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Jubiläum150 Jahre Stadttheater Döbeln – wie geht es weiter?

von Wolfgang Schilling, MDR KULTUR

Stand: 07. Oktober 2022, 14:02 Uhr

1872 wurde das Theater in Döbeln feierlich eröffnet. Im Jahr 1911 fiel es einem Brand zum Opfer und wurde wieder aufgebaut. Nach der Wende trotzte es zahlreichen Widrigkeiten und fusionierte schließlich 1993 mit der Bühne in Freiberg zum Mittelsächsischen Theater. Und heute? Geht man hier ganz neue Wege.

150 Jahre Stadttheater – wenn das kein Grund zum Feiern ist. Doch viel wichtiger in diesen Zeiten ist die Frage: wie geht es weiter mit dem Theater? In einer Stadt mit gerade einmal noch 23.000 Einwohnern. Unter denen es aber offenbar immer noch genügend Kulturbegeisterte gibt, die sich nicht nur am Kassenhäuschen anstellen, sondern ein bisschen mehr in die Waagschale werfen, wenn es um die oben gestellte Frage nach dem "wie weiter" geht.

Stadttheater Döbeln trotzt allen Widrigkeiten

An jenem legendären 10. Oktober 1872 sollen es 700 Zuschauerinnen und Zuschauer gewesen sein, die im Schein von 140 Gaslampen die festliche Theatereröffnung mit der Jubelouvertüre von Carl Maria von Weber gefeiert haben. Das ist in der Chronik zu lesen, in der auch steht, dass das Haus 1911 einem Theaterbrand zum Opfer fiel, aber schon ein Jahr später wiederaufgebaut war.

Das Döbelner Theater 1872 mit dem Haupteingang an der heutigen Bahnhofstraße. Bildrechte: Archiv

Auch die gleich zwei Jahrhundertfluten in den Jahren 2002 und 2013 konnten dem Stadttheater Döbeln so wenig anhaben, wie so mancher kulturpolitische Gegenwind, der dem Haus, seiner Belegschaft und seinen Freunden immer mal wieder mit Sturmstärke entgegenblies.

Mit dem Wiederaufbau nach dem Brand 1912 wurde der Eingang an die Stirnseite des Theaters verlegt. Im Inneren erhielt es eine moderne Jugendstilausstattung. Bildrechte: Archiv

Fusion mit Freiberg zum Mittelsächsischen Theater

Geschäftsführer Dr. Hans Peter Ickrath und Intendant Sergio Raonic Lukovic vor dem Gebäude und den Mitgliedern der Theaterleitung in den Fenstern. Bildrechte: René Jungnickel

1992, kurz nach der Wiedervereinigung, als auch die kulturellen Landschaften Mitteldeutschlands wieder anfingen zu blühen, votierten die Kreisräte gegen den heftigen Widerstand der Theaterfreunde für die Schließung des Theaters. Für ein knappes halbes Jahr blieb der Vorhang zu.

Doch das Haus wurde daraufhin mit der Bühne in Freiberg zum Mittelsächsischen Theater fusioniert. Gerettet? Ja, aber trotzdem abgehängt. So jedenfalls fühlten sich engagierte Döbelner Bürgerinnen und Bürger und gründeten im Jahr 1999 einen Förderverein, der sich seitdem ausdrücklich für die Existenz des eigenen Stadttheaters stark macht und damit beim neuen Intendanten Sergio Raonic Lukovic endlich wieder ein offenes Ohr gefunden hat. 

Ein Stadttheater mit Bürgerbeteiligung

"Ein Stadttheater wie Döbeln hat eine andere Funktion, als ein Haus in Düsseldorf oder Dresden." – sagt Lukovic, der in Wien und Dresden ausgebildete Bassbariton, der nach einem Engagement an der jungen Oper am Rhein aus Düsseldorf hierher nach Mitteldeutschland kam. Das war im Jahr 2006 und vom einfachen Ensemblemitglied ist er zum Regisseur und – seit neuestem – Intendanten geworden.

Ein Mann mit Gespür für das Haus und die Situation in der Stadt. "Die Leute merken genau, wenn die Identität abhandenkommt. Deswegen haben wir in Deutschland auch eine kleine Krise. Wir sehen, dass die Leute das Theater nur annehmen, wenn sie ein Teil dieses Theaters sein dürfen", sagt der Intendant und setzte schnell Zeichen, die über das bloße Lippenbekenntnis hinausgehen.

Die erste Premiere der neuen Sparte "Junges Theater": Uraufführung "Alles Isy", Jugendstück nach dem Film von Max Eipp und Mark Monheim in der Bühnenfassung von Alice Quadflieg. Bildrechte: Janine Haupt

Wiederbelebung des legendären Döbelner Theaterballs

Seit kurzem gibt es einen zweiten Verein am Haus. Eine Bürgerbühne namens "Loge 5", die mit ihren Produktionen vom Theater nicht nur unterstützt, sondern auch im regulären Spielplan präsentiert wird. Angeregt vom Förderverein des Theaters geht man mit Überraschungskonzerten dorthin, wo man das Publikum findet, das den Weg ins Theater (noch) nicht sucht. "Klassik und Jazz open-Air auf dem Niedermarkt, das kam super an und kann helfen, Schwellenängste abzubauen", ist sich Andreas Porstmann, Chef des Fördervereins, sicher und geht gemeinsam mit seinen Mitstreitern und dem Intendanten auch die Wiederbelebung des legendären Döbelner Theaterballs an.

Die erste Premiere des Schauspiels unter der neuen Leitung: "Der Talisman", eine Komödie mit Musik von Johann Nestroy. Bildrechte: Janine Haupt

Und auch sonst scheint vieles möglich. "Wir sind in einer Situation, in der wir lernen müssen, miteinander zu reden, ohne dass wir vorher schon ein Ergebnis haben", bringt der Intendant seine Haltung auf den Punkt. Das klingt nach Potential für das Stadttheater hier in Döbeln.

Redaktionelle Bearbeitung: Judith Burger

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 07. Oktober 2022 | 07:40 Uhr