Deutsches Nationaltheater Weimar Jugendliche entdecken die Liebe in einem Weimarer Plattenbaugebiet
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05. Mai 2023, 13:37 Uhr
Das Deutsche Nationaltheater Weimar hat mit Jugendlichen ein Projekt erarbeitet, in dem es um den Austausch der Generationen geht. Dafür haben die Jugendlichen mit Menschen auf der Straße über das Thema Liebe gesprochen. Aus dem Material haben sie einen Audiowalk durch das Plattenbaugebiet Weimar-West entwickelt – eine Hommage an einen ganz besonderen Teil der Klassikerstadt.
Über Liebeserfahrungen zu sprechen ist intim, aber auch verbindend – ein Eisbrecher, hatte Sophie Weigelt gehofft. Als Theaterpädagogin hat sie das Jugendprojekt "Verdammt ich lieb dich" am Deutschen Nationaltheater in Weimar betreut. Ein Ziel dabei war, einen Austausch zwischen den Generationen zu schaffen.
Gerade in intergenerativen Dialogen, gibt es oft auf der Seite der Älteren verschränkte Arme und Unverständnis.
Ein gutes Beispiel sei die öffentliche Debatte über die "Fridays-for-Future"-Demonstrationen, findet die Theaterpädagogin. Das Thema Liebe sei im Vergleich dazu weniger kontrovers.
Weimar-West als Schauplatz für einen Hörspaziergang
Sophie Weigelt hat ihre Idee von einem Audiowalk zum Thema Liebe an verschiedenen Schulen vorgestellt. Sieben Jugendliche, sechs Mädchen und ein Junge, hatten Lust, mitzumachen. Darunter die 14-jährige Jill, die direkt neugierig war. Überzeugt habe sie aber nicht das Thema, erzählt sie. Im Gegenteil: Über Liebe zu sprechen – diese Idee fand sie zunächst ziemlich kitschig. Außerdem hatte die 14-Jährige das Gefühl, dass sie darüber doch noch gar nichts weiß. Aber die Form des Audiowalks habe sie interessiert.
Jill und die anderen Jugendlichen eint, dass sie in Weimar-West zur Schule gehen. Der Stadtteil liegt abseits des Stadtkerns und wurde Ende der 1970er-Jahre als Plattenbausiedlung erbaut. Heute leben dort viele ältere Menschen. Theaterpädagogin Sophie Weigelt hat Weimar-West gezielt als Ort für die Recherchen und als Schauplatz für den Audiowalk ausgewählt.
Gespräche mit den Bewohnern von Weimar-West
Ihr sei es grundsätzlich wichtig gewesen, mit dem Projekt den geschlossenen, oft auch exklusiven Raum, in dem Theater normalerweise stattfindet, zu verlassen, so die Theaterpädagogin. Zum anderen wollte sie gemeinsam mit den Jugendlichen neue Blickwinkel für Weimar-West eröffnen. Dafür bekamen sie die Aufgabe, Geschichten aus Weimar-West zu sammeln. Unterwegs auf den Straße haben sie die Bewohnerinnen und Bewohner zu ihren Liebeserfahrungen und ihren Beziehungen zu bestimmten Orten befragt und auch eigene Gefühle und Gedanken notiert. Auch einen Liebesbrief an Weimar-West haben sie geschrieben.
Die Plattenbausiedlung in neuem Licht
Ein Haus, an dem die Fassade abbröckelt. Eine bunte Gardine am Fenster einer Wohnung. Ein auf den ersten Blick unauffälliger Sportplatz. Die 14-jährige Jill hat im Zuge der Recherchen einen neuen Blick auf das Plattenbaugebiet Weimar-West gewonnen.
Eigentlich kenne ich den Stadtteil ja gut von meinem Schulweg. Aber früher habe ich vieles nur als hässlich abgestempelt.
Jetzt gefällt ihr der Sportplatz, weil sie ihn mit Erlebnissen während des Projekts verbindet, die sie kichern lassen.
Vom Mythos "Minenfeld" zum Lieblingsort
Auch für die 14-jährige Frida haben Orte in Weimar-West durch die Gespräche mit den Menschen, die dort leben, eine neue Bedeutung bekommen. Ihr Lieblingsort in dem Stadtteil ist jetzt ein grün bewachsener Innenhof, der von den Einheimischen "Minenfeld" genannt wird. "Wir rennen dort jetzt immer ganz schnell über die Wiese, weil wir Angst haben, dass uns eine Miene erwischt", erzählt die 14-Jährige und lacht. Das Minenfeld – ein Mythos in Weimar-West. Wie er zustande gekommen ist, konnte bisher niemand erklären, so Theaterpädagogin Sophie Weigelt.
Der Hörspaziergang verbindet solche speziellen Orte und porträtiert den Stadtteil Weimar-West auf diese Weise. Theaterpädagogin Sophie Weigelt war überrascht: von der großen Liebe vieler Menschen zu Weimar-West und dem Zusammenhalt in diesem Stadtteil, den sie so noch gar nicht kannte.
Das Projekt “Verdammt ich lieb dich” erweitert den Begriff der Liebe, stößt in seine mystischen Verästelungen vor, die weniger mit dem Gehirn, als mit der Seele verstanden werden können. Der 14-jährigen Jill, die mit dem Thema erst nicht viel anfangen konnte, ist bei der Projektarbeit bewusst geworden, dass Liebe nicht gleich romantische Beziehung heißen muss. "Ich habe zum Beispiel einen kleinen Jungen auf der Straße gefragt, was Liebe für ihn bedeutet. Und er hat geantwortet, er liebe seine Mama. Das war total süß."
Weiterführende Informationen
"Verdammt ich lieb dich"
Ein Audiowalk von und mit Weimarer Jugendlichen durch Weimar-West
Dauer ca. 60 min
Hierfür bitte die App "Guidemate" herunterladen und dem Link zum Audiowalk folgen. Oder in der App unter dem Stichwort "Weimar" "Verdammt ich lieb dich" auswählen.
Das Angebot ist kostenfrei.
(Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. Mai 2023 | 08:15 Uhr
