MDR KLASSIK-SerieMusiktheater in der DDR
Rund siebzehn Millionen Einwohner hatte die DDR, viele davon waren kunst- und kulturbegeistert. Dabei war es von 1949 an im Interesse der Staatspartei SED, die Hoch-Kultur auch den Massen nahe zu bringen: Der gebildete Arbeiter war schließlich besser für den Aufbau des Sozialismus geeignet! In ihrer vierteiligen MDR KLASSIK-Serie gehen Bettina Volksdorf und Matthias Käther der Frage nach, wie vier Jahrzehnte DDR-Musiktheater die Szene geprägt haben und was davon heute noch relevant ist.
Kleines Land – große Leidenschaft
Die DDR-Führung ließ sich das Musiktheater einiges kosten. Zuweilen wurde an 50 Bühnen singend, spielend und tanzend gehofft, geliebt und gemordet! Der Slogan "Du hast ein Recht auf ein Anrecht" zog ein Millionen-Publikum an, zumal die staatlich-gestützten Theaterkarten zumeist ein Schnäppchen waren. Ganz nebenbei kompensierte die DDR über die Kunst- und Kultur-Szene auch ihre ökonomische Unterlegenheit - insbesondere gegenüber der BRD.
Es war ein Politikum in der DDR: Theater für alle, Oper für alle!
Eckart Kröplin, bis 1989 Chefdramaturg und stellv. Intendant der Semperoper Dresden
Zwischen Anpassung und Widerstand
Dabei hatten sich Künstler und Künstlerinnen den zumeist restriktiven, aber nicht immer stringent umgesetzten ideologischen Vorgaben der SED-Kulturfunktionäre unterzuordnen.
Jeder Künstler hat Platz in unserer Gesellschaft, der sein Werk dem Frieden, dem Humanismus, der Demokratie, der antiimperialistischen Solidarität und dem Sozialismus verpflichtet.
Erich Honecker, Erster Sekretär des ZK der SED (1971 - 1989) und Vorsitzender des Staatsrats
Richard Wagners Werke zum Beispiel galten - auch auf Grund ihrer Rezeptionsgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus - in den frühen Jahren der DDR als "toxisch", wurden aber zugleich en masse gespielt. Eingedenk dieser Widersprüche gedieh in den 40 Jahren des Bestehens der DDR eine Musiktheater-Szene, die gleichermaßen ideologisch- und künstlerisch-angepasst, wie widerständig und kreativ war: Theater mit Anspruch und "doppeltem Boden".
Wenn der Parteisekretär ein Trottel war, dann hatte er keine Chance, sich gegen die Künstler durchzusetzen.
Gunther Emmerlich, Opernsänger und Entertainer
Musiktheater in der DDR, Teil 4
Oper ist, wenn jemand erstochen wird und statt zu bluten, zu singen anfängt.
Zitat aus einer Rede von Walter Felsenstein, bis 1975 Intendant der Komischen Oper Berlin
Dieses Thema im Programm:MDR KLASSIK | 17. September 2021 | 09:10 Uhr