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Matthias Creutziger hat nach schwerer Krankheit einen Neubeginn geschafft. Jetzt will er wieder nach vorn blicken: "Ich möchte mein Leben leben. Ich möchte arbeiten, in die Natur gehen, mit meinen Freunden, mit meiner Familie zusammen sein, mich mit Dingen beschäftigen, die mich interessieren", sagt der Dresdner Fotokünstler.
Dass er dennoch bereit ist, zurückzublicken auf seine traumatischen Erfahrungen, hat vor allem einen Grund: So lange da noch Kräfte am Werk seien, die die Wirklichkeit nicht annähmen und Menschen teilweise auch nicht merkten, dass sie Werkzeuge von Destabilisierungsprozessen seien, fühle er sich dazu aufgerufen.
Zur Person: Matthias Creutziger
Matthias Creutziger, Jahrgang 1951, liebt die Musik, vor allem den Jazz. Als Fotograf ist er Autodidakt. Über die Jahrzehnte machte er sich mit seinen Bildern aus der Welt der Musik und des Theaters einen Namen. Ab Mitte der 1980er-Jahre fand er zur Opernfotografie, arbeitete für die Dresdner Philharmonie und die Sächsische Staatskapelle Dresden. 1988 reiste Creutziger mit seiner Familie aus der DDR aus. Seit 2003 lebt er wieder in Dresden.
Seine Arbeiten finden sich heute u.a. in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Deutschen Fotothek Dresden, der Kestnergesellschaft Hannover, des Jazzinstituts Darmstadt oder des Lippmann+Rau-Musikarchives Eisenach.
Fünf Wochen im Koma
Fünf Wochen rang Matthias Creutziger im Städtischen Klinikum Dresden um sein Leben.
Also bei mir lief das laut meiner Krankenakte so ab, dass ich ein Herzvorhofflimmern hatte, eine Lungenembolie, Nierenversagen. Dann fing ich mir multiresistente Keime ein. Dann noch Thrombosen und eine leichte Diabetes. Ich habe auch drei Bluttransfusionen bekommen in dieser Zeit. Also das ist schon eine kleine Ansammlung von unangenehmen Dingen.
Kein Verständnis für Corona-Leugner
Wie muss es ihm und anderen Betroffenen wohl gehen, wenn sie mit der Meinung konfrontiert werden, dass die Gefahr durch Corona gar nicht existiere oder aber aufgebauscht werde, um diktatorische Zustände herbeizuführen?
Auf diese Form der Realitätsverweigerung antwortet der Dresdner Notfallmediziner Toralf Morgenstern, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin, mit einer Gegenfrage: "Und woran sterben dann die Leute?" Als Oberarzt am Städtischen Klinikum Dresden betreut er regelmäßig Menschen mit schwersten Verläufen wie bei Matthias Creutziger.
Das Besondere an der Covid-Erkrankung sei, dass sich der Zustand der Patienten mal verbessere, mal verschlechtere. Kritisch sei bei denjenigen, die dann später auf die Intensivstation kommen, in der Regel der zehnte Tag.
Dabei seien die Auswirkungen des Virus vielfältig. Nicht nur die Lunge auch das zentrale Nervensystem werde mit beeinträchtigt. Daher trete häufig auch ein Verlust des Geschmacks- und Riechsinns auf. Hinzu könnten Probleme bei der Nierenfunktion und der Blutgerinnung kommen. So bildeten sich sogenannte Mikrogerinnsel im Blut. Dies sei, so Toralf Morgenstern, "ein mannigfaltiges Erkrankungsbild".
Rückkehr ins Leben
Inzwischen fotografiert Matthias Creutziger wieder, geht mit seiner Frau wandern und versucht, die einstige Leistungsfähigkeit zurückzuerlangen. Er hat Corona überlebt. Und seinen Humor nicht verloren:
Naja, also wenn ich gewusst hätte, dass ein Alu-Helm reicht, um sich vor Corona zu schützen, dann hätt' ich das natürlich gemacht. Aber auf die Idee bin ich leider nicht gekommen.
Angaben zur Feature-Sendung
MDR KULTUR - Feature
Nach Corona begann für mich ein neues Leben
Protokoll einer Krankheit
Von Michael Ernst
Sprecherin: Danne Hoffmann
Regie: Stefan Nölke
Produktion: MDR 2021
Sendung: 23.01.2021 | 09:00 Uhr
Die Sendung steht nach der Ausstrahlung hier ein Jahr lang zum Hören und Herunterladen bereit.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Feature | 23. Januar 2021 | 09:00 Uhr