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Die romantische Zauberoper "Undine" an der Oper Leipzig konnte unseren Kritiker nicht überzeugen. Bildrechte: Kirsten Nijhof

Kritik"Undine" an der Oper Leipzig: Keine Spur von Zauber

von Uwe Friedrich, MDR KULTUR / MDR KLASSIK

Stand: 01. November 2022, 10:44 Uhr

An der Oper Leipzig hat am 30. Oktober 2022 unter der Intendanz von Tobias Wolff die romantische Zauberoper "Undine" von Albert Lortzing Premiere gefeiert. Es war die erste Premiere der neuen Spielzeit und zugleich das Debüt von Regisseur Tilmann Köhler am Leipziger Opernhaus. Während die musikalische Umsetzung unseren Kritiker überzeugt hat, hält er die Inszenierung, die Kostüme und das Bühnenbild für alles andere als gelungen. Eine ausführliche Kritik.

Unablässig dreht sich eine bühnenfüllende Treppentribüne in der Leipziger Oper zur Musik von Albert Lortzings selten gespielter Oper "Undine". Bewegung wird so aber bloß simuliert, die Ausgrabung überzeugt nur musikalisch, während sich Tilmann Köhlers Inszenierung als Totalausfall erweist.

Leipzig zeigt Albert Lortzings romantische Zauberoper "Undine"

Schon die Zeitgenossen warfen Albert Lortzing vor, mit der tragischen Geschichte vom Wasserwesen Undine und dem Ritter Hugo von Ringstetten nicht recht klargekommen zu sein. Dabei weist die Partitur sehr originelle Naturschilderungen auf, kann mit unerwarteten harmonischen Wendungen unheimliche Stimmung erzeugen und bietet sowohl für das Orchester als auch für die Solisten dankbare Aufgaben.

Das Gewandhausorchester gibt schon der Ouvertüre einen geheimnisvollen Schimmer, erzeugt jene romantische Naturidylle, der niemals zu trauen ist. Lortzings volksliedhafter Ton ist bei Christoph Gedschold in den besten Händen, er bringt den scheinbar naiven Charakter der Trinklieder ebenso in Schwung wie er die charmanten Naturschilderungen belebt.

Die Oper Leipzig zeigt Albert Lortzing selten gespielte "Undine". Bildrechte: Kirsten Nijhof

Solide Besetzung an der Oper Leipzig

Olga Jelínková ist eine naive Undine, die eher staunend durch die Geschichte schreitet und nicht versteht, wie Hugo von Ringstetten sich so schnell von der intriganten Bertalda umgarnen lassen kann. Der Tenor Matthias Stier bewältigt seine Rolle sehr souverän, allenfalls in der ganz exponierten Höhe werden die hohen Anforderungen Lortzings bemerkbar.

Mathias Hausmann ist eher ein eleganter als beängstigender Wasserfürst Kühleborn, Sejong Chang und Karin Lovelius geben solide das Fischerpaar, dem erst das Kind Bertalda geraubt wird, dann die Nixe Undine untergeschoben wird.

Bühnenbild und Kostüme bleiben rein oberflächlich

Die ambitionierte und intrigante Fürstin Bertalda wird von Olena Tokar verkörpert, die sich als einzige souverän auf der ungünstigen Monumentaltreppe von Bühnenbildner Karoly Risz bewegen kann. Ob sie schreitet und läuft, steht oder geht, immer stimmen ihre Gesten, spiegelt der Körper das Seelenleben des komplexen Charakters. Zudem kann sie jede Phrase, jede Verzierung und jede Gesangslinie mit Bedeutung und Leben füllen.

Das fällt umso mehr auf, als ihre Kolleginnen und Kollegen eher damit beschäftigt zu sein scheinen, auf den überbreiten Treppenstufen nicht zu stolpern oder weggekullerte Requisiten wieder auf die Drehscheibe zu schieben, damit sie bei der nächsten Drehung von der Bühne geschafft werden.

Die Treppentribüne wird bei der Inszenierung von "Undine" an der Oper Leipzig zur Stolperfalle. Bildrechte: Kirsten Nijhof

Der Inszenierung fehlt das überzeugende Konzept

Regisseur Tilmann Köhler schafft es nicht, die Spannung zwischen den singspieltypischen Dialogen und den Musiknummern aufrecht zu halten, immer wieder fällt das Drama in ein tiefes Loch, aus dem der Dirigent es mühsam hervorholen muss. Da taumelt ein knuffiger Ledertyp zwischen zwei Frauen, ohne dass er szenisches Profil gewinnt.

Das Thema des herzlosen Vaters Kühleborn, der ein Experiment mit seiner Tochter Undine vollführt, verschenkt Köhler völlig, auch die Frage des sozialen Aufstiegs vom Fischermädchen Undine zur Adelsgattin oder vom Abstieg der Fürstin zur Fischerstochter bleibt unterbelichtet. Das liegt auch an den hässlichen Kostümen von Susanne Uhl, die das Geschehen aus unerfindlichen Gründen in die geschmacklosen 80er-Jahre zwischen Billigchic, Aerobic-Klamotten und Neonfarben verlegt.

Die Kostüme bei "Undine" versetzen die Oper in die 80er-Jahre. Bildrechte: Kirsten Nijhof

Keine gelungene szenische Umsetzung von "Undine"

Wenn sich aber die Geisterwesen genauso kleiden und verhalten wie die Oberschicht am Hof, verwischen die Unterschiede, sind der Wunsch nach dem Wechsel der sozialen Schicht und die Furcht vor dem Abstieg nicht mehr nachvollziehbar. Während auch der hervorragend einstudierte Chor Lortzings Musik vorbildlich gerecht wird, wartet Albert Lortzings "Undine" immer noch auf eine angemessene szenische Umsetzung.

Angaben zum Stück

Albert Lortzing: "Undine"

Oper Leipzig
Augustusplatz 12
04109 Leipzig

Musikalische Leitung: Christoph Gedschold
Inszenierung: Tilmann Köhler
Bühne: Karoly Risz                           
Kostüme: Susanne Uhl     
Dramaturgie: Marlene Hahn

Besetzung:
Berthalda: Olena Tokar
Ritter Hugo von Ringstetten: Matthias Stier 
Kühleborn: Mathias Hausmann
Tobias Peter: Sejong Chang
Marthe: Karin Lovelius
Undine: Olga Jelínková
Veit: Dan Karlström
Hans: Peter Dolinšek
Pater: Randall Jakobsh
Chor der Oper Leipzig
Choreinstudierung Thomas Eitler-de Lint
Gewandhausorchester Leipzig

Aufführungen:
4. November 2022, 19:30 Uhr
11. November 2022, 19:30 Uhr
23. November 2022, 19:30 Uhr
27. November 2022, 19:30 Uhr
10. Juni 2023, 19 Uhr
7. Juli 2023, 19:30 Uhr

Redaktionelle Bearbeitung: Valentina Prljic

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 30. Oktober 2022 | 13:15 Uhr