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Bildrechte: Claudia Heysel

PremiereRichard Strauss' "Der Rosenkavalier" am Anhaltischen Theater Dessau

von Susann Krieger, MDR KLASSIK

Stand: 09. Mai 2022, 14:53 Uhr

"Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein": Im "Rosenkavalier" wird heiter-melancholisch die Geschichte eines Abschiedes von der Jugend durch Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal erzählt. Eine Kömödie, der trotz aller deftigen Witze eine tiefe Menschlichkeit zugrunde liegt. Regisseur Michael Schachermaier setzt die Oper am Anhaltischen Theater Dessau in Szene. MDR KLASSIK hat die Premiere besucht.

Mit Opern wie "Salome" und "Elektra" hatte Richard Strauss das Publikum zu seiner Zeit schockiert. "Der Rosenkavalier" galt daher für viele als rückwärtsgewandt. Die Komödie für Musik schien zu leicht im Klang, zu schön, zu nostalgisch. Längst gehört die Oper zum Standard-Repertoire vieler Opernhäuser und wird immer wieder neu in Szene gesetzt. So wie jetzt in Dessau.

Eine Zirkusfigur führt durch die Handlung

Ein Harlekin zelebriert das komödiantische Spiel auf der Dessauer Bühne: Er öffnet die Vorhänge am Anfang eines jede Aktes und schließt sie am Ende wieder. Mal allein, mal in Gesellschaft mit einem der Protagonisten.
Dabei tanzt er galant durch die Szenerie, taucht auf und verschwindet, jongliert oder schlägt ein Rad – eine Zirkusfigur am Rande einer Handlung, die von Menschen und ihren tiefsten Gefühlen erzählt.

Tiefe Emotionen, unmoralische Protagonisten

Vom Ehemann vernachlässigt, vom Liebhaber umworben: die Marschallin gespielt von Iordanka Derilova. Bildrechte: Claudia Heysel

Seelenwanderungen, Liebesnöte, rauschende Lust oder liebloser Gier – die Palette der erlebten Emotionen ist breit. Noch vergnügt sich die vom Ehemann vernachlässigte Marschallin mit ihrem jungen Liebhaber Octavian, um wenig später über die Zeit und Vergänglichkeit zu sinnieren. Dazu taucht der um seinen Vorteil bedachte alte Ochs von Lerchenau auf, um die junge naive Sophie und mit ihr Reichtum und Besitztümer zu heiraten. Gleichzeitig begehrt und "begrapscht" er alle Frauen, ohne sich wirklich für sie zu interessieren. Hier zeigt sich kontrastreiches Personal, das sich mal in komödiantischen Szenen miteinander verhakt, übereinander stolpert, umgarnt oder zerfetzt, mal in ernsten Momenten ins Innenleben blicken lässt.

Eine Zeitreise

Das Libretto zum "Rosenkavalier" von Hugo von Hofmannsthal spielt im Wien des 18. Jahrhunderts – zu der Zeit, als Maria Theresia in Österreich und Ungarn regierte. Der österreichische Regisseur Michael Schachermaier fühlt sich seiner Heimat verpflichtet. Er öffnet mit jedem Akt das Fenster in ein neues Jahrhundert: Während der 1. Akt in der Zeit von Maria Theresia spielt, befinden wir uns im 2. Akt Ende des 19. Jahrhunderts und schließlich im 3. Akt in den 1980er Jahren. Damit soll ein Gesellschaftsporträt gezeigt werden, das fest in Österreich verankert, aber unabhängig von seiner Zeit ist.

Macht seinem Namen alle Ehre: Der Rosenkavalier, gespielt von Sylvia Rena Ziegler. Bildrechte: Claudia Heysel

Die drei Bühnenbilder von Karl Fehringer und Judith Leikauf sowie die Kostüme von Jessica Rockstroh passen sich der Idee eins zu eins an und liefern die entsprechenden Bilder. Bisweilen glitzert es viel in vermeintlich romantischen Szenen, etwa bei der Überreichung der silbernen Rose im zweiten Akt, wenn Silberflocken auf das silbern ausgestattete junge Paar Octavian und Sophie regnen.

Engagiertes Ensemble

Sylvia Rena Ziegler als Octavian überzeugt vor allem durch ihre schauspielerische Leistung. Sie ist der junge stürmische Liebhaber, dem das Herz brennt und der selbst in Frauenkleidern burschikos und zupackend agiert. Stimmlich meistert sie die Rolle gut, in den Höhen fehlt es ihrer Stimme aber etwas an Wärme. Michael Tews geht in seiner Rolle als übergriffiger Frauenverächter vollends auf und singt sich in die Herzen des Publikums.

Mit Verve und Einsatz engagiert sich das gesamte Ensemble in Dessau bis in die kleinsten Rollen. Iordanka Derilova als Marschallin und Ania Vegry als Sophie überzeugen vor allem im Terzett mit Octavian am Ende der Oper. Die Leichtigkeit, der Wiener Schmäh, den Richard Strauss in seine Partitur hineinschrieb, ist nicht immer da. Da wirken die Walzer-Momente eher behäbig, das Glitzern der Instrumente zu wuchtig. Der Dirigent Markus Frank versteht es trotzdem, sein Orchester gut zu führen und den Sängerinnen und Sängern auf der Bühne genügend Raum zu geben.

Inszenierung kämpft mit der Zeit

Engagiertes Ensemble, prächtiges Kostüm und doch "wenig Neues und Erhellendes" im Rosenkavalier, kritisiert MDR KLASSIK-Reporterin Susann Krieger. Bildrechte: Claudia Heysel

"Die Zeit, die ist ein sonderbares Ding", singt die Marschallin am Ende des 1. Aktes. Und mit der Zeit kämpft auch die Inszenierung des Michael Schachermaier. Die vermeintliche Zeitlosigkeit seiner Figuren tappt in die Falle der jeweiligen Zeit. Erwartbar sind die komödiantischen Momente, wenig Neues und Erhellendes bringt er auf die Bühne. Die Idee der Jahrhundertwanderung ist nicht mehr als eine Idee. Wenn es um tiefe emotionale Momente geht, stehen Zeit und Figuren still auf der Bühne. Da braucht es am Ende einen langen Atem, bevor die Protagonisten geläutert unterm Sternenhimmel die Bühne verlassen dürfen.

Nächste VorstellungenSamstag, 14. Mai 2022, 18 Uhr
Sonntag, 29. Mai 2022, 17 Uhr

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