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Sprachcafé, Theater, WorkshopsSo engagiert sich die Kultur in Bautzen für Ukraine-Geflüchtete

von Lena Tabea Hähnchen, MDR KULTUR

Stand: 28. Juni 2022, 17:17 Uhr

Das deutsch-sorbische Volkstheater in Bautzen ist in seiner Art einmalig. Es ist das einzige professionelle bikulturelle Theater in Deutschland. Seine Aufgabe ist es, die deutsche und sorbische Kultur ausgewogen darzustellen. Doch mittlerweile ist das Theater nicht mehr nur auf diese beiden Kulturen und Sprachen beschränkt. So werden auch Stücke von und für arabische und ukrainische Menschen aufgeführt, organisiert vom soziokulturellen Zentrum Thespis.

Als 2015 viele Menschen aus Syrien, Afghanistan und anderen arabischen Ländern nach Deutschland flüchten mussten, merkten die Menschen vom deutsch-sorbischen Volkstheater Bautzen, dass ihre Stadt einen Ort braucht, der den Geflüchteten mit Wärme und Verständnis begegnet. Deshalb gründeten sie das Thespis Zentrum – ein soziokulturelles Zentrum, das ein Ort der Begegnung und des Ausdrucks sein soll, wie die Integrations-Koordinatorin des Zentrums, Halimeh Ibrahim, erklärt.

Ein Ort der Begegnung

"Das Thespis ist ein offener Platz für alle. Niemand darf diskriminiert werden oder sich zurückgelassen fühlen." Das sei besonders wichtig für Migranten oder Geflüchtete, so Ibrahim. "Hier ist man nicht alleine. Man kann zusammen sein und voneinander lernen. Alte Geflüchtete sind gut integriert, sie haben ein eigenes Leben. Die neuen Geflüchteten können von ihnen lernen."

Ibrahim arbeitet seit vier Jahren im Thespis Zentrum. Im März hat sie ein Sprachcafé gegründet, nachdem sie feststellen musste, dass der jahrelange Frontalunterricht in Deutsch bei den kurdischen Frauen, die sie betreute, nicht viel brachte. Sie beschloss fortan die Sprache spielerisch zu vermitteln.

Hintergrund: Wer war Thespis?Das Zentrum ist nach benannt nach Thespis, einem der ersten griechischen Theaterleiter und Schauspieler. Er gilt als der Erfinder der Tragödie und soll mit einer Wanderbühne auf einem Karren durch die Gegend gezogen sein und so seine Kunst verbreitet haben.

Als im Februar dieses Jahres die Ukrainerinnen kamen, wurde eine zweite Gruppe im Sprachcafé gegründet. Unterrichtet wird diese von einer Deutschlehrerin. Das bringe einige bürokratische Hürden mit sich, erzählt Ibrahim. Generell müssten jedes Jahr neue Anträge für finanzielle Unterstützung gestellt werden. Sie würde sich für das Projekt eine regelmäßige Finanzierung wünschen, damit sie sich mehr auf die Arbeit mit den Menschen konzentrieren kann.

Im Tanzkurs lernen Teilnehmende, sich selbst auszudrücken. Bildrechte: Alina Kobernik

Der Hauptfokus des Thespis Zentrum liegt auf dem gemeinsamen Theaterspielen. Daneben bietet das Thespis aber auch Malkurse für ukrainische Kinder und deren Mütter an, sowie einen Tanz- und Performanceworkshop. Hier können geflüchtete Frauen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern, lernen sich selbst auszudrücken. Geleitet wird er von Yana Humenna, die selbst mit ihrer Tochter aus der Ukraine geflüchtet ist und bereits dort Tanz unterrichtet hat.

Hilfsbereites Bautzen

Nach Bautzen gekommen ist Humenna durch Georg Genoux, dem Leiter des Thespis Zentrums. Der Hamburger hat selbst 20 Jahre in Russland, Bulgarien und der Ukraine gelebt und ist mit Humennas Mann befreundet. Genoux bat auch seine Bautzener Freunde um Hilfe. So entwickelte sich nach und nach ein Netz aus hilfsbereiten Leuten, die gemeinsam um die 35 ukrainische Familien aufnahmen.

Darüber hinaus begleiten sie die Ukrainerinnen zu Ämtern oder übernehmen Kautionen für Wohnungen. Sie starteten eine Spendenaktion, um die Hilfe auch finanziell stemmen zu können. Gerade planen sie eine weitere Aktion, um vorbereitet zu sein, wenn noch mehr Ukrainer und Ukrainerinnen fliehen müssen. Dafür haben sie zwei Musikvideos produziert. Die Lieder hat der Musiker Yuriy Gurzhy mit Schülern aus dem Donbass entwickelt. Bald soll die Spendenaktion veröffentlicht werden.

Empathie schaffen

Die kommenden Monate hat das Thespis Zentrum unter das Motto "HeimaTraum. Theatre for Displaced People" gestellt. Man wolle einen Raum für Menschen schaffen, die aus vielen Ländern dieser Erde zu uns nach Bautzen gekommen sind, heißt es dazu auf der Website. "Einen Raum, in dem sich Menschen ihre Heimat bewahren und/oder vielleicht auch neu schaffen können."

Die Ergebnisse der Theaterprojekte sollen Interessierte auf der Bühne des deutsch-sorbischen Volkstheates zu sehen bekommen. Bildrechte: IMAGO

So wird es verschiedene Theaterprojekte geben. Der Schwerpunkt liegt bei der Unterstützung von Menschen aus der Ukraine, doch teilnehmen dürfen alle, egal wie alt sie sind oder woher sie kommen. Theater-Intendant Lutz Hillmann erklärte, Ziel sei es auch, mit den Mitteln des Theaters Empathie zu üben und sich zu überlegen, was wäre, wenn es uns jetzt so gehen würde. "Wir versuchen mithilfe vom Theater Situationen zu erzeugen, wo man darüber reden muss, wo man gar nicht da dran vorbeikommt sich darüber Gedanken machen zu müssen." Die entstandenen Stücke sollen dann auf der Bühne vom deutsch-sorbischen Volkstheater Bautzen aufgeführt werden.

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 28. Juni 2022 | 08:40 Uhr