Ein Orchester gibt ein Konzert
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Kultur in Zeiten von Corona "Wir können die Musik als Volksbewegung unmittelbar neben den Sport stellen "

Musikrat fordert Wiederaufnahme des Musiklebens

14. Mai 2021, 09:10 Uhr

Im März hatte die Bundesregierung ihren Fünf-Stufen-Plan zur Öffnung des gesellschaftlichen Lebens vorgelegt: Während Schulen, Kitas und Friseure bei einem bestimmten Inzidenzwert öffnen durften, blieben andere Bereiche des öffentlichen Lebens außen vor. Nun aber ist ein Ende der dritten Welle abzusehen und der Stufenplan rückt wieder in den Fokus. Was bedeutet das für die Musikszene?

Erst im vierten Öffnungsschritt ihres Fünf-Stufen-Plans sieht die Bundesregierung Lockerungen für die Musik- und Theaterszene vor: Sinkt die Inzidenz unter 100, können Menschen mit einem tagesaktuellen Schnelltest Konzert- und Opernaufführungen besuchen. Sinkt sie unter 50, geht es auch ohne Test, wenn auch weiterhin unter den gültigen Hygieneregeln.

Stufenplan nur aus Sicht des Publikums

Die Bundesregierung äußerte sich in ihrem Stufenplan allerdings nur aus Sicht des Publikums. Aus Sicht der Musikerinnen und Musiker bedeutet der Plan indirekt: Sie müssen wieder Orchesterkonzerte, Kammermusik und Opernaufführungen live auf der Bühne spielen können, irgendwie – sonst gäbe es ja nichts zu hören und zu sehen.

Forschungsergebnisse aus dem Herbst reaktivieren

Weil es auf bundespolitischer Ebene dazu noch keine Leitlinien gibt, hat der Deutsche Musikrat Empfehlungen zur Wiederaufnahme des Musikbetriebs bei Rückgang der Pandemie abgegeben. Musikrat-Präsident Martin Maria Krüger ist der Ansicht, dass man auf die bereits letzten Herbst vorliegenden Forschungsergebnisse zum Musizieren unter Corona-Bedingungen ohne große Neuerungen reaktivieren kann:

Martin-Maria Krüger
Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrats. Bildrechte: imago/Plusphoto

Wir hatten ja schon wieder Konzerte mit 500 Besuchenden in großen Sälen und ähnliches. Und es ist auch nichts passiert dort. Auch nicht in den Opernhäusern. Wenn sich jetzt die Tendenz umdreht, dann muss für die Musik – wie ja auch für den Sport – ein Szenario da sein, wie man wieder beginnen kann. Vor allem auch mit dem aktiven Singen und Musizieren.

Dies ist für Martin Krüger der entscheidende Dreischritt der Argumentation: Das Publikum darf wieder Musik in großen Sälen hören? Dann muss es eine Möglichkeit geben, dass Orchester irgendwie wieder spielen dürfen und auch, dass Sängerinnen und Sänger singen dürfen.

Bleibt die Amateurmusik benachteiligt?

Ebenfalls eine wichtige Frage: Wie wird mit der Szene der Amateurmusik umgegangen? Dieser Bereich wird im Fünf-Stufen-Plan der Bundesregierung gar nicht benannt.

Gerade hat das Institut Allensbach im Zusammenwirken mit dem Deutschen Musikinformationszentrum nach wissenschaftlichen Maßstäben ermittelt, dass 14,3 Millionen Menschen in Deutschland in unterschiedlicher Abstufung als Liebhaber singen und musizieren und dass 600.000 Menschen beruflich Musik machen. Das sind 15 Millionen Menschen. Jeder sechste Mensch, der in Deutschland lebt. Dafür muss es Lösungen geben.

Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrates

Für die Entscheidunsträger in der Politik wäre es vermutlich die einfachste Lösung, die Amateure erstmal im Lockdown zu lassen: Schließlich sind Hygieneregeln und die Konzentration von Aerosolen in professionellen Konzerthäusern viel besser zu kontrollieren als in kleinstädtischen Mehrzweckhallen und abendlichen Klassenzimmern, wo Musikvereine und Laienchöre über ganz Deutschland verteilt proben.

Musizieren im Schachbrettmuster

Doch der Musikrat stemmt sich konstruktiv dagegen: Wenn der Luftaustausch nicht durch technische Anlagen zu gewährleisten sei, müsse man eben regelmäßig lüften – wie man es ja auch in Schulklassen tue. Singen könne man weiterhin in den Sitzreihen versetzt und mit Abstand im sogenannten Schachbrettmuster.

Ich denke, man kann nur die größtmöglichen Maßnahmen ergreifen, immer im Wissen, dass es die 100-prozentige Sicherheit nicht gibt. Ich denke, was im Moment gerade für das Amateurmusizieren von zentraler Bedeutung ist, ist der Hinweis, dass in den nächsten Monaten, die ja die Sommermonate sind, übergangsweise, so weit es irgend geht, im Freien zu arbeiten.

Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrates

Ansonsten, so Krüger, unterscheide sich der Stufenplan zur Öffnung des Musiklebens nicht so sehr vom Fünf-Stufen-Plan der Bundesregierung zur Öffnung des gesellschaftlichen Lebens.

Martin-Maria Krüger 5 min
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Ein Ende der dritten Pandemiewelle ist in Sicht, Öffnungen rücken wieder in den Fokus. Was bedeutet das für die Musikszene? Matthias Nöther hat das Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrats, gefragt.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 14.05.2021 09:10Uhr 04:43 min

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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | 14. Mai 2021 | 09:10 Uhr