Antje Kirsten und Gabriela Göhlich vor Erde-Bergen
"Kompost-Queen" Gabriela Göhlich (links im Bild) erzählt Reporterin Antje Kirsten, wie die Erde für die Buga gemischt wird. Bildrechte: Stadtwerke Erfurt/Ivo Dierbach

Die Mischung macht's! Erde für Buga 2021 kommt aus Erfurt

17. August 2020, 13:12 Uhr

Für die Bundesgartenschau im kommenden Jahr in Erfurt werden zig Tonnen Erde bewegt. Nur ist - jeder Gärtner weiß das - Erde nicht gleich Erde. Jede Pflanze, jeder Kohlkopf, jedes Kraut hat seine eigenen Bedürfnisse. Woher kommt sie eigentlich, die Buga-Erde? Die Spur führt zur Erfurter Bodenbörse.

Warnweste und festes Schuhwerk. "Das stiebt", gibt mir Gabriela Göhlich mit auf den Weg. Die studierte Ingenieurin für Garten- und Landschaftsgestaltung ist bei der SWE Verwertung GmbH in Erfurt-Stotternheim unter anderem verantwortlich für die Vermarktung der Produkte der Bodenbörse. "Ich mache das schon gefühlt seit 200 Jahren", lacht sie. In Wahrheit ist es etwa ein Vierteljahrhundert. Alle nennen sie hier nur die "Kompost-Queen". Ein Ehrentitel. Wie keine andere kennt sie sich aus damit, was gute Erde ausmacht und wie man sie hergestellt. Das will ich mir ansehen, ob es nun stiebt oder nicht. Also los. Rein ins Auto. Wir müssen ein Stück hoch aufs Deponiegelände fahren. Immer wieder kommen uns große LKW entgegen. Die Fahrer winken ihrer "Kompost-Queen" freundlich zu.

Für jeden Kunden die passende Mischung

Bodensubstrat Kleingarten auf einem großen Haufen
Das Bodensubstrat Typ Kleingarten ist eine Mischung aus Mutterboden, Sand, Kompost und Unterboden. Bildrechte: Stadtwerke Erfurt/Ivo Dierbach

Dann stehen wir vor Bergen von Erde. Sie sehen aus wie ein übergroßer Buddelkasten, bei dem sich jemand die Mühe gemacht hat, alles in feine Häufchen schön getrennt voneinander aufzutürmen. "Das sind verschiedene Substrate, wie dort der Typ Kleingarten", zeigt Gabriela Göhlich auf einen riesengroßen, tiefschwarzen Erdhaufen. "Mutterboden, Sand, Kompost und Unterboden", erklärt mir die 58-Jährige kurz und zackig das Rezept. "Wir mischen nach verschiedenen Rezepten je nach Kundenwunsch, je nach dem, was die Gartenbauunternehmen, Kleingärtner und die Landschaftsarchitekten wollen." Wenn der eine sagt, er möchte Gurken oder Tomaten anbauen oder Rasen ansähen, bekommt er die passende Erde. Gemischt werde auch "Erfurter Blumenerde". Die wird sogar abgepackt in Säcken verkauft. Die Erdenpreise liegen zwischen 10 Euro und 58 Euro pro Tonne, 28 Euro kostet die Premiumerde. Die SWE Verwertung liefert ihren neun Monate gereiften Erfurter Gütekompost in ein Erdenwerk und dort wird er "abgesackt". Für Großabnehmer liefert der Containerdienst der Stadtwirtschaft die Erde auch lose an.

Nun aber bin ich neugierig auf die Buga-Erde. Für so eine Mega-Blumenschau muss es auch eine Mega-Ertrag versprechende Erde werden. Fast die gesamte Erde für die Freiflächen der Buga kommt aus Erfurt. Nur die Spezialerden für das Zwei-Zonen-Klima-Haus "Danakil" werden von anderen Firmen geliefert. Rund 3.000 Tonnen Buga-Erde sind auf der Deponie in Stotternheim bereits produziert worden und weitere zig Tonnen werden bis April 2021 noch gebraucht. Die Rezepte für die Buga-Erden füllen ein ganzes (Koch-)Buch. So wurde Erde für die Gera-Aue, den Petersberg und die Wasserachse auf der Ega geliefert. Besonders knifflig war es, sagt Göhlich, die Spezialerde für den Steppenbereich an der Wasserachse der Ega zu produzieren. In diese Erde ist Kompost, Sand, Splitt und Blähschiefer eingemischt worden. Die Erde wurde unter Anleitung der Buga-Gärtner "angerührt". Auch seien einigen Buga-Erden vulkanische Steine zugesetzt worden. "Mit Porphyr arbeiten wir sonst eher weniger", sagt Göhlich.

Buga-Erden müssen Multitalente sein

Radlader mit Mutterboden-Berg
Ein Radlader holt Mutterboden von einem Berg. Bildrechte: Stadtwerke Erfurt/Ivo Dierbach

Die Buga-Erden müssen Multitalente sein. "Wir brauchen ein gutes Gerüstsubstrat, das einerseits Wasser durchlässt und andererseits Wasser auch speichert und natürlich brauchen wir nährstoffreiche Erde", erklärt Andreas Höhn. Er ist bei der Buga-Gesellschaft dafür verantwortlich, dass die angelegten Flächen in der Zeit der Gartenschau gut aussehen und nicht nach und nach von Unkraut überwuchert werden, aber auch dafür, dass alles gut anwächst. Fünf verschiedene Erden wurden für die Buga gemischt. Unter anderem auch Dachgartensubstrate. Da kommt, jetzt ist wieder die "Kompost-Queen" Göhlich am Zuge, Ziegelsplitt mit rein.

Besonders hohe Ansprüche an die Erde gibt es im Graben des Petersberges. Dort werden Flächen mit Kräutern und Gemüse angelegt. Gemüse, wie der Erfurter Blumenkohl, sollen hier wachsen und das in einem Graben einer Zitadelle - schon ungewöhnlich. Damit das gelingt gab es Testpflanzungen.

Buga-Erde - produziert in Erfurt für Erfurt

Erde wird in der Siebmaschine gemischt
In der Siebmaschine wird die Erde gemischt. Bildrechte: Stadtwerke Erfurt/Ivo Dierbach

Kompost ist für die Nährstoffe so was wie das Salz in der Suppe, zu viel ist genauso schädlich wie zu wenig. "Die Mischung macht's", sagt Gabriela Göhlich und führt mich in den hinteren Bereich der Bodenbörse. Dort wird es laut.  "Er fährt jetzt gerade in den Mutterboden-Berg", erklärt mir die Fachfrau, was ihr Kollege mit dem Radlader da gerade treibt. Die Erde plus Kompost plus Sand wird in der Siebmaschine gemischt. Die Maschine sieht ein bisschen aus wie eine rollende Waschmaschine. Hinten spuckt sie die fertige Erde aus. "So wie von den Gärtnern, Landschaftsarchitekten bestellt", sagt Göhlich. Die Bodenbörse produziert auf Kundenwunsch. Im Jahr nimmt sie rund 23.000 Tonnen Grünabfall an. Er muss rund neun Monate reifen. Hinzukommt jede Menge Erdaushub, der bei  Bauprojekten in und um Erfurt anfällt. Er muss unbelastet sein und das wiederum muss per Analyse nachgewiesen werden. Erst dann darf der Erdaushub weiterverarbeitet werden. Kompost, Grünschnitt, Gartenabfälle, Erdaushub und ein paar spezielle Zutaten wie Sand und Splitt ergeben beste (Buga-)Erde - produziert in Erfurt für Erfurt.

Bevor wir wieder ins Auto springen, klopfe ich mir den Staub von den Schuhen und lasse noch einmal die - noch nicht fertige - Erde durch die Finger rinnen. Die Holzstückchen darin, sagt Gabriela Göhlich, sind noch zu groß. Fehler von mir. Es ist gar keine Erde, sondern purer Kompost. "So können Sie den nicht auf ihre Beete werfen. Den muss man einarbeiten, der muss untergemischt werden. Er ist so energiereich, dass er zu scharf für die Pflanzen ist."  Die "Kompost-Queen" beherrscht ihr Reich souverän. Sie mag diesen Job, sagt sie mir auf der Rückfahrt. Das hätte sie gar nicht sagen müssen, das sieht und spürt man. So begeistert wie sie von Erden, von Kompost, von der Trockenfermentationsanlage, wo der Biomüll aus den Erfurter Haushalten landet, erzählt, schwärmen andere von Sommerurlauben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Radiogarten | 15. August 2020 | 10:15 Uhr