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Einen goldenen Palast hat Raimund Bauer für die Bühne des Weimarer Nationaltheaters (DNT) geschaffen, zu sehen im Stück "Missing in Cantu". Bildrechte: Candy Welz

Klassiker hinterfragenThüringen: Die spannendsten Theaterstücke im Dezember 2023

von Thilo Sauer, MDR KULTUR

01. Dezember 2023, 04:00 Uhr

Sie haben Lust, mal wieder ins Theater zu gehen? In Erfurt, Weimar, Jena und Rudolstadt gibt es im Dezember 2023 viele sehenswerte Aufführungen: In Erfurt erzählt ein Ballett von einer Puppe, die durch KI lebendig wird. In Jena wird darüber nachgedacht, wie noch Pläne gemacht werden können. In Weimar gibt es das Gegenstück: Musiktheater über das Ende der Menschheit. Und wer die Serie "Der Tatortreiniger" liebt, sollte sich das Theater Rudolstadt vormerken! Hier eine Übersicht:

HinweisDieser Artikel wird jeweils zum ersten Tag des neuen Monats aktualisiert, sodass Sie hier immer die neuesten Empfehlungen für jeden Monat finden.

Schauspiel über die Vergangenheit: "Jenseits der blauen Grenze" in Weimar

Der Druck auf Individuen, auf den einzelnen Menschen war in der DDR so groß, das einige alles auf sich nahmen, um dem Unrechtssystem zu entrinnen. Viele versuchten über die grüne Grenze in Thüringen zu flüchten, andere nahmen die riskantere blaue Grenze. An der Ostsee war Dänemark und damit das kapitalistische, liberale Ausland nur 50 Kilometer entfernt. Diesen Weg will Hanna nehmen, denn als Leistungsschwimmerin traut sie sich das zu. Davon erzählt der Roman "Jenseits der blauen Grenze" von Dorit Linke, den Swaantje Lena Kleff auf die Bühne in Weimar gebracht hat. "Szenisch ist die arg didaktisch aufgeladene Fabel wunderbar aufgelöst", lobt Gunnar Decker in "Die deutsche Bühne" den gelungenen Abend: Die Bühne ist in blaues Licht getaucht und wir sehen zu, wie sich Hanna und ihr Freund Andreas durch das Meer kämpfen. Mit den Schwimmzügen kommen ihnen Erinnerungen an ihr Leben in der DDR, die vom fünfköpfigen Ensemble gespielt werden. Je weiter sie sich vom Ufer entfernen, desto langsamer werden die Schwimmzüge und so schneller blitzen die Erinnerungen auf.

"Jenseits der blauen Grenze" erzählt von Hannas Fluchtversuch. Bildrechte: Candy Welz

Weitere Informationen"Jenseits der blauen Grenze"
Schauspiel nach dem Roman von Dorit Linke

Adresse:
Studiobühne
Theaterplatz 2
99423 Weimar

Termine:
18. Dezember 2023, 19 Uhr

Tanz: "Coppélia" in Erfurt

Seit einigen Jahren wird regelmäßig öffentlich darüber diskutiert, ob der Mensch nicht bald ersetzt wird; ob Roboter Autos nicht schneller bauen und Künstliche Intelligenz nicht vielleicht bessere Texte schreiben würde. Auch wenn das immer nach Science-Fiction klingt, ist das Thema gar nicht so neu: Schon E.T.A. Hoffmann hat über Automaten geschrieben, die wie Menschen wirken. Zum Beispiel in dem Ballett "Coppélia", das Léo Delibes vertonte.

Jéssyca Rett überzeugt als Coppélia durch perfekte Körperbeherrschung bis in die Mimik. Bildrechte: Ronny Ristok

In Gera hat sich die Ballett-Chefin Silvana Schröder den Klassiker vorgenommen und in die Zukunft versetzt. Auch hier kommt der Wissenschaftler Coppélius mit einem Automaten in die Vorlesung. Doch bei Schröder muss er die Puppe nicht mit Magie zum Leben erwecken, sondern hat sie bereits mit einer KI ausgestattet. Dieser Roboter lernt selbstständig, beobachtet die Menschen um sich herum und ahmt sie nach. Für die Menschen wird der Roboter dadurch auch zur Projektionsfläche und die Beziehungen werden noch etwas komplizierter. Kritiker Volker Tzschucke ist in "Die deutsche Bühne" vor allem von der tänzerischen und schauspielerischen Qualität des Thüringischen Staatsballetts begeistert. Insgesamt beeindruckt ihn der Mut, mit dem der Klassiker in die Postmoderne überführt wurde. Im November wird die Produktion im Erfurter Theater gezeigt.

Weitere Informationen"Coppélia – Das Mädchen mit den Glasaugen"
Ballett von Silvana Schröder mit Musik von Léo Delibes und Francis Poulenc

Adresse:
Theater Erfurt
Theaterplatz 1
99084 Erfurt

Dauer: 120 Minuten, eine Pause

Termine:
3. Dezember 2023, 18 Uhr
15. Dezember 2023, 19:30 Uhr
20. Dezember 2023, 19:30 Uhr
22. Dezember 2023, 19:30 Uhr

Performance für die Zukunft: "Making Plans" in Jena

Irgendwie ist uns die Zukunft abhandengekommen. Der Kapitalismus treibt die Klimakrise voran, die Klimakrise heizt die Konflikte auf der Welt an. Da bleibt nicht mehr genug Zukunft übrig, um noch wirklich an Utopien zu basteln. Darüber denkt das Performance-Duo hashtagmonike am Theaterhaus Jena nach. Der Bühnenraum wird für die beiden Schauspielerinnen zum Reflexions- und Reflektionsort (denn er ist voller spiegelnder Oberflächen). Gemeinsam sinnieren sie über Zukunft und Hoffnung und spiegeln diese Gedanken ins Publikum, das selbst zur unbestimmten Zukunft wird. Mit Musik schaffen sie es immer wieder, die verschiedenen Ebenen von Ideen und Zeiten zusammenzubringen. MDR KULTUR-Redakteur Stefan Petraschewsky hat in Jena einen poetischen und künstlerisch hochqualitativen Abend gesehen.

Weitere Informationen"Making Plans"
von und mit hashtagmonike

Adresse:
Theaterhaus Jena
Schillergässchen 1
07745 Jena

Dauer: 75 Minuten, keine Pause

Termine:
1. Dezember 2023, 20 Uhr
2. Dezember 2023, 20 Uhr

Zeitgenössisches Musiktheater: "Missing in Cantu" am Nationaltheater Weimar 

Das Ende scheint unausweichlich, so klingt es zumindest oft in den Stücken von Thomas Köck. Nun wurde sein Theatertext "eure paläste sind leer" von Johannes Maria Staud vertont und am Deutschen Nationaltheater Weimar (DNT) uraufgeführt. Dort wandert ein Mensch (vielleicht der letzte Mensch) durch einen leeren Palast, der ganz beeindruckend auf der Weimarer Bühne steht. Auf anderen Zeitebenen versuchen spanische Eroberer die goldene Stadt El Dorado zu finden, werden darüber wahnsinnig, und Reporter zeigen die Abgründe des Drogenkrieges in den USA. 

"Der Komponist greift die Musikalität des Textes auf", sagt Kritiker Bernhard Doppler bei MDR KLASSIK, und entwickele das Stück weiter. "Den Zuhörer zieht Staud zunächst durch leise elektronische Musik und Geräusche sogleich in einen Sog, lässt aber auch ein konventionelles Opernorchester, Posaunen und Streicher auffahren oder bringt Zitate von Pop-Musik an der Hammondorgel. Die Inszenierung der Weimarer Opernchefin verliert sich dabei glücklicherweise nicht in Endzeitstimmung, sondern bleibt humorvoll."

Weitere Informationen"Missing in Cantu (eure paläste sind leer)"
Musiktheater von Johannes Maria Staud
nach einem Libretto von Thomas Köck

Adresse:
Theaterplatz 2
99423 Weimar

Termine:
21. Dezember 2023, 19:30 Uhr

Schauspiel nach Serienerfolg: "Der Tatortreiniger" in Rudolstadt

Es ist immer noch die Paraderolle des Schauspielers Bjarne Mädel: "Der Tatortreiniger". Doch nicht nur wegen dieser wunderbaren Darstellung des unbedarften und immer liebenswerten Dienstleisters ist die Serie Kult. Sie lebt vor allem von der Liebe zu den Figuren, die die Autorin Ingrid Lausund besser bekannt unter dem Namen Mizzi Meyer bewiesen hat. Deswegen funktionieren die kammerspielartigen Geschichten auch auf der Theaterbühne. Vier Episoden hat Markus Fennert auf die Bühne des Theaters Rudolstadt gebracht. MDR KULTUR-Reporterin Marlene Drexler schreibt nach einem Probenbesuch: "Der Abend zeigt: Die Dialoge von Lausund haben sich weder abgenutzt noch inhaltlich überholt – ganz im Gegenteil! Von Schotty und seinem Umgang mit anderen Meinungen kann man immer noch viel lernen. Denn am Ende jeder Episode steht eine Begegnung, die beide Parteien verändert hat."

Weitere Informationen"Der Tatortreiniger"
Theaterabend nach der Kult-Serie von Mizzi Meyer

Adresse:
Theater im Stadthaus
Platz der Opfer des Faschismus 1
07407 Rudolstadt

Termine:
31. Dezember 2023, 19:30 Uhr

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 28. Oktober 2023 | 10:10 Uhr