Ausflüge ins Theater Theater in Halle und Leipzig: Die fünf sehenswertesten Stücke im September 2024
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04. September 2024, 15:04 Uhr
Im September bieten die Theater in Halle und Leipzig wieder viele bewegende Geschichten. Zum Beispiel landet in Halle die Rakete von Ijon Tichy, der von seinen verrückten Abenteuern im All erzählt. In Leipzig wird wild zwischen der Gegenwart und den Nullerjahren geraved und in die Handtasche deutscher Dominanzgesellschaft geschaut. Außerdem werden die Siedler der Anastasia-Bewegung thematisiert. Hier unsere Tipps, die monatlich aktualisiert werden, mit Adressen und Terminen:
Puppentheater in Halle: "Sterntagebücher nach Stanisław Lem"
Er ist ein einzigartiger und ganz besonderer Raumfahrer: Ijon Tichy. Der polnische Ausnahme-Schriftsteller Stanislaw Lem, der wunderbar eigenwillige Science-Fiction geschrieben hat, erzählt in den "Sterntagebüchern" von den absurden Erlebnissen, die Ijon Tichy auf seiner einsamen Reise durch den Raum erlebt. Nun landet seine Rakete auf dem Universitätsplatz in Halle: Das hiesige Puppentheater haucht den absurden Erzählungen voller satirischem Witz und philosophischem Tiefgang Leben ein.
Da verliert sich der einsame Kosmonaut in einer Zeitschleife, muss gegen mutierte Killerkartoffeln bestehen und trifft auf Menschen aus dem 27. Jahrhundert, die ihre Vorfahren verbessern wollen. "Das ist alles sehr lustig anzusehen und natürlich alles auch ernst gemeint", schreibt Kritiker Andreas Montag in der "Mitteldeutschen Zeitung" zur Koproduktion des Puppentheaters mit dem Wuk Theater Halle. Dabei lobt er vor allem die Spielfreude des Ensembles.
Weitere Informationen
"Sterntagebücher nach Stanisław Lem"
Adresse:
Universitätsplatz
06108 Halle (Saale)
Dauer: 130 Minuten, eine Pause
Termine:
1. September, 18 Uhr
Schauspiel in Leipzig: "White Passing" in der Diskothek
Für ihr erstes Stück "White Passing" wurde die Autorin Sarah Kilter gleich zu den wichtigsten Festivals für zeitgenössische Dramatik eingeladen. In der Umfrage der Zeitschrift "Theater heute" wurde sie 2022 zur Nachwuchskünstlerin des Jahres gewählt. Und auch der Bühnenraum von Christoph Ernst war für den Theaterpreis "Faust" nominiert: Auf die kleine Bühne des Leipziger Schauspiels hat er eine riesige Handtasche gebaut, in der drei Puppen spielen. Mit wunderbar steifen Bewegungen erzählen die Darstellerinnen von den Absurditäten des Lebens in Deutschland. Ein Abend voller Humor und Erkenntnis.
Weitere Informationen
"White Passing" von Sarah Kilter
Adresse:
Diskothek
Bosestraße 1, Ecke Dittrichring
04109 Leipzig
Dauer: 90 Minuten, keine Pause
Termine:
27. September, 20 Uhr
Oper in Leipzig: "Madama Butterfly" im Opernhaus
Der italienische Komponist Giacomo Puccini war und ist ein Meister darin, Geschichten mit Musik zu erzählen, die zu Tränen rühren. Er führt uns verletzte Menschen vor, die ihr Glück selbst bestimmen wollen, sich aber in ihr Schicksal verfangen und am Ende zugrundegehen. Die Oper "Madama Butterfly" ist darunter besonders tragisch, weil sie so realitätsnah wirkt: Ein US-amerikanischer Offizier lässt sich in Japan eine Frau vermitteln und Cio-Cio-San gibt sich daraufhin ganz dem Traum hin, das glitzernde Leben einer Ehefrau in den USA zu leben. Doch dann muss sie ihr Kind allein großziehen und wird von den Nachbarn in Japan angefeindet, nur um am Ende festzustellen, dass sich Offizier Pinkerton doch für eine blonde Frau aus seiner Heimat entschieden hat.
Regisseur Aron Stiehl erzählt diese Geschichte auf der Bühne der Oper Leipzig sehr geradlinig, konzentriert sich auf die Gefühle seiner Figuren. Doch schon von Anfang an ist klar, dass hier etwas nicht stimmt: Denn das Haus mit Türen aus Reispapier steht schief und kippt immer mehr. Das Ensemble der Oper Leipzig und das Leipziger Gewandhausorchester kennen sich mit der Musik des Wagner-Fans Puccini bestens aus und überzeugen mit einer perfekten Interpretation: "Klangfarben und Vitalität kamen zum Tragen, Transparenz und Gediegenheit wirkten von Vorteil", urteilte Kritiker Michael Ernst in der "Neuen Musikzeitung" zur Premiere.
Weitere Informationen
"Madama Butterfly"
Oper von Giacomo Puccini
Adresse:
Opernhaus
Augustusplatz 12
04109 Leipzig
Dauer: 150 Minuten, eine Pause
Termine:
27. September, 19:30 Uhr
Performance in Halle: "Anastasia" an der Volksbühne
Auf den ersten Blick wirken sie wie leicht verschrobene Nachbarn: In Brandenburg und Sachsen-Anhalt kaufen Gruppen Gehöfte auf und beginnen dort zu leben. Die Frauen tragen gerne weite, simple Kleider und die Männer bestellen das Feld wie um die Jahrhundertwende. Es wirkt aus der Zeit gefallen, als wollten da Menschen zurück zur Natur finden. Doch wer hinter die Fassade der Anastasia-Bewegung schaut, blickt in einen Abgrund.
Die Theatergruppe Polyformers hat intensiv zu der aus Russland stammenden, kultartigen Bewegung recherchiert und zeigt ihre Ergebnisse in dem dokumentarischen Theaterabend "Anastasia": Das Publikum versammelt sich dafür auf einer Wiese. Das Ensemble stellt sich als die neuen Nachbarn vor, die zu eben jener Bewegung gehören, und erzählen von ihrem Leben. Doch die Theatergruppe taucht auch ein in die Romane von Wladimir Megre, die eine Art Gründungsmythos dieser Bewegung darstellen und die voller Verschwörungserzählungen, Rassismus und Antisemitismus stecken.
Damit zeigt das Theaterkollektiv, das bereits mit der immersiven Performance "König von Deutschland" über Reichsbürger für Aufmerksamkeit sorgte, wie die Siedlungsbewegung immer kritischer gesehen wird und dass sie ein weiterer Baustein im unübersichtlichen Netzwerk der extremen Rechten sind.
Weitere Informationen
"Anastasia"
Performance von Polyformers
Adresse:
Volksbühne Kaulenberg
Kaulenberg 1 (Eingang links)
06108 Halle(Saale)
Dauer: 120 Minuten
Termine:
13. September, 19:30 Uhr
27. September, 19:30 Uhr
28. September, 19:30 Uhr
29. September, 19:30 Uhr
Tanz in Leipzig: "No Tomorrow" am Lofft
Plötzlich war das neue Jahrtausend da: Weder ist zum Beginn des Jahres 2000 alles untergegangen, noch haben alle Computer am 20. Februar 2002 den Dienst versagt. Aber nun musste die Welt sich neuen Herausforderungen stellen: der 11. September und die folgende Verschärfung im Nahen Osten, Hartz IV und die Wirtschaftskrise. Die sogenannten Millenials müssen sich im Osten immer noch mit Nazis prügeln oder sie flüchten vor der Realität – beispielsweise mit Drogen und Partys.
Die Choreografin Mandy Unger aka M.Over will diese besondere Atmosphäre einfangen: Auf der Bühne wird geraved, drei Menschen tanzen wild und lassen die Vergangenheit wieder auferstehen. Die Tanz-Performance "No Tomorrow" will ein Ort an der Grenze zwischen Geschichtserinnerung und Realitätsflucht sein, zwischen Tag und Nacht.
Weitere Informationen
"No Tomorrow" von und mit M.Over Company
Adresse:
Lofft – das Theater
Spinnereistraße 7, Halle 7
04179 Leipzig
Termine:
6. September, 20 Uhr
7. September, 20 Uhr
8. September, 18 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. April 2024 | 18:00 Uhr