Blick in den leeren Saal der Dresdner Semperoper.
Sachsens Landesregierung hat den Kulturhaushalt 2023/24 von insgesamt 310 Millionen Euro beschlossen. Bildrechte: dpa

Kulturhaushalt Doppelhaushalt: Sachsen spart nicht bei Kulturausgaben

20. Dezember 2022, 15:58 Uhr

Mit leichten Aufwüchsen hat der sächsische Landtag den Kulturhaushalt 2023/24 verabschiedet. Zentraler Posten des auf insgesamt 310 Millionen Euro anwachsenden Kulturhaushaltes bildet der Landeszuschuss an die acht Kulturräume. Deutlicher mehr Zuschüsse sollen auch die direkt vom Freistaat getragenen Einrichtungen erhalten. Von der im Koalitionsvertrag festgehalten fairen Vergütung für Kulturschaffende sei man mit den geplanten Ausgaben allerdings weit entfernt, kritisiert die Linken-Opposition.

Sachsen hat seit Montagabend einen neuen Kultur-Doppelhaushalt für die Jahre 2023 und 2024 – rechtzeitig von der Koalition aus CDU, SPD und Bündnisgrünen im Landtag beschlossen. Nach der Zuleitung des Regierungsentwurfs Ende August äußerten sich Kulturpolitiker wie der SPD-Abgeordnete Frank Richter darüber noch "erschrocken", seine bündnisgrüne Kollegin Claudia Maicher sprach von einem "Reparaturhaushalt". Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) hatte im Kabinett offenbar wenig durchsetzen können.

Erwartungsgemäß sprangen die Landtagsabgeordneten ein. Von Forderungen aus den Landeskulturverbänden oder Interessenvertretungen war kaum etwas zu hören. Lediglich freie Honorarkräfte und Lehrbeauftragte an Musik- und Musikhochschulen und Studierende, die es werden wollen, demonstrierten am 22. November vor dem Landtag. Mit geringem Erfolg.

Kritik: Faire Vergütung bleibt entferntes Ziel

Existenzsichernde Künstlergagen und faire Honorare für Soloselbständige sind zwar das Zentralthema des bis 2024 angesetzten sogenannten Kulturdialogs. Und im vorigen Haushalt gab es dafür erstmals einen Haushaltsposten von 750.000 Euro. Doch der wird für die kommenden beiden Jahre nur auf eine Million aufgestockt. "Von fairer Vergütung, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, sind wir weiter entfernt denn je", kritisiert deshalb für die Linken-Opposition im Landtag deren kulturpolitischer Sprecher Franz Sodann. Auch Frank Richter (SPD) räumt ein, "dass diese Verpflichtung noch offen ist".

Kulturpakt wird aufgestockt

Sonst aber herrscht in der Koalition Genugtuung über die erreichten Nachbesserungen. Stolz rechnet die Grüne Claudia Maicher, eine treibende Kraft, Aufwüchse von etwa 15 Millionen Euro gegenüber dem Regierungsentwurf vor. Die acht Kulturräume Sachsens erhalten jährlich sechs Millionen mehr vom Freistaat. Die bereits gestrichenen 3,2 Millionen Investitionsmittel stehen wieder im Haushalt. Und der so genannte Kulturpakt wird um zwei auf knapp neun Millionen Euro aufgestockt.

Kommunen müssen mitziehen

Die etwa 115 Millionen Euro Landeszuschuss an die acht Kulturräume bilden den zentralen Posten in dem auf insgesamt 310 Millionen anwachsenden Kulturhaushalt. Nach der Systematik des einzigartigen sächsischen Kulturraumgesetzes werden Kultureinrichtungen solidarisch vom Freistaat, den Kulturräumen und den Sitzgemeinden finanziert. Darin steckt aber auch ein Risiko. Kommunen müssen bei Zuschusserhöhungen des Landes mindestens im Verhältnis 2:1 mitziehen. Geschäftsführer Torsten Wiegel vom Soziokulturellen Zentrum Steinhaus in Bautzen weist darauf hin, dass man erst dann mit verlässlicher Förderung rechnen kann, wenn diese ihre Kofinanzierung leisten.

Gleiches gilt für den so genannten Kulturpakt, mit dem Theater und Orchester vor drei Jahren endlich aus den Haustarifen herausgeholt wurden. Auch hier sind Landkreise und Städte gefordert. Nicht durchgerechnet ist, ob diese Stützung die enormen Personalkostensteigerungen durch die neuen Bühnentarife vor allem in ländlichen Kulturräumen kompensiert. Der Linke Franz Sodann kritisiert deshalb generell, dass dieser Krisen-, aber auch Rekordhaushalt insgesamt um 13,6 Prozent wachse, die Kulturausgaben aber nur um fünf Prozent.

Deutlicher Aufwuchs bei Landeseinrichtungen

Überproportional steigen hingegen die Zuschüsse an die direkt vom Freistaat getragenen Einrichtungen. Allein Semperoper und Staatsschauspiel bekommen im nächsten Jahr 91 Millionen Euro. Der Aufwuchs bei den staatlichen Kunstsammlungen Dresden hängt mit Sicherungsaufwendungen nach dem Einbruch ins Grüne Gewölbe zusammen.

Nicht gering zu schätzen ist ein Aufwuchs von zwei Millionen für die Landeskulturverbände. Über kleinere Erhöhungen können sich die Stiftung Sächsische Gedenkstätten, die Kulturstiftung, die Freie Szene, Musikschulen, kulturelle Bildung und der Kleinprojektefonds freuen.

Kein breiter kulturpolitischer Konsens mehr

Claudia Maicher resümiert, der Kulturhaushalt setze ein Signal für Resilienz in Krisenzeiten. Die Linke wird erstmals gegen den Kulturhaushalt stimmen. "Ich hätte dieselbe Rede wie vor acht Jahren halten können und es wäre nicht aufgefallen", beklagt Franz Sodann den seiner Meinung nach netto stagnierenden Haushalt. Ein Indiz für das Schwinden des lange üblichen Parteienkonsenses in Kulturfragen. Auch die drei Fraktionen der Regierungs-Koalition präsentierten ihr Kulturergebnis nicht mehr gemeinsam. Die CDU scheint personell seit der Landtagswahl 2019 ohnehin kaum noch zu Kulturpolitik imstande, kann nicht einmal einen Sprecher benennen. Einig aber ist man sich angesichts der vielen Krisenlasten in einem Trost: Es hätte schlimmer kommen können!

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. Dezember 2022 | 06:15 Uhr