Bühnenadaption Dresdner Semperoper: Wie sich die Blues Brothers in den Osten verirrten
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"The Blues Brothers" gelten vor allem in Europa als Kultfilm: Die Brüder Jake und Elwood Blues versuchen ihre Rythm-and-Blues-Band wieder zusammenzubringen, um Geld für ein Waisenhaus zu sammeln. Dabei kommt es zu zahlreichen absurden Zwischenfällen, Explosionen und ganz viel Musik. In der DDR wurde dieser Film natürlich nie gezeigt, aber auch hier gab es eine besondere Blues-Szene. Eine Bühnenadaption an der Semperoper bringt nun beides zusammen.

Plötzlich kracht ein Trabi durch die Bühnenwand und die berühmten Blues Brothers steigen aus: mit ihren schwarzen Anzügen, den schwarzen Hüten und den Sonnenbrillen. Die Kittel der Kellnerinnen und das Bild von Erich Honecker machen deutlich: Sie sind in der DDR gelandet. Für Regisseur Manfred Weiß lag der Reiz an dieser Arbeit darin, sich auszumalen, wie es sein könnte, wenn diese zwei Welten aufeinander treffen würden. Die Blues-Brothers-Welt, eine sehr amerikanisch geprägte, und die DDR-Welt, die diese Musik zwar liebte, die unmittelbare Begegnung aber nie erlebt hat.
Auch im Osten gab es eine Blues-Szene
Weiß, in Kassel, nicht weit von der Grenze groß geworden, erzählt: "Als ich von dieser Szene gelesen habe, dachte ich: Das ist verrückt, dass nur ein paar Kilometer entfernt etwas ganz ähnliches existierte wie in Westdeutschland, und dass ich fast nichts davon wusste." Der Regisseur bedauere, dass er die Blueser des Ostens nicht damals schon treffen konnte. Das holt er nun in seiner Dresdner Fassung des Kultfilms nach. "Ich finde das wunderbar, weil ich merke, was diese Bluesfans auf sich genommen haben, um ihren Traum von der Musik zu leben. Das war viel schwieriger als bei uns."
Deshalb müssen in der Dresdner Inszenierung auch zuerst ein paar Schlager gesungen werden, um den Stasi-Offizier auf die falsche Fährte zu locken. Und dann stehen sie plötzlich im Saal: die Blues Brothers aus Chicago. Den Ex-Häftling Jake Blues verkörpert in Dresden der Musical-Sänger Bosse Vogt:
Dieser Film ist deutlich älter als ich. Zusammen mit einem Freund habe ich mich damals irre dafür begeistert. Wir haben uns gegenseitig mit Jake und Elwood angesprochen.
Nun ist er wirklich Jake. Als Elwood steht ihm Christian Venzke zur Seite. Sich zu sehr am Original zu orientieren, davor haben sie in Dresden keine Angst. Die Blues Brothers erleben zwar viel Absurdes, in eine DDR-Dorfkneipe aber hat es sie bisher noch nicht verschlagen. So lasse sich laut Weiß viel freier mit dem Stoff umgehen:
"Wir können ein Loblied singen auf diese Zeit und auf ihren Freiheitsdrang, auf die Musik und auf den Kultur-Clash", freut sich Hauptdarsteller Bosse Vogt. "Das ist eine coole Art, mit den Kunstfiguren der Blues Brothers umzugehen."
Im Laufe der Proben wurden auch einige Erinnerungen aus der DDR ausgetauscht, erzählt Regisseur Manfred Weiß: "Wir haben auch ein paar Kollegen hier am Haus, die das alles noch miterlebt haben. Die erzählen dann Geschichten davon, wie sie sich selbst Lichtorgeln gebastelt haben und ähnliches. Deswegen hat die Inszenierung auch für jeden etwas zu bieten."
Die Menschen mit Begeisterung erfüllen
Der Abend ist weniger Musiktheater als vielmehr eine Revue mit viel Handlung. Die Musik steht klar im Zentrum. Sie soll in der ehrwürdigen Semperoper eine ungewohnte Stimmung erzeugen. "Es wäre doch schön, wir brächten diese Studiobühne einmal richtig zum Beben", so Regisseur Weiß. Die Unmittelbarkeit, die Semper Zwei habe, sei ein entscheidender Punkt. Interpretiert wird die Musik vor allem von Gästen, die extra für die Show gecastet wurden. Dass das so wunderbar funktioniere, liegt laut Elwood-Schauspieler Christian Venzke an der Musik selbst. "Darin liegt einfach eine tolle Energie, und die nimmt mit. Deswegen, glaube ich, verstehen wir uns auch alle so gut." Es ist übrigens auch dem Publikum ausdrücklich erlaubt, von den Sitzen aufzuspringen.
Mehr Informationen
"Blues Brothers"
Dresdner Fassung von Manfred Weiß und Arrangements von Tim Allhof und Max Renne
Musikalische Leitung: Max Renne
Inszenierung: Manfred Weiß
Co-Regie & Choreografie: Natalie Holtom
Bühne: Timo Dentler
Kostüme: Okarina Peter
Licht: Marco Dietzel
Weitere Termine:
12. April, 19 Uhr
16. April, 19 Uhr
17. April, 19 Uhr
19. April, 19 Uhr
20. April, 19 Uhr
22. April, 19 Uhr
24. April, 19 Uhr
6. Juli, 19 Uhr
8. Juli, 20 Uhr
10. Juli, 19 Uhr
11. Juli, 19 Uhr
13. Juli, 19 Uhr
14. Juli, 19 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 09. April 2022 | 07:13 Uhr