Nordharzer Städtebundtheater Gefeierte Doppelpremiere in Halberstadt : "Ein Sommernachtstraum"
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Das Nordharzer Städtebundtheater feierte den Frühlingsbeginn am 25. März mit einer Doppelpremiere von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum": Zunächst zeigte das Schauspielensemble mit "A Midsummer Night's Sex Comedy" Woody Allens Bearbeitung der Shakespeareschen Komödie. Nun kam in Halberstadt Benjamin Brittens Oper "Ein Sommernachtstraum" zur Erstaufführung.

In Shakespaeres klassicher Komödie – und Benjamin Britten und sein Lebensgefährte Peter Pears haben sich beim Libretto sehr genau an den Text der Vorlage gehalten – vermischen sich wie sonst kaum in einem anderen Stück ununterscheidbar Traum und Wirklichkeit: Was ist wahr, was ist Einbildung, was Feenwelt? Darüber hinaus wird in dieser Oper Theater selbst zum Thema: Eine Handwerktruppe führt vor dem Herzog ein Trauerspiel auf, das unfreiwillig zur Komödie wird.
Für Johannes Rieger, der seit 14 Jahren Intendant und gleichzeitig auch Generalmusikdirektor des Nordharzer Städtebundtheaters ist, bietet Brittens Oper daher eindrucksvoll die Möglichkeit, nicht nur seine Harzer Sinfoniker in erlesenen Klangfarben und mit viel Klangzauber vorzuführen, sondern auch ein großes Ensemble zu präsentieren – 14 fast gleichberechtigte Rollen, dazu ein sechsköpfiger Frauenchor und eine Schauspielerin.
Eintauchen in eine Zauberwelt
Regisseur Oliver Klöter und Bühnenbildnerin Andrea Kämpf führen dabei weniger in die Gegenwart als in einen fantastischen Zauberwald. Zwar steht auch bei Shakespeare der Wald geradezu psychoanalytisch für Triebirrungen, Verwirrungen und Verdrängungen, für Sexuelles etwa, das mit einem Esel als tierisch genossen wird, doch bleibt es – im Gegensatz zu Woody Allens moderner Sex-Komödie oder Ingmar Bergmanns "Es geschah in einer Sommernacht" – beim Märchenhaften.
Durch drei grüne, dann silberne, dann goldene Bretter, die sich nicht nur verschieben, sondern sich auch teilen und auf diese Weise in den Wald einschlüpfen lassen, beeindruckt das Bühnenbild von Andrea Kämpf. So wie man auch in den Wolken oder an den Umrissen von Bäumen glaubt, Menschen zu sehen, so meint man auch hier plötzlich, solche Silhouetten zu erkennen. Vieles bleibt allerdings unbestimmt.
Denn obwohl Shakespeares Text nicht englisch, sondern in der deutschen Übersetzung gesungen wird – eine Rückübersetzung der Übertragung von August Wilhelm Schlegel – es bleibt leider oft wortundeutlich, sodass man Feinheiten der sexuellen Streitigkeiten nicht ganz mitbekommt. Übertitel wären auch bei der deutschen Übersetzung hilfreich gewesen.
Begeistert Zuschauer auf und vor der Bühne
Vergnüglicher Höhepunkt ist die Aufführung der Laienspieltruppe. Britten führt dabei in seinen musikalischen Einfällen genussvoll Rossinis Buffe (komische Opern) weiter. Sechs Männer – denn wie in Shakespeares Zeiten waren als Schauspieler nur Männer zugelassen, die auch alle Frauenrollen spielten – gefallen dabei als unfreiwillige Komiker. Nicht nur vom Publikum auf der Bühne, die Hofgesellschaft um Theseus in Athen, sondern auch vom Zuschauerraum gibt es da Zwischenapplaus.
Intendant Johannes Rieger kann mit seinen Harzer Sinfonikern nicht nur den Zuschauer in betörende, bisweilen schrullig komische Klangfarben eintauchen lassen, sondern auch sein großes, oft schon über viele Spielzeiten eingespieltes Ensemble – und das fast gänzlich ohne Gäste. Nur kurz vor der Premiere musste noch Nicholas Harriades gewonnen werden, der kurzfristig in der Countertenorrolle des Elfenkönigs Oberon einspringen musste. "Der Sommernachtstraum" – ein wärmender Theaterabend in einer kalten Märznacht.
Weiterführende Informationen
"Ein Sommernachtstraum"
Oper von Benjamin Britten
Libretto nach William Shakespeare, eingerichtet von Benjamin Britten und Peter Pears
Letzte Vorstellung:
in Halberstadt am 11. Juni 2023
(Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. März 2023 | 13:15 Uhr