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Oliver Weder, Chefdirigent der Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt Bildrechte: Thüringer Landestheater Rudolstadt

InterviewOliver Weder: "Unverzichtbar für ein Leben am Puls der Zeit"

31. Januar 2019, 17:30 Uhr

Oliver Weder ist seit 1997 Chefdirigent der Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt und Musikdirektor am Theater Rudolstadt. Zuvor war der aus Frankfurt am Main stammende Weder Chefdirigent und Dozent am Rimski-Korsakow-Theater des St. Petersburger Konservatoriums. Seit 2009 engagiert er sich in der Region als Kuratoriumsvorsitzender der Bürgerstiftung Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.

1. Was würde der Stadt Ihrer Meinung nach ohne das Festival fehlen?

Das Folkfestival bringt einmal im Jahr die große weite Welt in unsere beschauliche kleine Residenzstadt. Darin unterscheiden wir uns von manch anderer Kleinstadt mit historischem Flair. Ich finde diesen Kontrast zwischen Tradition und Heimatverbundenheit einerseits und der überwältigenden Fülle fremder kultureller Einflüsse andererseits unverzichtbar für ein Leben am Puls der Zeit.

2. Inwiefern ist Ihnen das Festival auch persönlich wichtig?

Als Chefdirigent der Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt durfte ich in den letzten Jahren mit ganz außergewöhnlichen Künstlern des Folk-Festivals zusammenarbeiten, denn jeweils am Freitag Abend gibt es ein großes orchesterbegleitetes Konzert mit einem der Stars des TFF.

Arlo Guthrie, Carminho, das Moscow Art Trio und die Puppini Sisters waren dabei, also eine große Bandbreite von Stilen und Genres. Für unser Orchester ist dieser Blick über den Tellerrand am Ende der Konzertsaison immer ein Höhepunkt und eine willkommene Abwechslung in unseren sonst eher klassischen Programmen. Der unkomplizierte Umgang der Folk-Musiker untereinander ist auch für uns erfrischend und lehrreich. Die CDs und die Radioübertragungen des TFF dokumentieren unsere gemeinsame Arbeit schon seit einigen Jahren.

3. Gibt es ein Ereignis in der Festivalgeschichte, das sich Ihnen besonders tief eingeprägt hat? Wenn ja, wodurch?

Ich erinnere mich an eine unvergessliche Begegnung. Als wir mit der amerikanischen Folklegende Arlo Guthrie geprobt haben, kam einer unserer älteren Musiker auf ihn zu und erzählte ihm, wie er als junger Bursche zu DDR-Zeiten seinen Auftritt in Woodstock im Radio mitverfolgt  habe. Ihn jetzt nach Jahrzehnten hier zu treffen, war ein sehr bewegender Moment für ihn und für uns alle mit.

Aber es gab auch sehr spaßige Begegnungen wie die Probe mit dem chinesischen Chor von Gong Linna. Die jungen Leute hatten wohl noch nie ein Sinfonieorchester gesehen und gingen in der Probe mit ihren Smartphones bis auf wenige Zentimeter an die Köpfe unserer Musiker heran, um sie beim Proben zu filmen. Wir kamen uns vor wie im Zoo, und ich musste das schließlich unterbinden, aber es war auch sehr komisch. Sehr beeindruckt hat mich auch unser Konzert mit dem Bandoneonisten Juan José Mosalini, einem Mitglied aus Piazzollas Kapelle. Trotz Regen und eisiger Kälte saß der 70-jährige Meister in Anzug und Krawatte und verzauberte tausende Zuhörer mit seinen magischen Klängen. (Das Interview wurde 2015 geführt, als das Festival noch TFF hieß.)

Gong Linna (China) und die Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt unter Oliver Weder beim Festival 2012 Bildrechte: MDR/Wolfgang Leyn
Wer musizierte wann mit den Thüringer Symphonikern?
2008Amal MurkusPalästina/Israel
2009Moscow Art TrioRussland
2010Arlo GuthrieUSA
2011Juan José MosaliniArgentinien
2012Gong LinnaChina
2013CarminhoPortugal
2014Puppini SistersGroßbritannien
2015Pippo PollinaItalien
2016Lena WillemarkSchweden
2017Sven HelbigDeutschland
2018Curly StringsEstland
2019Ensemble Hamid MotebassemIran