EmpfehlungenTheater in Dessau, Magdeburg und der Altmark: Fünf Highlights im Oktober
In Sachsen-Anhalt gibt es im Oktober 2024 wieder großes Theater, das Sie nicht verpassen sollten: In Magdeburg gibt es eine besondere Oper in bunter Inszenierung und eine Roman-Adaption mit ähnlich starken Farben. In Dessau gibt es eine klassische Geschichte aus weiblicher Sicht und ein Ballett stimmt auf die nahende Weihnachtszeit ein. Und in Stendal gibt es eine folgenreiche Begegnung. Hier unsere Tipps mit Adressen und Terminen, die monatlich aktualisiert werden, damit Sie kein Highlight verpassen:
Inhalt des Artikels:
- Schauspiel in Magdeburg: "Blutbuch" nach dem Roman von Kim de l'Horizon
- Schauspiel in Stendal: "Eine Sommernacht" am Theater der Altmark
- Ballett-Klassiker in Dessau: "Der Nussknacker" am Anhaltischen Theater
- Figurentheater in Dessau: "Nibelungen – Solo für Kriemhild"
- Musiktheater in Magdeburg: "Das schlaue Füchslein" im Opernhaus
- FÜR KURZENTSCHLOSSENE:
- Schauspiel in Magdeburg: Andreas Kriegenburg inszeniert "Timon von Athen"
- Operette in Dessau: "Der Vogelhändler" am Anhaltischen Theater
- Schauspiel in Stendal: "Das große Heft" am Theater der Altmark
Schauspiel in Magdeburg: "Blutbuch" nach dem Roman von Kim de l'Horizon
Jahrelang hat Kim de l’Horizon an dem Roman "Blutbuch" gearbeitet, hat jedes Wort genau bedacht. Dafür wurde das Buch 2023 mit dem Deutschen Buchpreis belohnt und das zahlt sich nun auch auf der Bühne des Theaters Magdeburg aus. In "Blutbuch" spricht eine Person, die sich weder als Mann noch als Frau identifiziert, mit der eigenen Großmutter. Hier prallen Welten aufeinander, die sich kaum verstehen können. Das Buch erzählt von der großen Suche nach sich selbst, nach der eigenen Identität. Letztlich verlässt sich die Inszenierung von Jan Friedrich ganz auf diesen Text. Zeitweise stehen sechs Kims auf der Bühne und teilen die Erzählung unter sich auf. Die Stimmen und Stimmungen wechseln immer wieder, Schrift wird auf Fadenvorhänge projiziert, die Bühne erstrahlt in vielen Farben. MDR KULTUR-Kritiker Matthias Schmidt ist fasziniert davon, wie sehr der Abend das Publikum in die Gedankenwelt von Kim de l’Horizon zieht: "Das passiert in einer solchen Intensität nicht so oft."
Weitere Informationen"Blutbuch"
nach dem Roman von Kim de l'Horizon
Adresse:
Kammer 1
Otto-von-Guericke-Straße 64
39104 Magdeburg
Dauer: 125 Minuten, keine Pause
Termine:
25. Oktober, 19:30 Uhr
26. Oktober, 19:30 Uhr
Schauspiel in Stendal: "Eine Sommernacht" am Theater der Altmark
Es klingt nach einer Romcom: Helena sitzt allein in der Bar und wurde gerade von ihrem Freund versetzt – eigentlich erwartbar, immerhin ist dieser mit einer anderen Frau verheiratet. In der gleichen Bar sitzt auch Bob, ein kleiner Gangster in den mittleren Dreißigern, der sich gerade mit dem eigenen Altern auseinandersetzen muss. Beide fragen sich, ob das nun ihr Leben ist und was die Zukunft nun bringen soll. Diese Verzweiflung bringt die beiden zueinander, ob das der Beginn von Liebe oder Ausdruck von Verzweiflung ist, bleibt noch unklar. Unterbrochen wird diese Annäherung in "Eine Sommernacht" immer wieder von Songs mit eher simpler Liebeslyrik. Die Gefahr von Kitsch war für den Kritiker Gunnar Decker in "Die deutsche Bühne" bereits greifbar: "Und doch passiert etwas so nicht Erwartetes bei diesem mal tänzelnden, mal kriechenden Gang durch zwei regnerische Nächte, einen Tag und einen Morgen: Die Poesie behauptet sich gegen alle falschen Versuchungen des Kitsches." Das liegt laut dem Kritiker zum einen an der guten Arbeit der Autoren David Greig und Gordon McIntyre, zum anderen aber auch an der eher spröden, aber gekonnten Regie von Jochen Gehle. "Doch dass der Abend dann geradezu abhebt, liegt an der Intensität des Spiels von Alexandra Sagurna (auch stimmlich von großer Ausdruckskraft) und Fynn Zinapold, die diese beiden verlorenen Seelen zum idealen Nicht-Paar zu machen verstehen."
Weitere Informationen"Eine Sommernacht" von David Greig und Gordon McIntyre
Adresse:
Theater der Altmark
Karlstraße 6
39576 Hansestadt Stendal
Dauer: 120 Minuten, eine Pause
Termine:
20. Oktober, 18 Uhr
Ballett-Klassiker in Dessau: "Der Nussknacker" am Anhaltischen Theater
Die Lebkuchen stehen schon lange im Supermarkt – Weihnachten wirft seine Schatten voraus. Also ist es auch nicht zu früh für den "Nussknacker" von Peter Tschaikowsky, in Dessau in einer neuen Choreografie von Stefano Giannetti zu erleben. Im Zuhause von Klara ist wieder Bescherung. In der Nacht lockt der Nussknacker des Familienfreundes Drosselmeier das Mädchen in eine Fantasiewelt, wo ein Krieg mit dem Rattenkönig tobt. "Giannetti und sein Dramaturg Yuri Collosale haben die originale 'Nussknacker'-Handlung mit Heiligabend-Bescherung, nächtlichem Spielzeugkrieg, Reise ins Märchenland und Verherrlichung der schönen Illusionen erst genau überprüft und dann dezent Richtung Gegenwart gekickt", freut sich Roland Dippel in der "Mitteldeutschen Zeitung". Erst am Ende eines leichtfüßigen und schön ausgestatteten Balletts wird die aktuelle Konsumwelt hinterfragt.
Weitere Informationen"Der Nussknacker"
Ballett von Stefano Giannetti mit Musik von Peter Tschaikowsky
Adresse:
Anhaltisches Theater Dessau
Friedensplatz 1a
06844 Dessau-Roßlau
Dauer: 90 Minuten
Termine:
19. Oktober, 17 Uhr
25. Oktober, 19 Uhr
Figurentheater in Dessau: "Nibelungen – Solo für Kriemhild"
Die Nibelungensage ist inzwischen acht Jahrhunderte alt und hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Als Rittergeschichte geriet sie zwischendurch in Vergessenheit, bevor sie im 18. Jahrhundert zum deutschen Nationalepos wurde. Richard Wagner komponierte darauf aufbauend eines der größten Werke der Musikgeschichte und die Nazis nutzten es für ihre Propaganda. Es geht um Liebe, Verrat und Rache: Der Dank eines Bades in Drachenblut unverwundbare Siegfried kommt nach Xanten, wo er sich in Königstochter Kriemhild verliebt. Um sie heiraten zu dürfen, hilft er ihrem Bruder, die unabhängige Brünnhilde als Ehefrau zu unterwerfen. Es folgen viele Intrigen und Siegfried wird erschlagen – auch mit Kriemhilds Hilfe. Diese schließt sich den Hunnen an, um Rache zu üben. Bis heute wird die Geschichte auf ihre Aktualität abgeklopft und in Dessau in der Fassung von Karin Eppler radikal aus der Sicht von Kriemhild erzählt, die im Puppentheater mit starren Puppenköpfen streitet. "Das machte Eppler durch gut durchdachte Präzisierungen und Ergänzungen aus dem berühmten Trauerspiel 'Die Nibelungen' von Friedrich Hebbel (1861) deutlich. Diese zielen darauf, Kriemhild vom Image der aus Liebe und Rache blinden Furie zu befreien", schreibt Roland Dippel in der "Mitteldeutschen Zeitung". "Die Fassung aus Frauenperspektive hat es in sich."
Weitere Informationen"Nibelungen - ein Solo für Kriemhild"
von Karin Eppler frei nach Motiven des mittelhochdeutschen Nibelungenliedes
und Friedrich Hebbel
Adresse:
Altes Theater
Lily-Herking-Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
Dauer: 75 Minuten, keine Pause
Termine:
20. Oktober, 18 Uhr
21. Oktober, 15 Uhr
Musiktheater in Magdeburg: "Das schlaue Füchslein" im Opernhaus
"'Das schlaue Füchslein' ist ein Musiktheater-Ereignis, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte", urteilt Kritikerin Irene Constantin in der "Magdeburger Volksstimme". Es ist eine originelle Oper eines besonderen Komponisten: Leoš Janáček schuf die Oper auf Grundlage einer Bildergeschichte und erzählt darin von einer Füchsin, die von einem Förster gefangen wird, sich wieder befreit und später von einem Wilderer erschossen wird. Es ist jedoch nicht einfach nur ein Tiermärchen, sondern eine Allegorie auf die Natur und der Bedeutung des Lebens. In Magdeburg kommt die Geschichte als eine Art Zirkus auf die Bühne, als "eine poetisch vielfarbige Clownerie", so Constantin. Unter dem permanenten Regen aus Konfetti und wegen der bunten Kostüme verschwimmen die Grenzen zwischen Mensch und Tier zusehends. Dazu schuf Janáček eine wunderbare Musik, die man in Magdeburg voll auskosten kann, meint Constantin: "So schön das alles anzuschauen ist, den wirklichen Duft und Zauber gießt die Musik über dieses Werk. Zwischen Dur und Moll schwebend, in luftigstem Klangkolorit leuchtend, macht die Instrumentalmusik allein die Hälfte des Werkes aus. Es schien, als sei Anna Skryleva mit ihrem Orchester in jeden Ton und jede Phrase verliebt. Selten konnte man den Magdeburger Orchesterklang so fein gesponnen und leuchtend erleben."
Weitere Informationen"Das schlaue Füchslein" von Leoš Janáček
Adresse:
Opernhaus
Universitätsplatz 9
39104 Magdeburg
Dauer: 120 Minuten, eine Pause
Termine:
6. Oktober, 16 Uhr
12. Oktober, 19:30 Uhr
27. Oktober, 16 Uhr
FÜR KURZENTSCHLOSSENE:
Schauspiel in Magdeburg: Andreas Kriegenburg inszeniert "Timon von Athen"
Im Theater Magdeburg wird jeder Mensch herzlich begrüßt – und zwar durch den Herren selbst: Timon von Athen. Er ist ein reicher Mann, der es liebt, Feste zu feiern und andere an seinem Wohlstand teilhaben zu lassen. Doch obwohl sein Haus immer voll ist, erhält er keine Unterstützung, als er plötzlich vor der Pleite steht. So verwandelt er sich vom Menschenfreund zum Menschenhasser. "Timon von Athen" ist eines der selten gespielten Stücke von William Shakespeare – vermutlich auch, weil es voller Ungereimtheiten steckt und die Meisterschaft anderer Werke vermissen lässt.
Dennoch hat sich Andreas Kriegenburg dieses Stück vorgenommen für seine Rückkehr nach Magdeburg – denn die ersten Schritte vor seinem großen Durchbruch in der Theaterwelt hat der Regisseur an der Elbe gemacht. Kriegenburg inszeniert den Text mit Witz und Selbstironie. So überwindet er auch die Ungereimtheiten, meint der Theaterkritiker Michael Laages bei "nachtkritik": "Auch mit den dramaturgischen Absonderlichkeiten ist dies ein grandioser und explosiver Shakespeare-Abend; Kriegenburg hält ihn mit dem wirklich fabelhaft aufgelegten Magdeburger Ensemble geschickt in der Schwebe zwischen Farce und Furor."
Weitere Informationen"Timon von Athen" von William Shakespeare
Adresse:
Kammer 1
Otto-von-Guericke-Straße 64
39104 Magdeburg
Dauer: 185 Minuten, eine Pause
Termine:
28. September, 19:30 Uhr
Operette in Dessau: "Der Vogelhändler" am Anhaltischen Theater
Am Anhaltischen Theater in Dessau können Operetten-Fans voll auf ihre Kosten kommen: Intendant Johannes Weigand hat "Der Vogelhändler" von Carl Zeller inszeniert und sich dabei ganz auf die klassische Geschichte verlassen. Adam handelt also tatsächlich mit Vögeln und kommt in die Stadt, um seine Christel zu heiraten, die ihr Postgeschäft mit viel Geschick führt. Im Versuch, eine gute Stellung für Adam zu finden, entzweien sich die beiden über vermeintliche Affären mit Menschen, die eigentlich nicht die sind, für die sie sich ausgeben – eben typisch Operette. "Die Inszenierung sitzt so perfekt auf der Musik, dass man nicht vom Wege abkommt, sondern immer auf dem Laufenden bleibt", meint Kritiker Joachim Lange in der "Mitteldeutschen Zeitung" überzeugt von dem Musiktheaterabend.
Weitere Informationen"Der Vogelhändler"
Operette von Carl Zeller
Adresse:
Anhaltisches Theater
Friedensplatz 1a
06844 Dessau-Roßlau
Dauer: 170 Minuten, eine Pause
Termine:
29. September, 16 Uhr
Schauspiel in Stendal: "Das große Heft" am Theater der Altmark
Das war ein kleiner Skandal: Die Premiere von "Das große Heft" in Stendal musste in der vergangenen Spielzeit nach der Hälfte abgebrochen werden, nachdem die Darstellerinnen und Darsteller wegen der Schminke schwere Hautverletzungen erlitten. Nun kann die Inszenierung wieder gezeigt werden. Aber die ist nicht leichter: In ihrem Text erzählt die Autorin Ágota Kristóf von einem Zwillingspaar, das im Krieg bei der Großmutter aufwächst und sich mit "Übungen" für die schweren Zeiten abhärten will. Ein harter Stoff, den Johanna Schall in einer eigenen Fassung auf die Bühne bringt. Über die erste Hälfte schrieb MDR KULTUR-Theaterkritiker Wolfgang Schilling: "Obwohl die Regisseurin und das Ensemble dafür künstlerisch sehr überzeugende, niemals naturalistische Bilder und Formen des Erzählens finden, geht einem das Geschehen an die Nieren."
Weitere Informationen"Das große Heft"
nach Ágota Kristóf
Adresse:
Theater der Altmark Karlstraße 6
39576 Hansestadt Stendal
Dauer: 130 Minuten, eine Pause
Termine:
28. September, 19:30 Uhr
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | artour | 19. September 2024 | 22:10 Uhr