Zwei Personen steht mit nach außen gestreckten Beinen auf einer Bühne und klammern sich aneinander.
Das Leipziger Ballett erzählt eine eigene Version des "Mädchens mit den Schwefelhölzern". Bildrechte: Ida Zenna

Viel Musik und Perspektiven Halle und Leipzig: Das sind die Highlights im Theater im Dezember 2023

01. Dezember 2023, 04:00 Uhr

Die Theater in Leipzig und Halle bieten im Advent 2023 ein vielfältiges Programm: In Halle wird musikalisch über gescheiterte Lebensträume gesprochen oder mit Masken von Depressionen erzählt. In Leipzig gibt es einen Opern-Dauerbrenner, einen Grusel-Parcours mit Puppen und ein besonderes Gastspiel aus Tschechien. Das sind unsere Höhepunkte im Dezember 2023, die Sie nicht verpassen sollten!

Hinweis Dieser Artikel wird jeweils zum ersten Tag des neuen Monats aktualisiert, sodass Sie hier immer die neuesten Empfehlungen für jeden Monat finden.

Schauspiel mit Groove: "Wasted" am Neuen Theater Halle 

Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Bin ich glücklich mit meinem Leben oder was ist da schiefgelaufen? – Diese Fragen stellen sich Menschen (vor allem im globalen Norden) immer öfter und immer früher. Die britische Dramatiker*in Kae Tempest hat sich mit diesen Sorgen bereits 2013 auseinandergesetzt. In dem Stück "Wasted" treffen sich drei Menschen, um sich gemeinsam an einen verstorbenen Freund zu erinnern. Dabei hinterfragen sie auch ihre Lebenspläne und das ganze System. Das Neue Theater in Halle hat das Stück wieder ans Licht geholt. Der Text lebt von seiner Musikalität: Denn Kae Tempest schreibt nicht nur, sondern macht auch Musik. Folgerichtig wurde der Text auch von der bekannten Musikerin Judith Holofernes ins Deutsche übertragen. Der polnische Regisseur Krzysztof Minkowski setzt in Halle ganz auf die musikalischen Qualitäten des Textes: Fast ständig laufen Beats im Hintergrund und die drei Menschen auf der Bühne wechseln vom Sprechen in einen Sprechgesang. MDR KULTUR-Kritiker Matthias Schmidt ist begeistert: "Zu erleben sind 75 Minuten frisches, freches, ernstes, trauriges und humorvolles Theater."

Weitere Informationen "Wasted (Verschwendet)"
von Kae Tempest | aus dem Englischen von Judith Holofernes

Adresse:
Neues Theater
Große Ulrichstraße 51
06108 Halle (Saale)

Dauer: 75 Minuten, keine Pause

Termine:
16. Dezember 2023, 20 Uhr
17. Dezember 2023, 20 Uhr

Opern-Klassiker: "La Bohème" an der Oper Leipzig 

Diese Produktion ist ein Dauerrenner in Leipzig: 1991 feierte Giacomo Puccinis "La Bohème" in der Regie von Peter Konwitschny Premiere im Opernhaus. Seitdem kehrt die Inszenierung regelmäßig zu Weihnachten zurück in den Spielplan. Und das zu Recht! Der Opernklassiker erzählt von einer Gruppe befreundeter Künstler, die mit Widrigkeiten kämpfen müssen – nichts zu heizen, kein Geld für die Miete und Probleme in der Beziehung. Der Lichtblick für den Dichter Rodolfo ist seine Liebe zu Mimi. Die ihn aber für einen reichen Mann verlässt – und erst am Weihnachtsabend zurückkehrt. Schon die Musik des italienischen Komponisten ist eine Sensation und passt wunderbar zum Gewandhausorchester. Auch Konwitschny, der sonst für gewagte und politische Inszenierungen bekannt ist, setzt auf leise und poetische Bilder und lässt den menschlichen Gefühlen viel Raum. Dieser Theaterabend geht zu Herzen. 

Auf einer Bühne liegt eine Frau auf dem Boden, um sie knien fünf Personen.
Das Ende von "La Bohéme" in Leipzig rührt zu Tränen. Bildrechte: Tom Schulze/Oper Leipzig

Weitere Informationen "La Bohème"
Oper von Giacomo Puccini

Adresse:
Opernhaus
Augustusplatz 12
04109 Leipzig

Dauer: 135 Minuten, eine Pause

Termine:
2. Dezember 2023, 19 Uhr
15. Dezember 2023, 15:30 Uhr

Tanz mit starken Bildern: "Paradise Lost" an der Oper Leipzig  

Diese Geschichte ist so traurig, dass man sie kaum als Märchen bezeichnen kann: "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern". Der US-amerikanische Komponist David Lang hat die Erzählung von Hans-Christian Andersen als eine Passion mit viel Chor vertont. Der scheidende Chef-Choreograf in Leipzig, Mario Schröder, hat das Vokalwerk mit der "Missa in angustiis" von Joseph Haydn kombiniert. Und obwohl Schröder immer wieder starke Geschichten mit Tanz erzählt hat, setzt er in seinem neuen Stück "Paradise Lost" eher auf assoziative Bilder. "Auch 'Paradise Lost' begeistert mit riesigen Ensembles, die sich fast unmerklich auflösen in individuelle Momente. Reihen bilden sich und Formationen im Kegel eines Lichtdreiecks, immer wieder fallen Tänzerinnen und Tänzer zu Boden, verharren in sich gekrümmt wie schlafende Kinder", beschreibt Kritikerin Ulrike Kolter in "Die deutsche Bühne". 

Auf einer schwarzen Bühne klammern sich mehrere Menschen in schwarzen Anzügen in einer Bewegung aneinander.
Die Arbeit als Ensemble ist bei der Leipziger Ballett-Compagnie besonders wichtig. Bildrechte: Ida Zenna

Weitere Informationen "Paradise Lost"
Ballett von Mario Schröder
Mit Musik von David Lang und Joseph Haydn

Adresse:
Opernhaus
Augustusplatz 12
04109 Leipzig

Termine:
1. Dezember 2023, 19:30 Uhr
10. Dezember 2023, 17 Uhr

Zwischen Zirkus und Tanz: "Tipping Point" am Lofft Leipzig 

Schon seit einigen Jahren setzt sich das Lofft in Leipzig für den sogenannten Neuen Zirkus ein. Das ist eine Mischung aus Akrobatik und Tanz, der Versuch, mit Mitteln des Zirkus‘ Geschichten zu erzählen. So arbeitet auch die Gruppe Panama Pictures. In ihrem Stück "Tipping Point oder Die Unheimlichkeit der Dinge" steht eine riesige, halbrunde Konstruktion aus Metallstreben auf der Bühne. Darauf bewegen sich zwei Künstler, die immer das Gleichgewicht halten müssen, mal mit großen Bewegungen, mal mit feinen Aushandlungsprozessen. Das Lofft verspricht einen tänzerischen Dialog über Verfall und Abhängigkeiten. 

Weitere Informationen "Tipping Point oder Die Unheimlichkeit der Dinge" von Panama Pictures

Adresse:
Lofft
Spinnereistraße 7, Halle 7
04179 Leipzig

Termine:
14. Dezember 2023, 20 Uhr
15. Dezember 2023, 20 Uhr
16. Dezember 2023, 20 Uhr

Für Neugierige: "Das chasarische Wörterbuch" in der Schaubühne Lindenfels 

Milorad Pavic ist in Deutschland weitgehend unterschätzt. Der serbische Autor hat immer wieder spannende Konzepte für seine Romane entwickelt, mit denen er dennoch spannende Geschichten erzählte. "Das chasarische Wörterbuch" beispielsweise funktioniert so, wie es der Titel suggeriert: mit Begriffserklärungen in alphabetischer Reihenfolge. Der Lexikonroman erzählt von dem fiktiven Volk der Chasaren, die einst mächtig waren und dann plötzlich verschwanden. Das Theater-Ensemble des Divadlo Husa na provàzku hat mit dem Regisseur Jan Mikulášek die Geschichte über die Flüchtigkeit von Identität und Wahrheit geschickt auf die Bühne gebracht. Auf einer roten Fläche auf Stelzen erzählen sie die Geschichten der Menschen, die im "Wörterbuch" erwähnt werden. Die Kritikerin Nathalie Eckstein hat damit "eine zeitlose Inszenierung, die die Verschachtelung der Traumlogik auch in der Verschachtelung von Text und Inszenierung visuell bildgewaltig erfassbar macht", schreibt sie in "Theater der Zeit". 

Weitere Informationen "Das chasarische Wörterbuch"
nach Milorad Pavic
Eine Inszenierung des Divadlo Husa na provàzku (Brünn)

Adresse:
Schaubühne Lindenfels
Karl-Heine-Straße 50
04229 Leipzig

Termine:
9. Dezember 2023, 20 Uhr

Hinweis: Das Stück wird in tschechischer Sprache gespielt mit deutschen Übertiteln.

Spiel mit Masken und Figuren: "Der schwarze Hund" am Wuk Theater Halle 

Der Schwarze Hund steht hinter Dir, knurrt Dich an und macht Dich zu einem Getriebenen – der Schwarze Hund ist ein Symbol für Depressionen. Seit einigen Jahren wird die psychische Erkrankung zwar immerhin auch tatsächlich als Krankheit behandelt, aber sie bedeutet auch immer noch ein großes Stigma für Betroffene. Das wollte die Leipziger Theatermacherin Julia Raab mit einer Theaterarbeit ändern. Für ihr Stück "Der Schwarze Hund" hat sie mit zahlreichen Betroffenen gesprochen und daraus mehrere Szenen entwickelt. Um die Schrecken richtig auf die Bühne zu bringen, nutzt Raab unterschiedliche Mittel wie Masken, Installationen und Puppen. Heinrich Lindenmayr lobte in der "Günzburger Zeitung", dass mit "Der schwarze Hund" ein "hervorragend konzipiertes und inszeniertes Lehrstück" über die Probleme mit Depressionen gelungen ist.  

Eine Person mit einer traurig aussehenden Maske umarmt ein Kissen. Hinter ihr hockt eine zweite Person mit einer gräulichen Hundemaske und Fellhaarmantel, die die Hand nach der Person vor ihr ausstreckt.
Julia Raab erzählt mit assoziativen Bildern von Depression. Bildrechte: Julia Fenske

Weitere Informationen "Der schwarze Hund2
figurentheatrale Zähmung mit Maske, Puppe und Objekt

Adresse:
Wuk Theater Quartier
Holzplatz 7a
06110 Halle (Saale)

Dauer: 90 Minuten, keine Pause

Termine:
7. Dezember 2023, 20:30 Uhr

 

Für Mutige: "Museum des Grauens" im Leipziger Westflügel 

Der Westflügel im Leipziger Westen ist ein wichtiger Ort für das Figurentheater in Deutschland. Doch das Schicksal als Theater war dem Haus gar nicht vorbestimmt. Erbaut wurde es ursprünglich als Ballsaal und zwischenzeitlich diente es als Lager einer Rohrfabrik. Dann wurde es in den 90er-Jahren als Bühne entdeckt und seitdem nur behutsam saniert – um den rauen Charme zu wahren. Den können Interessierte zum Jahresende 2023 auf ganz besondere Weise erleben: beim Museum des Grauens. Die Kunstschaffenden und Mitglieder des Hauses entwickeln einen Parcours mit kleinen theatralen Momenten, der durchs ganze Haus führt. Doch: "Betreten auf eigene Gefahr", schreibt das Haus in der Ankündigung. 

Fassade mit einem großen Tor, Lichterkette und einem leuchtenen W-Zeichen.
Regelmäßig führen Produktion vom Keller bis unter das Dach des Leipziger Westflügels. Bildrechte: MDR/Steffen Georgi

Weitere Informationen "Museum des Grauens"
Ein schauriger Rundgang durch das ganze Haus

Adresse:
Westflügel Leipzig
Hähnelstraße 27
04177 Leipzig

Termine:
29. Dezember 2023, 19 Uhr
30. Dezember 2023, 19 Uhr
31. Dezember 2023, 19 Uhr

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Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. Oktober 2023 | 08:40 Uhr

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