EmpfehlungenDresden und Lausitz: Sechs besondere Theaterstücke im November
Lust auf Theater? Der November 2024 bietet herausragende Theater-Erlebnisse: In Dresden ist junges europäisches Theater zu Gast. In Radebeul gibt es eine sehenswerte Woyzeck-Inszenierung. In Bautzen wird ein Puppenhitler zum Diktator und in Görlitz und Zittau gibt es tragisches Musical über die Stummfilmzeit. Hier finden Sie unsere Theatertipps mit Adressen und Terminen, die monatlich aktualisiert werden.
Inhalt des Artikels:
- Schauspiel in Radebeul: "Woyzeck" an den Landesbühnen
- Crossover in Dresden: "Auflaufend Wasser" mit Thomas Rühmann
- Musiktheater in Görlitz und Zittau: "Mack und Mabel"
- Figurentheater in Bautzen: "Mein Kampf" am Deutsch-Sorbischen Volkstheater
- Festival in Dresden: Junge Regie-Talente beim "Fast Forward"
- Tanz in Dresden: "Zona Franca" in Hellerau
Schauspiel in Radebeul: "Woyzeck" an den Landesbühnen
Die große Stärke von Klassikern ist, dass man sie für abgeschrieben hält wegen ihres hohen Alters und dann doch plötzlich so viele aktuelle Nachrichten in ihnen entdeckt. So ist auch "Woyzeck" von Georg Büchner seit Jahrzehnten eine Parabel dafür, wie schnell der Wahn jeden Menschen einfangen kann, was Geringschätzung ausmacht – und ganz aktuell: welchen Schaden toxische Männlichkeit anrichtet. Denn nicht zuletzt beginnt Woyzecks Wahnsinn auch, weil er meint, Ansprüche auf Marie zu haben. Regisseur Peter Kube ist in Radebeul recht frei mit dem fragmentarischen Dramentext umgegangen und hat ihn für ein junges Publikum auf die Bühne gebracht. Davon und von der Ensembleleistung ist MDR KULTUR-Theaterkritiker Wolfgang Schilling überzeugt: "Man lacht viel, ohne den Ernst der Lage aus den Augen zu verlieren."
Weitere Informationen"Woyzeck" von Georg Büchner
Dauer: 90 Minuten, keine Pause
Adresse:
Theater Meißen
Theaterplatz 15
01662 Meißen
Termine:
12. November, 18 Uhr
Adresse:
Landesbühnen Sachsen
Meißner Straße 152
01445 Radebeul
Termine:
17. November, 19 Uhr
Crossover in Dresden: "Auflaufend Wasser" mit Thomas Rühmann
Der junge Tjark steht auf einer Sandbank und die Flut steigt. Eigentlich wollte er zu Weihnachten seine Familie auf einer kleinen ostfriesischen Insel besuchen, doch etwas ist schiefgegangen und er wurde nicht am Strand abgesetzt. Und nun kann er eigentlich nur noch auf den Tod warten. Aus dieser Novelle von Astrid Dehe und Achim Engstler hat der Schauspieler Thomas Rühmann, einem breiten Publikum als Arzt in der MDR-Erfolgsserie "In aller Freundschaft" bekannt, ein schlichtes und mitreißendes Theaterstück gemacht: "Die Art, wie Rühmann spricht, wie er die Worte dreht und wendet, sich Wind und Wellen scheinbar bäumen, lässt keinen Zweifel: Hier ist kein Happy End in Sicht", schreibt die Kritikerin Stephanie Lubasch in der "Märkischen Oderzeitung". Der Darsteller steht ganz in Schwarz gekleidet da und spricht den Text schlicht. Dabei wird er zum einen von dem Violinisten Florian Mayer begleitet mit einem "vielgestaltigen Klangteppich, der sich aufs Schönste mit dem gesprochenen Wort verbindet" und zum anderen von seinem Sohn Jannes Rühmann, der "mit kraftvoller Leichtigkeit Tjarks Verschmelzen mit den Elementen" tänzerisch darstellt.
Weitere Informationen"Auflaufend Wasser"
nach der Novelle von Astrid Dehe und Achim Engstler
Adresse:
Societaetstheater
An der Dreikönigskirche 1a
01097 Dresden
Dauer: 70 Minuten
Termine:
23. November, 20 Uhr
24. November, 17 Uhr
Musiktheater in Görlitz und Zittau: "Mack und Mabel"
Er hat den richtigen Moment verpasst. Nun steht er da und hat alles verloren: der Filmemacher Mack Sennett. Torkelnd tritt er auf die Bühne und schreit erstmal das Orchester an. Dann erinnert er sich an das glorreiche Jahr 1911, das Jahr, in dem er Mabel Normand entdeckte. Er engagierte sie und machte sie zum Star seiner Stummfilm-Komödien. Doch dann folgte der Abstieg: Er ignorierte nicht nur den Erfolg des Tonfilms, sondern auch seine Gefühle für sie. Sie fühlte sich nicht ernst genommen und spielte fortan in großen Dramen – bis Alkohol und andere Exzesse sie das Leben kosteten. Das klingt nicht gerade nach einem Stoff für ein beschwingtes Musical, doch genau das zeigt das Gerhart-Hauptmann-Theater mit dem Stück "Mack und Mabel". Christopher Tölle fängt den Musical-Drive der Erfolgsjahre in seiner Inszenierung ein und nimmt die Figuren in ihrer Tiefe, nicht ohne einige absurde und komische Elemente. „Das Publikum wird mitgerissen in die Welt des Showbiz“, schreibt Kritiker Jens Daniel Schubert in der "Sächsischen Zeitung": "Ein glänzender Abend, mitreißend, anrührend und hintersinnig."
Weitere Informationen"Mack und Mabel"
Musical von Michael Stewart und Jerry Herman
Dauer: 160 Minuten, eine Pause
Adresse:
Theater Görlitz
Demianiplatz 2
02826 Görlitz
Termine:
16. November, 19:30 Uhr
Adresse:
Theater Zittau
Theaterring 12
02763 Zittau
Termine:
23. November, 19:30 Uhr
24. November, 15 Uhr
Figurentheater in Bautzen: "Mein Kampf" am Deutsch-Sorbischen Volkstheater
Verwirrt kommt der junge Mann nach Wien und will eigentlich nur Kunst studieren. Er trifft auf Schlomo Herzl, einen jüdischen Buchhändler, der dem angehenden Künstler ein Bett in einem Männerasyl unter einer Fleischerei besorgt und der den jungen Menschen später tröstet, als die Kunstakademie ihn ablehnt. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto mehr wird der junge Mann zu dem, was die Welt später fürchten wird. Auch den Titel seines verbotenen Buchs und seinen markanten Bart hat der spätere Diktator von Schlomo Herzl. So zeichnet der ungarische Schriftsteller George Tabori in seiner Groteske das Entstehen von dem Adolf Hitler nach, den die Geschichte später kennt. In Bautzen wird diese Geschichte mit riesigen und kleinen Klappmaulpuppen erzählt. Das unterstreicht den absurden Charakter des Stücks wunderbar, wie der Kritiker Andreas Herrmann in den "Dresdner Neuesten Nachrichten" beobachtet, "und reißt im Charme des angelegten Witzes mit einem wunderbaren Spielersextett und Puppen von Christof von Büren empathisch mit, ohne sich des Sujets vom Realdrama zu entziehen oder gar platte Analogien einzubauen."
Weitere Informationen"Mein Kampf"
Farce von George Tabori
Adresse:
Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen
Seminarstraße 12
02625 Bautzen
Dauer: 135 Minuten, eine Pause
Termine:
7. November, 19:30 Uhr
14. November, 19:30 Uhr
Festival in Dresden: Junge Regie-Talente beim "Fast Forward"
Das Festival Fast Forward will einen Blick in die Zukunft des europäischen Theaters werfen – indem es junge Theaterschaffende aus ganz Europa nach Dresden einlädt. In diesem Jahr scheint sich das Programm der Herausforderung zu stellen, in diesen schwierigen Zeiten (Rechtsruck, Spaltung der Gesellschaft und so weiter) die richtigen Worte zu finden. In "Rage" spielen vier Frauen die alltäglichen sexuellen Übergriffe von Männern nach, um ihrem Zorn endlich mal freien Lauf zu lassen – und damit das Problem endlich mal nicht wegzulächeln. Mina Kavani überlegt in "I’m deranged", was es für Menschen bedeutet, ihre Heimat zu verlassen und im Exil zu leben, sie zeigt, warum sie weggehen und was für Hürden sie erwarten. Nina Gazaniol Vérité holt das kleine Dorf "Decazeville" in die alte Robotron-Kantine. Das Publikum wandert durch eine Installation mit Videos und O-Tönen und lernt den abgehängten Ort kennen, der so vielen in Europa gleicht. In "Scream Box" untersucht Liisa Saaremäel die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Stimme. Auf einem Spaziergang werden die "Manifeste für nach dem Ende der Welt" vorgetragen und Nemanja Mijović bringt den intensiven und irgendwie pessimistischen Text auf die Bühne. Die Zwillinge Guillaume und Clément Papachristou erzählen mit Tanz aus ihrem Leben und die Geschwister Alice und Davide Sinigaglia geben ein szenisches Konzert über verschiedene Generationen.
Weitere Informationen"Fast Forward" – Europäisches Festival für junge Regie findet vom 14. bis 17. November in Dresden statt.
Tanz in Dresden: "Zona Franca" in Hellerau
Wie geht es eigentlich Brasilien? Seit der rechte Präsident Jair Bolsonaro 2022 abgewählt wurde, erreichen uns wieder deutlich weniger Nachrichten aus der südamerikanischen Nation. Vielleicht liegt das auch daran, dass sich das Land erstmal wieder selbst finden muss. Davon erzählt das Tanz-Stück "Zona Franca" von Alice Ripoll und der Companhia Suave, jungen Tänzerinnen und Tänzern aus den Favelas Rio de Janeiros. "Mit einer unglaublichen Energie nahmen sie die Bühne ein", schreibt Claudia Hötzendorfer in der "Rheinischen Post". Dafür mischen sie verschiedene Tanzstile wie Passinho, Dancinha, Voguing, Samba oder Hip-Hop. Die Performance zeigt eine junge Generation, die überlegt, wie sie Leerstellen füllen und Freiheiten schaffen können. Dem Stück wohnte eine utopische Kraft inne, die überall guttun könnte.
Weitere Informationen"Zona Franca"
von Alice Ripoll und Companhia Suave
Adresse:
Festspielhaus Hellerau
Karl-Liebknecht-Straße 56
01109 Dresden
Dauer: 60 Minuten
Termine:
29. November, 20 Uhr
30. November, 20 Uhr
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | artour | 10. Oktober 2024 | 22:10 Uhr