Ausblick auf Saison 2023/24Dresden: Staatsschauspiel am Puls der Zeit mit Brecht und Shakespeares Schwester
Mit Klassikern am Puls der Zeit? Das Staatsschauspiel Dresden holt in der nächsten Saison Wedekinds "Lulu", Brechts "Dreigroschenoper" oder Shakespeare ins Heute. Mit von der Partie ist auch die Bürger:Bühne mit "Peer Gynt" im Social-Media-Format. 22 Premieren sind für die Saison 2023/24 geplant. Zu erleben sein wird der europäische Regie-Nachwuchs beim Festival "Fast Forward". Außerdem gibt es ein neues Weihnachtsstück.
Zuversichtlich trotz Krieg und Krisen, dabei mit offenem Blick auf Gegenwart und Zukunft, so geht das Dresdner Staatsschauspiel nach den Worten von Intendant Joachim Klement in die neue Spielzeit. Eröffnet werden soll sie mit zwei modernen Klassikern, die ebenfalls in Krisenzeiten entstanden und daraus ihre Kraft und Brillanz zogen, wie Klement bei der Vorstellung des Programms für 2023/24 am Dienstag weiter erklärte.
Premieren: "Lulu" und "Dreigroschenoper" in Regie von Volker Lösch
Die pandemiebedingt verschobene Inszenierung von Frank Wedekinds "Lulu" feiert nun am 9. September in Regie von Daniela Löffner Premiere. Am 6. Oktober folgt "Die Dreigroschenoper", mit der Bertolt Brecht und Kurt Weill Ende der 1920er-Jahre Furore machten, bis die Nazis das Stück verboten und beide ins Exil vertrieben. Regisseur Volker Lösch versetzt die Handlung in ein fiktives Deutschland des Jahres 2023, mit rechten Gruppierungen, die den Umsturz planen.
Wie Klement im Gespräch mit MDR Kultur dazu erklärte, werde Löschs Inszenierung zeigen, wie heutig das Werk von Brecht und Weill sei, etwa indem es der Frage nachgehe: "Wie funktioniert denn eigentlich das, was wir Kapitalismus nennen?" Über diese und andere Fragen wolle man mit dem Publikum ins Gespräch kommen. "Theater lebt ja vom Spiel, von Ideen und Gefühlen und von der Vieldeutigkeit des Dialogs. Jeder Dialog besteht aus Rede und Gegenrede. Theater lädt ein, die Perspektive zu wechseln. Und das ist, glaube ich, wirklich eine gute Voraussetzung, um sich spielerisch auch mit realen Krisen und Konfliktfeldern auseinanderzusetzen", so Klement.
Bürger:Bühne holt "Peer Gynt" in die digitale Gegenwart
Insgesamt stehen 22 Premieren – davon sieben Uraufführungen – in der neuen Spielzeit auf dem Programm. Die Bürger:Bühne ist mit fünf neuen Arbeiten vertreten. So entsteht auf Basis von Henrik Ibsens Dichtung "Peer Gynt" ein Gegenwartsstück für Jugendliche, das davon handelt, wie der draufgängerische Außenseiter dank Social Media sein Image poliert und sich digital in andere Welten träumt.
Mit dem Projekt X-DÖRFER ist die Bürger:Bühne auch in der nächsten Spielzeit unterwegs, um unter Leitung von Miriam Tscholl in der Region mit Partnerinnen und Partnern dauerhafte kulturelle Angebote zu entwickeln. Gebraucht werde dafür die Expertise von Menschen vor Ort, führte Klement im Gespräch mit MDR Kultur dazu weiter aus.
Gedankenspiele mit "Ajax", Shakespeares Schwester und Kafka
Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs entstand Thomas Freyers Stück "Ajax" als Auftragswerk für das Staatsschauspiel Dresden. Der Titel spielt an auf den griechischen Kämpfer, der am Ende wahnsinnig wird im Trojanischen Krieg. Dem antiken Mythos stellt Freyer einen Familienvater aus dem 21. Jahrhundert gegenüber, der sich angesichts eines Kriegs in Europa in den Bau eines Bunkers stürzt. Uraufführung ist am 28. Oktober im Kleinen Haus. Zu einem Gedankenspiel lädt Paula Thielecke mit ihrem Stück "Judith Shakespeare – Rape and Revenge", sie spinnt darin Virginia Woolfs Idee weiter, dass Shakespeare eine begabte Schwester gehabt haben könnte. Thielecke holt sie in einem Stück mit schnellen Dialogen ins Heute. Premiere ist am 2. März 2024 im Kleinen Haus.
Raum für Imaginationen zu schaffen, das hat sich das Staatsschauspiel Dresden nach eigenem Bekunden auch mit den Inszenierungen von E.T.A. Hoffmanns berühmter fantastischer Erzählung "Der Sandmann" und Franz Kafkas Roman "Das Schloss" vorgenommen.
Eine musikalische Reise ins Ungewisse veranstalten Regisseur Sebastian Hartmann und PC Nackt mit "Atlantis" am 27. Januar 2024.
Aktuelle Dresdner Premieren rezensiert
Festival "Fast Forward" zeigt Arbeiten junger europäischer Regisseure
Vom 2. bis 5. November 2023 soll es eine neue Ausgabe des Festivals "Fast Forward" geben, zu sehen sein werden acht Inszenierungen junger Regisseurinnen und Regisseure aus ganz Europa. Die künstlerische Leiterin Charlotte Orti von Havrane verspricht ein "Theaterfest für die, die am Anfang stehen, und eine Zukunftswerkstatt, die für Überraschungen gut ist". Kooperationspartner sind die Hochschule für Bildende Künste Dresden und das Europäische Zentrum der Künste Hellerau.
Michael Endes Wunschpunsch als Weihnachtsstück
Schließlich feiert in der Vorweihnachtszeit Michael Endes Familienstück "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" Premiere, das laut Staatsschauspiel davon erzählt, wie aus Feinden Freunde werden, die gemeinsam die Welt retten.
Quelle: Staatsschauspiel Dresden, MDR Kultur / Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 18. April 2023 | 16:10 Uhr