Ein Gänsebraten auf einem festlich gedeckten Tisch
Braten - ein beliebtes Weihnachtsgericht. Bildrechte: imago/imagebroker

Kräuter, Schnaps & Nickerchen Verdauungsmythen im Faktencheck

18. Dezember 2022, 12:59 Uhr

Stollen, Plätzchen und Festtagsbraten - wer kann bei solchen Leckereien zur Weihnachtszeit schon widerstehen? Kein Wunder, dass vor allem zu Weihnachten und an den Feiertagen der Magen gut, vielleicht auch zu gut gefüllt ist. Doch hilft Schnaps tatsächlich bei Völlegefühl? Und ist ein Spaziergang genauso verdauungsanregend wie ein Nickerchen? – Welche Verdauungsmythen stimmen und welche nicht, verrät Ernährungsberaterin Ulrike Böhm aus Leipzig im weihnachtlichen Faktencheck.

#1: Schnaps hilft gegen das Völlegefühl

Das stimmt. Für die Fettspaltung sind im Körper der Magen und die Galle zuständig. Weil Alkohol Fett löst, wird so die Fettspaltung im Magen unterstützt. Davon profitiert auch die Galle. Wer also beispielsweise nach dem Festtagsbraten einen Digestif (zum Beispiel Kräuterschnaps) trinkt, erleichtert dem Körper die Arbeit. Sinnvoller ist es allerdings bereits vor dem Essen einen Aperitif zu trinken. Denn dieser regt die Magensaftproduktion an und bereitet so den Magen auf die anstehende Verdauung vor.

#2: Kräuter und Gewürze können die Verdauung unterstützen

Das stimmt. Es gibt zweierlei Kräuter und Gewürze, über die sich der Magen freut: Das sind zum einen diejenigen, die die Verdauung unterstützen, und zum anderen diejenigen, die gegen Beschwerden helfen.

Die Verdauung unterstützt beispielsweise Ingwer. Er regt die Produktion von Magensaft an. Das gilt in geringerer Form auch für Pfefferminze.

Gegen Beschwerden wie Blähungen helfen sogenannte Karminativa. Das sind beispielsweise Fenchel, Anis und Kümmel. Wer deshalb zu Ouzo (Anisschnaps) oder Kümmelschnaps greift, sollte aber nicht auf die Wirkung der Kräuter, sondern auf die Wirkung des Alkohols vertrauen. Andere Kräuter – zum Beispiel Kamille, Melisse oder auch Süßholz - beruhigen den Magen, wenn Sie sich mit dem Essen übernommen haben.

Radicchio
Radicchio enthält Bitterstoffe. Bildrechte: colourbox

Bitterstoffe kurbeln die Verdauung an! Wintersalate, wie Chicorée, Radicchio oder Endiviensalat, enthalten viele Bitterstoffe. Das regt die Gallenproduktion an. Peppen Sie deshalb Ihr Festtagsmal ruhig mit einem Salat auf. Oder greifen Sie auf Artischocken zurück, wenn Sie diese mögen. Denn Artischocken enthalten ebenfalls Bitterstoffe.

Teller mit Fenchel, Chicoree, Rosenkohl, Walnüssen, Pampelmuse und Orange
Planen Sie Bitterstoffe mit ein: Fenchel, Chicoree, Rosenkohl, Grapefruit und damit es besser schmeckt kombinieren Sie zum Beispiel mit Walnüssen und Orangen. Bildrechte: MDR/Dörthe Gromes

#3: Der Magen verträgt warmes Fett besser als kaltes

Das stimmt nur bedingt. Warmes Fett verteilt sich besser in Magen und Darm. Deshalb bringt der Magen kaltes Fett auch erst auf Körpertemperatur. Ist das Fett bereits erwärmt, hat der Magen also nicht ganz so viel zu tun.

Generell wird der Magen durch fettreiche Speisen mehr belastet als durch fettarme. Auch die Konsistenz spielt eine Rolle. Umso gröber das Essen ist, desto mehr hat das Verdauungssystem zu zerkleinern. Dementsprechend variiert auch der Aufwand, den Magen und Darm bei der Verarbeitung der Speisen haben.

Die Verdauung von Fett hängt damit zwar auch von der Temperatur ab – aber nicht ausschließlich. Damit kann nicht kategorisch gesagt werden, dass warmes Fett besser verträglich ist als Kaltes.

#4: Ein Spaziergang regt die Verdauung genauso an wie ein Nickerchen

Das stimmt. Denn die Verdauung läuft so oder so ab. Beim Nickerchen kann sich der Körper ebenso auf den Magen konzentrieren wie beim Spazierengehen. Das Blut kann in beiden Fällen dorthin fließen, wo es für die Verdauung gebraucht wird. Beim Dauerlauf wäre das im Gegensatz zum Spazierengehen nicht möglich – da fließt das Blut vor allem in die Beine.

Generell plädiert Ernährungsberaterin Ulrike Böhm jedoch für den Spaziergang. Denn durch die Bewegung kommt Sauerstoff in den Körper. Das regt den Kreislauf an. Dadurch können die Nährstoffe besser abtransportiert werden.

#5: Langsames und nicht zu spätes Essen hilft dem Magen

Das stimmt. Durch langsames Essen werden die Speisen gründlicher gekaut und damit zerkleinert als bei schnellem Essen. Desto kleiner die Essensbrocken sind, umso leichter wird es für den Magen.

Wer erholsam Schlafen möchte, sollte nicht zu spät essen. Die Verdauung beansprucht sonst den Körper zu stark, um ihn so richtig zu Ruhe kommen zu lassen. Ideal ist es, zwei Stunden vor dem Schlafen nichts mehr zu essen. Ist der Abstand zum Schlafen kürzer, sollten zumindest leicht verdauliche Speisen gegessen werden, empfiehlt Ernährungsberaterin Ulrike Böhm.

Weihnachtsessen, Festtagsessen
Eine gedeckte Tafel. Bildrechte: Colourbox.de

Essen Sie an Weihnachten nicht zu viel! Einer der häufigsten Fehler bei der Ernährung an den Festtagen ist die Essensmenge. Es wird zu viel gegessen. Damit ist nicht die Vielfalt, sondern die Portionsgröße gemeint. Sie sind häufig zu üppig.

Hinzu kommt, dass es für viele ungewohnt ist, drei Mahlzeiten und zusätzlich noch ein Kaffeetrinken zu genießen. Wer im Alltag ‚nur‘ zwei Mahlzeiten isst, dann aber am Feiertag beide Mahlzeiten in gewohntem Umfang plus zusätzlichen Mahlzeiten verspeist, braucht sich nicht wundern, wenn Magen und Darm da nicht mehr mitkommen.

#6: Kohlensäure belastet den Festtagsmagen zusätzlich

Das stimmt. Denn das Gas weitet sich im Magen aus. Ist der Magen durch die Weihnachtsleckereien ohnehin schon voll, wird es also zusätzlich eng. Wird es zu eng, muss das Gas entweichen – und dafür gibt es nur zwei Möglichkeiten.

#7: Mehr Deftiges als Süßes essen

Das stimmt nur bedingt. Manche Leute haben nach der süßen Adventszeit Schokolade, Plätzchen und Marzipan über und greifen deshalb intuitiv an den Feiertagen hauptsächlich zu Deftigem. Ob mehr Süßes, mehr Deftiges oder beides im Magen landet, stört den Magen nicht. Er verarbeitet alles. Für ihn sind eher die Mengen interessant.

Wer allerdings zu Sodbrennen neigt, verträgt Süßes nicht besonders gut. Das gilt vor allem für Süßes in Kombination mit Alkohol. Menschen, die zu Sodbrennen neigen, sollten daher beides mit Vorsicht genießen.

Ulrike Böhm und Diana Fritzsche-Grimmig
Ernährungsberaterin Ulrike Böhm (links; im Bild mit Moderatorin Diana Fritzsche-Grimmig) weiß, welche Verdauungsmythen stimmen - und welche nicht. Bildrechte: MDR/Teresa Herlitzius

Quelle: Ulrike Böhm, Ernährungsberaterin aus Leipzig

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 18. Dezember 2022 | 08:30 Uhr