Uraufführung "Zinnwald": Theater zeigt wilde Walpurgisnacht im Vogtland

Das Vogtland ist wie so viele Orte von Veränderung geprägt – sei es der Strukturwandel im Bergbau oder die schwächelnde Wirtschaft. Auch davon erzählt der Dramatiker Christian Martin. Er ist im Vogtland aufgewachsen und absolvierte ein Fernstudium am Leipziger Literaturinstitut "Johannes R. Becher". Immer wieder thematisiert er in seinen Theaterstücken das Vogtland – so auch das neue Werk "Zinnwald", das nun Uraufführung am Theater Plauen-Zwickau feiert.

Eine Frau im orangenen Kleid steht auf einer Bühne an einem Mikro, vor ihr sitzen Menschen in Stuhlreihen.
Im Stück "Zinnwald" am Theater Plauen-Zwickau will die Hotelbesitzerin Rosa ihr Haus auf einer Party verkaufen. Bildrechte: André Leischner

Dirk Löschner ist seit dieser Spielzeit Generalintendant am Theater Plauen-Zwickau. Und als Neuer will er Zeichen setzen. Am besten auch mit neuen Stücken, ganz neuen. Und wenn es die nicht gibt, kann man sie ja in Auftrag geben. Zumal wenn man das Glück hat, einen Dramatiker zu haben, der in der Region geboren ist, der sich auskennt mit dem, was die Leute bewegt, was sie geprägt hat im Lauf der Zeiten.

Der Mann heißt Christian Martin und wurde 1950 in Ellefeld im Vogtland geboren, wo er auch heute noch in seinem Elternhaus lebt. Als ein Mann, der der Region, dem Schreiben und der Bühne verbunden ist. Früher war er Lehrer und zum Ausgleich Sänger in einer Rockband. Seit einem Fernstudium Anfang der 80er-Jahre am Leipziger Literaturinstitut ist er freiberuflich als Märchendichter, Hörspielautor und Dramatiker unterwegs. Seine Stücke wurden an vielen deutschen Bühnen gespielt, auch in Plauen.

Shakespeare im Vogtland

Für sein aktuelles Stück hat sich Christian Martin von Shakespeares Komödie "Wie es euch gefällt" inspirieren lassen. Da flieht eine Gruppe von Leuten in den Ardenner Wald, um wieder Hoffnung zu schöpfen, ein neues Leben anzugehen. Und das passiert im übertragenen Sinne auch im oder in Zinnwald – diesem zugleich real existierenden wie auch fiktiven Ort.

Stück über Bergwerk, Kumpel und Bergmannsfrauen

Die Szene ist ein Hotel: Das "Goldene Herz" hoch oben auf dem Gottesberg hat offensichtlich schon bessere Zeiten erlebt. Die Besitzerin ist pleite, aber geschäftstüchtig und will das Haus noch schnell gewinnbringend verkaufen. Dafür hat sie eine Walpurgisnachtsparty organisiert. Eine orgiastische Verkaufsveranstaltung für die Hautevolee des Ortes unten im Tal. Bei dieser Gelegenheit will sich die alternde Hotelchefin von ihrem Mann auch noch einen späten Kinderwunsch erfüllen lassen. Auf dem Gottesberg geht es also rund.

Im Dunkeln stehen sich zwei Menschen gegenüber, dabei leuchtet einer mit einer Grubenlampe dem Gegenüber ins Gesicht.
Das Stück am Thetaer Plauen-Zwickau erzählt von der Schließung eines Zinn-Bergwerks. Bildrechte: André Leischner

Während ganz unten, im Zinn-Bergwerk, die hungrigen Kumpel streiken. Der Chor der Bergmannsfrauen singt über Tage und der eher paarungsunwillige Ehemann der Hotelchefin, ein von der Welt enttäuschter Schriftsteller, macht sich seine Gedanken über den Zustand des zeitgenössischen Theaters. Ein wilder Plot, den der Autor im Untertitel "ein stück volk in 5 Akten" nennt. 

Theater mit der Erfahrung der Heimat

Regisseur Hannes Hametner ist nach Selbstauskunft ein Mann, der den Text in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt, die Intensionen eines Autors achtet, ihnen folgt. Das dürfte mit "Zinnwald" ein schwieriges Unterfangen sein. Martin kennt beim Schreiben keine Groß- und Kleinschreibung. Er verzichtet auf jegliche Interpunktion und benutzt eine sehr reduzierte Sprache, die gerne Anleihen bei einem künstlichen Dialekt nimmt. Schlussendlich fordert er auf dem Titelblatt des Textes: "mein stück volk sollte unbedingt stilisiert gespielt werden." Was die Frage aufwirft, was das überhaupt für eine Art von Theater ist.

Menschen in Anzügen und Tiermasken stehen vor einer provisorischen Wand mit mehreren Türen.
Das Stück "Zinnwald" überzeugt mit poetischer Sprache und erotischen Situationen. Bildrechte: André Leischner

Christian Martin, der sich in einem Interview des Fachmagazins "Theater der Zeit" unlängst selbst als melancholischen Fatalisten bezeichnete, erklärt dazu bei einem Probenbesuch: "Ich versuche eine Art poetisches Theater zu schreiben. Mit der Erfahrung der Heimat. Das kann politisch sein, aber es sollte eigentlich menschlich sein." Über den Ausgang dieser Versuchsanordnung wird nun die Realität entscheiden. Am Kassenhäuschen des Theaters.

Weitere Informationen Zinnwald
Ein Stück Volk in 5 Akten
Auftragswerk für das Theater Plauen-Zwickau von Christian Martin

Regie: Hannes Hametner
Ausstattung: Giovanni de Paulis
Musikalische Leitung: Sebastian Undisz
Mit: Claudia Lüftenegger, Daniel Koch, Julia Hell, Ute Menzel, Hanif Idris und anderen

Termine in Plauen:
22. April, 19.30 Uhr (Uraufführung)
29. April, 19.30 Uhr
21. Mai, 16 Uhr

Adresse:
Vogtlandtheater Plauen
Theaterplatz
08523 Plauen

Termine in Zwickau:
2. Juni, 19.30 Uhr
25. Juni, 16 Uhr

Adresse:
Gewandhaus Zwickau
Hauptmarkt
08056 Zwickau

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 21. April 2023 | 17:10 Uhr