SortenvielfaltHobbygärtner für Bohnen-Experiment gesucht
Die Anzahl der im Handel erhältlichen Bohnensorten ist überschaubar, dabei gibt es tausende Sorten. Die meisten von ihnen werden jedoch nicht mehr in nennenswertem Umfang angebaut. Ein internationales Projekt des IPK Gatersleben erforscht seit einigen Jahren das Potenzial der alten Bohnensorten. 2024 geht das Projekt in die vierte Runde.
Inhalt des Artikels:
Anliegen des Forschungsprojektes
Die Vielfalt in Landwirtschaft und Gartenbau hat - bezogen auf alle Nutzpflanzen - erheblich abgenommen. Kommerziell angebaut werden nur noch wenige Sorten, die den Anforderungen des Marktes entsprechen. Doch die Vielfalt ist wichtig, um den kommenden Herausforderungen zu begegnen, die unter anderem der Klimawandel an unsere Nahrungsproduktion stellt.
Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) mit Sitz in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) ist eine gemeinnützige Forschungseinrichtung und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Wichtige Forschungsfelder sind die Evolution, Entwicklung und Anpassungsfähigkeit von Kulturpflanzen wie Getreide oder Hülsenfrüchten.
Europaweites Forschungsprojekt mit Bürgerbeteiligung
Im europäischen Forschungsprojekt INCREASE werden 1.075 alte und vergessene Bohnensorten aus der deutschen Genbank des IPK über ganz Europa verteilt und von Bürgerwissenschaftlern angebaut und begutachtet. Die Sorten stammen ursprünglich aus verschiedenen europäischen Ländern sowie vom amerikanischen Kontinent. Auf diese Weise erhalten die Wissenschaftler wertvolle Informationen, welche Sorten wie wachsen und für welche Gebiete sie geeignet sind.
Im Pilotjahr 2021 machten bereits mehr 2.000 Freiwillige aus Italien, Portugal, Deutschland, Frankreich, Spanien und weiteren Ländern mit. Das Projekt soll insgesamt über fünf Jahre laufen.
Die Daten aus dem ersten Jahr befinden sich momentan in der Auswertung, erklärt Projektleiterin Kerstin Neumann. Aber nicht nur über die Pflanzen haben die Wissenschaftler viel erfahren.
Wir haben aber viele Erkenntnisse über die Motivation der Teilnehmer erfahren. Das Interesse beim Bürger an der Erforschung alter Sorten unbekannter Herkunft und Wachstums war jedenfalls sehr groß!
Kerstin Neumann, IPK Gatersleben
So funktioniert das Bohnenexperiment
Sie benötigen ein Smartphone, auf das Sie die kostenlose App "INCREASE CSA" herunterladen. Über die App registrieren Sie Ihre Teilnahme am Experiment. Außerdem brauchen Sie natürlich Platz, um die Bohnen anzubauen, sei es in einem Garten, auf einem Feld oder einem großen Balkon. Gärtnerische Begeisterung und Ausdauer sollten Sie auch mitbringen.
Jeder Teilnehmer erhält Saatgut (zehn Bohnen pro Sorte) von fünf alten, zufällig ausgesuchten Bohnensorten sowie einer kommerziellen Kontrollsorte. Wachstum und Entwicklung der Bohnen werden durch das Hochladen von Fotos und die Bewertung von Merkmalen in der App dokumentiert. Die App bietet außerdem Hilfestellungen für den praktischen Anbau der Bohnen.
Anmeldeschluss für die diesjährige Runde war der 01. Februar. Das kostenlose Saatgut wird verschickt nachdem die Bohnensorten auf alle Teilnehmer sinnvoll aufgeteilt worden sind. Vermutlich wird es im nächsten Jahr eine neue Runde geben. Registrieren Sie sich am besten gleich!
Link zur Website des Projektes
Wie viel Platz benötigt man?
Man benötigt zwar kein ganzes Feld, aber - im Idealfall - 60 Bohnenpflanzen nehmen gut und gern ein Beet im Garten ein. Außerdem ist es wichtig, die einzelnen Sorten erkennbar voneinander abzugrenzen: Man benötigt also mindestens sechs Stellen im Garten, wo die Bohnen hinkommen. "Ideal wären natürlich zwölf Stellen, so dass jede Sorte an zwei verschiedenen Stellen im Garten steht", sagt die Projektleiterin. Allerdings ist weniger Platz kein Hinderungsgrund, um mitzumachen.
Züchtet man die Bohnen auf dem Balkon oder der Terrasse muss man mit einem Fünf-Liter-Topf pro Bohnenpflanze rechnen. "Sehr viele Teilnehmer kamen aus Südeuropa, dort sind große Terrassen weiter verbreitet als hierzulande", erklärt Kerstin Neumann den ungewöhnlichen Vorschlag, Bohnen auf dem Balkon oder der Terrasse anzubauen.
Wie viel Zeit sollte man für das Experiment mitbringen?
Sind die Pflanzen erst einmal gewachsen, erheben die Bürgerwissenschaftler verschiedene Merkmale der Bohnen und erfassen sie über die App. Man kann verschiedene Level auswählen: Im niedrigsten Level werden sechs Merkmale erfasst, im mittleren Level 21 Merkmale und im Expertenlevel sogar 37.
Die meisten Merkmale sind bei der Reife zu erheben, davor ist es vor allem die Blütephase, die uns interessiert.
Kerstin Neumann, IPK Gatersleben
Der Zeitaufwand für die Pflege der Pflanzen Pflanzen und die Erfassung der Merkmale wird also variieren: "Es wird Phasen geben, da braucht man die App einmal die Woche, dann wieder seltener und vielleicht zur Reife hin öfter - das hängt stark von den Sorten ab und vom Level, welches man auswählt", so die Wissenschaftlerin.
Niemand muss sich Sorgen machen, wenn er es nicht schafft, alle Merkmale zu erheben, weil er oder sie vielleicht im Urlaub oder krank ist oder schlicht mal keine Zeit hat. Wir sind froh über jede einzelne Information, die wir erhalten.
Kerstin Neumann, IPK Gatersleben
Bohnen-Community wächst
Unter den Teilnehmern am Experiment ist mittlerweile eine wachsende "Bohnencommunity" entstanden. Die Menschen können zum Beispiel ihre Fotos in die App hochladen und untereinander Saatgut austauschen.
Der Austausch von Saatgut und sein weiterer Anbau - ob nun wissenschaftlich begleitet oder nicht - ist ein wichtiges Ziel des Projektes.
Wir wollen die genetischen Ressourcen wieder nutzbar machen und in der Bevölkerung das Bewusstsein für die bedrohte Vielfalt unserer Kulturpflanzen schärfen.
Kerstin Neumann, IPK Gatersleben
Vermarktung alter Sorten schwer
Es ist allerdings bislang nicht geplant, dass besonders vielversprechende alte Sorten wieder in den Handel kommen. "Es ist rechtlich gar nicht so einfach, diese Sorten zu vermarkten. Jedes Land hat da seine Bestimmungen. In Deutschland kann eine alte Sorte unter Umständen wieder über die Erhaltungsverordnung als Erhaltungs- oder Amateursorte angemeldet werden", erläutert Kerstin Neumann.
Stattdessen steht der wissenschaftliche Informationsgewinn an erster Stelle. So soll eine Datenbank aufgebaut werden, die am Ende alle Daten des Projektes zugänglich macht: "Damit wollen wir Forschern und Züchtern oder auch interessierten Privatpersonen die Möglichkeit geben anhand von handfesten Daten, gezielt alte Sorten für ihre jeweiligen Zwecke auszuwählen."
Unser Bohnendossier
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 29. September 2024 | 08:30 Uhr