
Neue Termine Peer Gynt in Halle: Atemberaubend schön als Ballett und Puppenspiel
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16. September 2022, 04:00 Uhr
"Peer Gynt" – das ist der berühmte Taugenichts, der sich lieber in eine Traumwelt flüchtet, als sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. In einem dramatischen Gedicht ließ ihn Henrik Ibsen zuerst auftreten. Der Erfolg war so groß, dass der norwegische Dichter ein Bühnenwerk daraus machte und den Komponisten Edward Grieg bat, die Musik dazu zu schreiben. Seine Suiten mit Stücken wie der "Morgenstimmung" oder "Solvejgs Wiegenlied" sind absolute Evergreens. Ist es möglich, diesen viel bearbeiteten Stoff noch einmal neu anzupacken und aufregend anders zu erzählen? Der hallesche Ballett-Chef Michal Sedláček gibt bei der Uraufführung seiner Bearbeitung des "Peer Gynt" auf der Bühne der Oper Halle eine atemberaubend schöne Antwort.
Peer Gynt ist ein Getriebener, ein Haltloser, der nicht mit sich, noch mit der Welt um sich herum klarkommt. Er stammt, wie man es heute formulieren würde, aus schwierigen Verhältnissen: der Vater ein Trinker, die Beziehung zur Mutter nicht ehrlich. Peer lebt in seiner eigenen Welt der Märchen und Luftschlösser, taucht ein in das Reich der Kobolde und Trolle. Dass er nach vielen Frauengeschichten seine wahre Liebe erst zu spät erkennt, ist eine der vielen Zutaten für ein starkes Drama.
Tanz und Puppentheater ergänzen sich kongenial
Beim Erzählen dieser Geschichte setzt Michael Sedláček in seiner Bearbeitung ganz auf die kongeniale Ergänzung der Stärke zweier Sparten, bei denen der Verzicht auf Sprache zum zentralen Stilmittel gehört: Tanz- und Puppentheater. In zwei Akten und 22 Szenen inszeniert er mit seiner brillanten Compagnie das Leben des Peer Gynt in großen Bildern und bewegender Choreografie.
Was die Truppe um den halleschen Ballettchef kann, hat sie bereits in Stücken wie "Inferno", "#BIZZAR" oder "Alice im Wunderland" bewiesen. Für Peer Gynt haben die Tänzerinne und Tänzer nun von Christoph Werner und Nils Dreschke aus dem Puppentheater Halle auch noch den Umgang mit Masken und Puppen gelernt und erobern sich mit diesem Stilmittel eine neue Dimension des tänzerischen Erzählens.
Dies alles formt sich in einer erneut großartigen Kulisse zu einem berührenden und sinnlichen Erlebnis, das trotz der starken Emotionen der erzählerischen Tiefe des Stoffes von Ibsen vollauf gerecht wird. Einen absoluten tänzerischen Höhepunkt liefert der Abend bereits in der letzten Szene des ersten Aktes, als die Mutter von Peer Gynt in dessen Armen stirbt.
Inszenierung: Opulent, aber ohne Firlefanz
Auch in der Musikauswahl zeigt sich Sedláček gewohnt kreativ. Seine ganz eigene Zusammenstellung der Griegschen Stücke steht ausschließlich im Dienst der Geschichte, wie Sedláček sie konzipiert hat und baut von Szene zu Szene immer wieder neu Spannungsbögen auf, die das Publikum in Bann halten.
Ausstattung und Licht dieser Inszenierung bieten die perfekte Plattform für diese fantasievolle Inszenierung. Sedláček setzt wieder auf starke Farben und Formenwelten, opulent und doch ohne jeden Firlefanz. Jedes Bild muss so sein, wie es ist, um der Stimmung der Erzählung gerecht zu werden.
Stehende Ovationen für fantasievolle Reise in Gynts Gedankenpalast
Der überdimensionale Kopf von Peer selbst ist der zentrale Spielort in dieser märchenhaften Bühnenwelt. Wir, das Publikum können somit seine Gedanken sehen und wissen gleichzeitig: Alles, was wir sehen, ist Fantasie, sind die Träume und Albträume des Peer Gynt.
Das Publikum dankt am Ende allen Beteiligten mit stehenden Ovationen und Bravorufen für diesen atemberaubenden Abend. Der (noch) neue Hausherr der Oper, Walter Sutcliffe, hat Recht, wenn er in seiner kurzen Dankesrede festhält, dass diese übergreifende Arbeit der Sparten der einzelnen Bühnen in dieser Qualität so nur in Halle möglich ist und die Stadtgesellschaft auf dieses Haus wahrhaft stolz sein kann. Wenn das der neue Geist des Miteinanders der Bühnen in Halle ist, haben die jetzigen Verantwortlichen in der Führungsriege der Theater Oper Orchester Halle GmbH (TOOH) alles richtig gemacht.
Die Aufführung
Peer Gynt
Ballett in zwei Akten von Michal Sedláček
Libretto von Michal Sedláček nach dem gleichnamigen Dramatischen Gedicht von Henrik Ibsen (1867)
Musik von Edvard Grieg und Sidney Corbett
Sopran: Ks. Romelia Lichtenstein
Das Ballett Halle
Staatskapelle Halle
Chor der Oper Halle
In Zusammenarbeit mit dem Puppentheater Halle
Uraufführung am 30. Oktober 2021, Oper Halle | Großer Saal
Weitere Termine:
Freitag, 27. Januar 2023, 19:30 Uhr, Oper - Großer Saal
Sonntag, 19. Februar 2023, 16 Uhr, Oper - Großer Saal
Samstag, 25. März 2023, 19:30 Uhr, Oper - Großer Saal
Freitag, 28. April 2023, 19:30 Uhr, Oper - Großer Saal
Sonntag, 07. Mai 2023, 18 Uhr, Oper - Großer Saal
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 16. Oktober 2021 | 12:15 Uhr